US-Präsident Joe Biden verkündet scharfe Sanktionen Foto: AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Joe Biden hat mit einem umfangreichen Paket an Sanktionen auf den Einmarsch der russischen Truppen in die Ostukraine reagiert. Sie fallen schärfer aus als erwartet.

Washington - Mit fast 90 Minuten Verspätung trat der US-Präsident am Dienstag im East Room im Weißen Haus vor die wartenden Reporter, um „den Beginn einer russischen Invasion der Ukraine“ zu attestieren. Russland habe mit der Ausrufung der beiden Republiken im Osten der Ukraine „eine Verletzung des Völkerrechts begangen, die eine starke Antwort verlangt“. Biden kündigte an „Sanktionen zu implementieren, die weit über das hinausgehen, was wir 2014 gemacht haben. Und wenn Russland den Einmarsch fortsetzt, weiten wir unsere Sanktionen aus“. Dabei haben es schon die ersten Maßnahmen der USA in sich, die auf dem Niveau des deutschen Genehmigungsstopps für Nord Stream 2 einsteigen.

Ende von Nord Stream 2

Der Präsident bekräftigte die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz und sagte, die Erdgasröhrenleitung werde unter diesen Bedingungen keinesfalls in Betrieb genommen. Ferner schneiden die USA Russland von der Finanzierung auf westlichen Märkten ab. Ein Szenario, gegen das sich Moskau mit dem Aufbau eines staatlichen Überschusses teilweise gewappnet hat. Dagegen dürften die angekündigten Sanktionen gegen die beiden großen Banken VEB und die Militärbank nach Ansicht von Analysten mehr Gewicht haben. Ebenso die Strafmaßnahmen gegen eine Liste gut vernetzter Milliardäre und deren Angehörigen, auf die Putin seine Macht stützt.

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Biden sagte den baltischen Staaten eine Verlegung weiterer US-Truppen zu, die bereits anderswo in Europa stationiert sind. „Wir haben keine Intention, gegen Russland zu kämpfen“, betonte der Präsident die defensive Absicht. „Aber wir werden jeden Zentimeter an NATO-Territorium verteidigen.“

Bizarre Rede Putins

Abermals machte Biden klar, dass es an Putin liege, ob es zu einem Krieg in der Ukraine kommt. „Es gibt keine Rechtfertigung für diese Aggression“, sagte er mit Blick auf die Rede Putins aus dem Kreml am Montag. „Er hat direkt das Recht der Ukraine, zu existieren, angegriffen“, verwies er auf eine Passage aus den Ausführungen, in deren Kontext Putin indirekt auch Mitgliedern der NATO gedroht hatte. „Wir sehen sehr klar, welcher Gefahr wir hier ausgesetzt sind“.

Biden endete seine kurze Ansprache mit der Hoffnung, „dass Diplomatie immer noch möglich ist“. Er messe Putin nicht an seinen Worten, sondern dessen Taten.

Ein hoher Mitarbeiter des Weißen Hauses hatte vor dem Auftritt des Präsidenten erklärt, Biden werde sicher nicht „das ganze Paket“ an Sanktionen bekannt geben. Es gehe darum, Putin von einer größeren Invasion abzuhalten, die auch die Hauptstadt Kiew und andere Teile des Landes ins Visier nehmen. „Wenn sie ihn abschrecken wollen, brauchen wir die Drohung mit weiteren Sanktionen.“

Zunächst Vermeidung des Wortes „Invasion“

Das Weiße Haus vermied nach der Rede Putins in Moskau über Stunden, den Begriff der Invasion zu gebrauchen. Der stellvertretende Sicherheitsberater des Präsidenten, Jon Finer, wand sich wie ein Aal, als ihn eine CNN-Moderatorin im Abendprogramm zu einer Einschätzung drängte. Am Morgen dann sprach er unmissverständlich „von dem Beginn einer Invasion, Russlands jüngste Invasion in die Ukraine.“

In der Zwischenzeit hatte Präsident Biden die Lage mit seinem sicherheitspolitischen Team im Weißen Haus abgestimmt. An dem Treffen nahmen neben Verteidigungsminister Lloyd Austin, Außenminister Antony Blinken und dem Joint Chiefs of Staff, General Mark A. Milley, die Vertreter der Geheimdienste sowie Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas und Finanzministerin Janet L. Yellen teil. Biden telefonierte auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskyj.

Absprache mit Deutschland

Ein Ergebnis der Beratungen war die Ankündigung der Nicht-Zertifizierung von Nord Stream 2 durch Bundeskanzler Olaf Scholz. Ein Schritt, den die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, ausdrücklich lobte. „Wir haben das in der Nacht mit Deutschland besprochen und begrüßen die Ankündigung.“