Sinnbild des bürokratischen Alltags: Aktenstapel in einer kommunalen Verwaltung. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Mittelständler, die über umfangreiche Berichtspflichten klagen. Konzerne, die Produktion ins Ausland verlagern. Die deutsche Bürokratie wird immer mehr zum Standortnachteil.

Das Wort Bürokratie kommt aus dem Französischen von „bureaucratie“, was Herrschaft der Verwaltung bedeutet. In einer Bürokratie ist alles bis ins Kleinste geregelt und streng geordnet, jeder hat seine klar umschriebene Aufgabe. Vorschriften legen exakt fest, wie gehandelt werden muss. Kein Mitarbeiter einer Verwaltung wird etwas tun, wofür er nicht zuständig ist. Die sogenannten Dienstwege werden strikt eingehalten, jeder Vorgang wird in den Akten genau und lückenlos festgehalten.

Ausufernde Regelungsdichte

Bürokratischen Herrschern dürften sich viele Antragssteller in staatlichen Amtsstuben ausgeliefert fühlen. Denn die Regelungsdichte in Deutschland nimmt immer größere Ausmaße an. In den vergangenen zehn Jahren hat sie enorm zugenommen. Wie aus einer Statistik der Bundesregierung hervorgeht, stieg sowohl die Zahl der bundesrechtlichen Gesetze als auch die Zahl der Einzelnormen in diesem Zeitraum stark an.

  • Am 1. Januar 2014 galten noch 1671 Gesetze mit 44 216 Einzelnormen.
  • Zu Beginn dieses Jahres waren es schon 1792 Gesetze, die aus insgesamt 52 155 Einzelnormen bestanden.

Prinzip der Gewaltenteilung

Dichter ist das Dickicht der Vorschriften allerdings nicht nur auf der Ebene der vom Bundestag beschlossenen Gesetze geworden, sondern auch bei den Rechtsverordnungen, mit denen die Exekutive Details regelt.

Die Exekutive ist die sogenannte vollziehende oder ausübende Gewalt. Sie umfasst die Regierung und die Verwaltung, der in erster Linie die Ausführung der Gesetze anvertraut ist.

Das sogenannte Prinzip der Gewaltenteilung ist in Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes verankert. Danach wird die Staatsgewalt vom Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung (Legislative), der vollziehenden Gewalt (Exekutive) und der Rechtsprechung (Judikative) ausgeübt.

Schlimmer geht’s nimmer? Von wegen! Foto: Carsten Koall/dpa

Explosion der Einzelnormen

  • Am Stichtag 1. Januar 2014 gab es laut Bundesregierung 2720 bundesrechtliche Verordnungen mit 38 192 Einzelnormen.
  • Zehn Jahre später bestanden die zum Stichtag 1. Januar geltenden 2854 Rechtsverordnungen des Bundes aus 44 272 Einzelnormen.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums weist darauf hin, dass die Anzahl an Gesetzen nicht mit der Bürokratielast gleichgesetzt werden könne. Schließlich brauche man ja auch ein Gesetz, um Bürokratie abzubauen. Auch löse nicht jede Einzelnorm oder jedes Gesetz bürokratische Kosten aus. Es sei dennoch Ziel des Bundesjustizministeriums, dem weiteren Anstieg der Zahl der Einzelnormen entgegenzutreten, indem „wir die Rechtssetzung einfacher und verständlicher machen“.

Handwerker und Vermieter brauchen juristischen Beistand

Auf die Frage, ob es für Handwerker, private Vermieter, ehrenamtlich Tätige und andere Menschen ohne juristische Vorbildung in Deutschland noch problemlos möglich sei, sich in jedem Fall gesetzeskonform zu verhalten, räumt die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, ein: „Wir haben in Deutschland eine ziemlich hohe Regelungsdichte.“ Es sei auch nicht gut, wenn man für zu viele Vorgänge eine Fachkraft oder einen Rechtsanwalt beauftragen müsse.

Zu viele bürokratische Auflagen und umfangreiche Berichtspflichten waren neben hohen Energiepreisen von Wirtschaftsverbänden zuletzt besonders häufig als Belastung genannt worden. Vor allem den Grünen wird oft ein Hang zu überkomplexen Regelungen im Dienste der Einzelfallgerechtigkeit nachgesagt. Getrieben von dem Wunsch, möglichst keine Fallkonstellation außer Acht zu lassen, entstehen so manchmal Regelwerke, die für juristische Laien kaum noch zu durchdringen sind.