Die Arbeit mit Kindern setzt pädagogisches Geschick voraus. Foto: RioPatuca Images/stock.adobe.com

Die Integration von behinderten Kindern an kommunalen Kindergärten ist wichtig. Die Gemeinde Oberstenfeld schafft dafür zwei 100-Prozent-Stellen.

Oberstenfeld - Attraktiver will die Gemeinde Oberstenfeld für Integrationshelfer an Kindergärten werden. Zwei neue 100-Prozent-Stellen sorgen für eine bessere Bezahlung. Bisher ist dieser Teil des Personals nur auf der Basis von geleisteten Stunden entlohnt worden. Die Helfer kümmern sich um Kinder mit einem erhöhten Förderbedarf, also einer Behinderung. Dafür werden in der Regel Kräfte mit pädagogischem Geschick, aber ohne entsprechenden beruflichen Abschluss eingesetzt.

Unterschiedliche Krankheitsbilder erfordern intensives Betreuen

Die Arbeit mit förderbedürftigen Kindern ist alles andere als leicht. Unterschiedliche Krankheitsbilder wie etwa Autismus, Down-Syndrom oder eine ein- bis zweijährige Entwicklungsverzögerung erfordern ein intensives Betreuen, teilt der Oberstenfelder Hauptamtsleiter Hansjörg Neumann mit. Auch gebe es Kinder mit einem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, Diabetes und Wahrnehmungsschwierigkeiten in unterschiedlichen Stufen.

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Insgesamt müssten die Integrationshelfer 22  Kinder überwiegend einzeln betreuen. Weil die Förderbedürftigen sich und andere Kinder ständig verletzten oder in das Spielen anderer eingriffen, sei der Betreuungsbedarf enorm. „Kinder schlagen, teilweise mit Gegenständen, beißen und kratzen mehrmals täglich andere Kinder ohne Grund und Vorwarnung“, informierte Neumann die Räte und nannte noch einige andere Verhaltensweisen, die das Zusammensein in den Kindergartengruppen erschwerten.

Die kommunalen Kindergärten wirken attraktiv

Zugenommen hat der Bedarf an den Oberstenfelder Kindergärten auch, weil sich offenbar immer mehr Eltern entscheiden, ihr behindertes Kind in eine Einrichtung in der Heimatgemeinde zu schicken – und nicht an einen Schulkindergarten einer sonderpädagogischen Einrichtung wie etwa den der Paul-Aldinger-Schule in Kleinbottwar. Die kommunalen Kindergärten wirkten attraktiv, weil sie nur an 25 Tagen im Jahr schlössen, die Schulkindergärten hingegen an bis zu 73, erklärt Hansjörg Neumann. In jedem Kindergarten gebe es zwei bis fünf Kinder mit hohem Förderbedarf. Die Erzieherinnen müssten aber allen weiteren 46 bis 91 Kindern ebenso gerecht werden.

Eltern müssten erst akzeptieren, dass ihr Kind eine Förderung braucht

Der Schlüssel für eine fundierte Hilfe ist der Eingliederungsantrag, so Neumann weiter. Das Kind werde beobachtet, die Eltern würden von Fachkräften beraten und müssten erst akzeptieren, dass ihr Kind behindert sei und eine Einzelinklusion brauche. „Das ist oft ein langer Prozess, der häufig ein Jahr dauert“, teilt der Hauptamtsleiter mit. Die beiden festen Stellen ermöglichten der Gemeinde nun – im Gegensatz zu früher – eine sofortige Begleitung, ohne den Eingliederungsantrag abwarten zu müssen.

Der Zuschuss des Landratsamts deckt die Kosten

Betreut werden die Kinder in der Einzelinklusion von Helfern, die aufgrund ihrer privaten Situation nur wenige Stunden am Tag tätig sein wollen. Die Gemeinde erwägt deshalb, die beiden 100-Prozent-Stellen auf mehrere Personen zu splitten. Jede Stelle sei auf vier Kinder ausgerichtet. Pro Kind zahle das Landratsamt Ludwigsburg einen Förderbetrag von 930 Euro. Das Monatsgehalt richtet sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und liegt bei rund 2875 Euro. Damit deckt die Förderung des Landratsamts bei vier Kindern in etwa die Kosten für die Stelle.

Integrationshelfer können später zum Erzieher ausgebildet werden

Einen Lichtblick sieht Hansjörg Neumann im Hinblick auf den Fachkräftemangel in den Kindergärten. „Die Tätigkeit als Integrationskraft stellt oft einen Einstieg in die pädagogische Arbeit dar“, weiß er und glaubt, dass sich viele für eine Ausbildung zum Erzieher entscheiden könnten. Oberstenfeld habe die Chance, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und eine Übernahme in Aussicht zu stellen. Zwei Integrationshelfer an der Lichtenbergschule sollen nun ebenfalls TVöD-Verträge erhalten.

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Was gibt das Landratsamt Ludwigsburg vor?

Konzeption
Im Kita-Bereich gibt es eine Konzeption „Inklusive Kindertageseinrichtungen im Landkreis Ludwigsburg“: https://www.landkreis-ludwigsburg.de/fileadmin/user_upload/seiteninhalte/soziales-jugend/fuer-menschen-mit-behinderung-und-psychatrieerfahrene/inklusion/Leitfaden_Inklusion_in_Kindertageseinrichtungen_f%C3%BCr_Fachkr%C3%A4fte.pdf.

Variante A Im Konzept enthalten sind zwei Möglichkeiten für Träger. Mit der Variante A erklären sich Träger oder einzelne Einrichtungen bereit, sich zu einer inklusiv arbeitenden Kindertageseinrichtung zu entwickeln. In diesem Fall verpflichtet sich der Träger unter anderem, Inklusionskräfte fest einzustellen. Derzeit gibt es im Landkreis 52 Einrichtungen, die diese Variante umsetzen.

Variante B Bei dieser Variante sind die Anforderungen geringer. Hier ist es auch möglich, die Inklusionskräfte als Honorarkraft stundenweise zu beschäftigen. Aber auch bei Variante B können die Inklusionskräfte fest eingestellt werden – das entscheidet der Träger selbst. Es gibt keine Vorgabe für eine Grundqualifikation der Inklusionskräfte, da die Anforderungen der Kinder mit Behinderung sehr, sehr unterschiedlich sind.