Straßenbäume leiden unter Trockenstress wie hier am Schwabenlandtower. Foto: Eva Schäfer

Zu viel Hitze, zu wenig Regen, Abgase und kaum Platz an den Wurzeln: Bäume in den Städten haben zu kämpfen. Die Baumexpertin in der Fellbacher Stadtverwaltung, Solveig Birg, erklärt, was es braucht, um im Klimawandel Stadtbäume zu erhalten.

Bäume machen bei Hitze durch ihre kühlende Wirkung das Leben in der Stadt angenehmer, sie sind wertvolle Schattenspender. Schatten ist gefragt – angesichts des Klimawandels mit häufigeren Phasen von großer Hitze, hoher Sonnenstrahlung und langer Trockenheit. Das bedeutet für die Straßenbäume aber auch zunehmenden Stress. An verschiedenen Stellen in Fellbach, aber auch im ganzen Rems-Murr-Kreis wie etwa in Waiblingen oder Schorndorf sieht man die Spuren des Trockenstresses an den natürlichen Klimaanlagen. Wir haben uns mit Solveig Birg, der Baumexpertin in der Stadt Fellbach, unterhalten, was man tun kann, um Stadtbäume unter den erschwerten Bedingungen zu schützen.

Frau Birg, wie können Bäume in der Stadt erhalten werden angesichts des Trockenstresses?

Der Klimawandel ist deutlich sichtbar geworden, und es muss noch mehr getan werden, um eine weitere Erwärmung der Städte zu verhindern. Ein Baumartenwechsel hin zu trockenheitsresistenteren Baumarten hat bereits begonnen. Das reicht allerdings nicht aus. Um einen funktionierenden Baumbestand längerfristig zu erhalten, ist die Anzahl der größeren, offenen Baumbeete zu erhöhen. Wasserspeicherfähige Lösungen im Verkehrsraum werden benötigt.

Kann der Bauhof das viele Gießen schaffen oder sind zusätzliche Kräfte nötig?

Derzeit sind der Bauhof und eine Garten- und Landschaftsbaufirma in erster Linie mit Gießen beschäftigt. Es werden jedes Jahr zusätzliche Wassersäcke gekauft und eingesetzt. Im Moment ist das Wässern der Bäume und Pflanzbeete noch zu bewältigen. Die Organisation zur Unterstützung durch eine weitere Firma ist in Arbeit.

Wie viele Bäume gibt es in der Stadt?

Der Baumbestand Fellbachs besteht aus privaten und städtischen Bäumen. Die Gesamtanzahl wurde bisher nicht ermittelt. Der Anteil an „Stadtbäumen“ innerstädtisch beläuft sich laut Baumkataster auf rund 9500.

Wie viele sind Altbäume?

Der Baumbestand in Fellbach ist im Durchschnitt kriegsbedingt nicht sehr alt. Der städtische Anteil hat 181 Bäume in der Altersphase zu bieten, wie etwa die etwa hundertjährige Ulme in der Mozartstraße. Wie es bei den privaten Bäumen aussieht, ist nicht bekannt.

Ab wie vielen Jahren ist ein Baum ein Altbaum ?

Ab wann ein Baum sein biologisches Alter erreicht hat, hängt von der Baumart ab. Manche Bäume werden weit über 100 Jahre alt wie die Buche. Da spricht man, ganz grob, ab etwa 200 Jahren von einem Altbaum. Manche Arten wie die Pyramidenpappel befinden sich schon mit 100 Jahren in der Altersphase. Bei Bäumen spricht man von drei Lebensphasen. Eine Einteilung der TU Berlin sieht so aus: Die Entwicklungsphase von der Keimung bis zum Jugendstadium ist durch hohe Wachstumsrate und hohe Vitalität gekennzeichnet. Daran schließt sich die Reifephase an, in der der Baum seine optimale Kronengröße und maximale Blüten- und Samenproduktionskapazität erreicht hat und das Verhältnis von Wurzel- und Laubmasse ausgeglichen ist. Die Altersphase zeichnet sich durch abnehmendes Wachstum und verringerte Vitalität aus. Die absterbenden und abgestorbenen Bereiche werden zunehmend von Pilzen und Insekten besiedelt. Der Baum befindet sich im Sterbeprozess.

Wie viele Jungbäume gibt es?

Rund 1100 Jungbäume gibt es in der Stadt.

Wie viele Bäume sind vergangenes Jahr abgestorben?

Im Jahr 2022 mussten 75 Bäume aufgrund sehr schlechter Vitalität gefällt werden. Elf Bäume wurden durch Unfälle im Straßenverkehr so stark geschädigt, dass sie nicht mehr standsicher waren und gefällt werden mussten. Oder sie mussten wegen nicht verlegbarer Bautrassen weichen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 126 Bäume nach und neu gepflanzt.

Sollen Bürger Straßenbäume gießen?

Ja, sehr gerne. Bei Hitze, wie wir sie im Moment erleben, benötigt ein Jungbaum rund 150 Liter Wasser, ein Altbaum schon mal 300 Liter pro Woche. Da hilft jeder weitere Tropfen. Wenn Anwohner ihrem Baum vor der Türe etwas Gutes tun möchten, ist jeder Eimer Wasser hilfreich. Hier sei allerdings angemerkt, dass es sauberes Wasser sein darf und bitte nicht das Putzwasser.