Kinder mit besonderem Förderbedarf brauchen in der Kita auch gut ausgebildete Fachkräfte. Foto: dpa

Mit einem Bündel von Maßnahmen will Stuttgart die Inklusion behinderter Kinder in Kitas voranbringen. Aber es gibt auch noch einige Hürden.

Stuttgart - Nach dem Willen des Stuttgarter Bildungs- und des Sozialreferats soll dieInklusion behinderter Kinder in Kitas künftig einfacher werden. Die Maßnahmen dafür hat eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe entwickelt und in einem Rahmenkonzept mit dem Titel „Kita für alle in Stuttgart“ gebündelt. Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) hat es im Jugendhilfeausschuss vorgestellt und viel Zuspruch dafür erhalten. Es hat allerdings auch einen kleinen Haken: Es kostet Geld. Die Rede ist von knapp einer Million Euro, die im Doppelhaushalt 2020/21 bereitgestellt werden müsste.

Hintergrund für das neue Konzept, das auch neue Strukturen vorsieht: Die Zahl der behinderten Kinder, deren Eltern diese gern in einer regulären Kita betreuen lassen wollen, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Waren es im Jahr 1999 noch 25 Kinder, deren Eltern sich beim Gesundheitsamt nach einer solchen Möglichkeit beraten ließen, stieg die Zahl im Jahr 2008 auf 257 Kinder, und im Jahr 2017 waren es bereits 508 Kinder. Tatsächlich betreut wurden im vergangenen Jahr 237 behinderte Kinder in regulären Stuttgarter Kitas – allerdings mit Eingliederungshilfe. Von diesen Kindern hatten 47 Prozent eine körperliche Einschränkung, 33 Prozent eine geistige und 20 Prozent eine seelische. 193 weitere Kinder mit besonderem Förderbedarf besuchten im vergangenen Jahr die auf die jeweilige Behinderung spezialisierten Schulkindergärten. 20 verhaltensauffällige und entwicklungsverzögerte Kinder wurden zudem in zwei speziellen Fördergruppen betreut. Allerdings läuft das System dieser unterschiedlichen Betreuungsarten samt Beratungsvielfalt nicht rund, etliche behinderte Kinder finden mangels Plätzen in keinem dieser Angebote eine Betreuung und bleiben laut Jugendamt unversorgt. Wie viele, das konnte auch Jugendamtschefin Susanne Heynen nicht sagen.

Sieben Modellkitas im Blick

Eigentlich besteht in Stuttgart der Anspruch, dass alle Kitas für alle Kinder offenstehen, auch Regelkitas. Tatsächlich haben 2018 ein Viertel aller 567 Kitas auch behinderte Kinder betreut. Aber immer noch ist der Fachkräftemangel eine große Hürde. Dies gilt nicht nur für Erzieherinnen, sondern insbesondere auch für Integrationsfachkräfte. Diese werden bisher nur auf Honorarbasis über die Eingliederungspauschale bezahlt. Kommt das neue Konzept, soll sich das ändern. „Wir müssen Integrationsfachkräfte fest anstellen“, erklärte die Jugendhilfeplanerin Daniela Steinhoff. „Es kommt drauf an, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein“, ergänzte Fezer. Vorgesehen sind Fachkräftepools. Denn auch Erzieherinnen seien oft verunsichert, wie sie mit den behinderten Kindern umgehen sollen.

Zudem sollen sieben Modellkitas ausgewählt werden, die sich bereit erklären, zwischen drei und fünf behinderte Kinder aufzunehmen und dafür eine strukturelle Förderung zur Unterstützung in Form einer Inklusionsfachkraft erhalten. Eine weitere Modellkita – gedacht ist an den Standort Neckarpark – soll die rechtlich und formal getrennten Angebote Kita und Schulkindergarten zusammenführen. Ziel sei es, gleiche Bedingungen für alle Kinder und Familien herzustellen – etwa bezüglich Ganztagsbetreuung, Öffnungszeiten in den Ferien oder Aufnahme jüngerer Kinder, was bisher im Schulkindergarten nicht üblich ist. Zudem soll im Gesundheitsamt eine zentrale Informations- und Beratungsstelle eingerichtet werden. „Eltern müssen sich oft durch einen Dschungel durchkämpfen: Wer macht was für mein Kind“, so Steinhoff. Das solle nun transparenter werden. Zielgruppe seien aber nicht nur Eltern, sondern auch Kitas, die sich in Einzelfällen konkret beraten lassen können. Zudem sollen Assistenzkräfte dort geschult werden.

Fezer spricht von einem „Einstieg“

Im Jugendhilfeausschuss räumte Fezer ein: „Wir können noch nicht alle Kitas öffnen. Aber es ist ein Einstieg.“ Ob tatsächlich 7,15 neue Stellen für die Umsetzung des Konzepts nötig sind, darüber ist man sich in der Verwaltung nicht einig. Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) argumentiert, dass eine einheitliche Lotsenstelle ohne zusätzliches Personal möglich sei, andernfalls würde man Doppelstrukturen schaffen. Auch Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer (CDU) sieht die bestehenden Stellenkapazitäten „bisher nicht berücksichtigt“.