Der deutsche Hopfen leidet unter dem Klimawandel. Die Hopfenerzeuger suchen nach Lösungen. Foto: dpa/Felix Kästle

Hopfen ist ein wichtiger Bierrohstoff. Nun droht die zweite schlechte Hopfenernte in Folge. Neue Hopfensorten und Agri-PV sollen helfen.

Peter Hintermeier ist alarmiert. „Zwei schlechte Hopfenernten müssen bewältigt werden“, weiß der Geschäftsführer des weltgrößten Hopfenhändlers Barth-Haas aus Nürnberg. Getroffen seien vor allem deutsche Hopfenpflanzer im traditionellen Anbaugebiet Hallertau in Bayern. Es ist das global größte seiner Art. Kollege Heinrich Meier hat die Zahlen zur Lage. Voriges Jahr habe die deutsche Hopfenernte wegen Hitze und Dürre mit gut 34 000 Tonnen klimabedingt um satte 28 Prozent unter der von 2021 gelegen. In den USA, wo die Hauptkonkurrenten sitzen, habe der Rückgang aber nur gut ein Zehntel betragen. Ähnliche Relationen befürchten beide Experten nun erneut für 2023.

Hopfen geerntet wird in der Hallertau zwar erst in vier Wochen. Aber schon jetzt ist klar, dass es in Deutschland mangels Regen oder Niederschlägen zur falschen Zeit und Temperaturen von bis zu 36 Grad Celsius erneut eine miserable Ernte gibt. Der Pflanzstand sei unterdurchschnittlich bis stark unterdurchschnittlich, weiß Hintermeier. „Die Lage ist wirklich herausfordernd“, räumt der Hopfenexperte ein. Zumindest dieses und voriges Jahr seien deutsche Hopfenpflanzer im Vergleich zur US-Konkurrenz die Verlierer des Klimawandels.

Noch ist genügend Hopfen gelagert

Unterversorgung des Biermarkts mit Hopfen drohe aber noch nicht, beruhigt Meier. „Eine Notsituation wird nicht bestehen“, versichert er auch hinsichtlich der Hopfenversorgung in diesem Jahr. Denn 2019 bis 2021 seien die Ernten noch durchweg gut ausgefallen.

Deutsche Hopfenpflanzer sind im Kampf mit dem Klimawandel bislang benachteiligt. Zum einen können US-Konkurrenten stärker auf Bewässerung in Trockenzeiten vertrauen. Selbst im wasserreichen Deutschland wird Wasser immer mehr zum knappen Gut. Zum anderen steigen für heimische Pflanzer die Kosten, vor allem die für Energie, stärker als in den USA.

Das hat schon erste Pleiten gebracht. Die Zahl von Hopfenanbaubetrieben hat sich in Deutschland nach Angaben des hiesigen Hopfenpflanzerverbands zwar binnen Jahresfrist 2022 erst leicht um zwölf auf noch über 1000 reduziert. Es könne aber in den nächsten Jahren jeden fünften Hopfenpflanzer erwischen.

Die Lage ist dramatisch

„Hopfenhändle“ Hintermeier will den Umfang der existenzgefährdeten Betriebe selbst nicht schätzen. Er weiß aber um die Dramatik der Lage. Die Ernterückgänge 2022 seien die im Jahresvergleich größten der Nachkriegszeit gewesen und aktuell schaue es zumindest in Deutschland nicht viel besser aus. US-Pflanzer könnten 2023 zumindest noch auf eine durchschnittliche Ernte hoffen. Hilflos seien Hopfenpflanzer aber auch in Deutschland nicht dem Klimawandel ausgeliefert, betont der Großhändler.

Nicht nur seine Hoffnungen ruhen auf neuen, klimaresistenten Hopfensorten und Agri-PV. Letzteres sind Photovoltaikanlagen, die in bis zu sechs Metern Höhe über Hopfenpflanzen errichtet werden. Sie schlagen theoretisch zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen sorgen die Anlagen per Stromproduktion für zusätzliche Einnahmen. Zum anderen spenden sie dem Hopfen Schatten unter immer gnadenloser brennender Sonne. Das senkt den Wasserdurst.

Neue Arten bedeuten anderen Biergeschmack

Aber es werden noch einige Testjahre und ausgedehnte Versuche brauchen, um Effekte seriös einschätzen zu können, stellt Hintermeier klar. Der Klimawandel macht indessen keine Pause. Deshalb sollen neue Hopfensorten, die gegen Hitze und Trockenzeit resistenter sind, parallel für Abhilfe schaffen. Die gibt es aber noch kaum. Unter fünf Prozent der Hopfenernte entfallen auf sie, schätzt Hintermeier. Ein Grund sei, dass neue Sorten auch oft neue Geschmäcker bedeuteten. „Deutsche Biertrinker sind an ihren Geschmack gewöhnt“, sagt der Hopfenhändler. Die Frage ist, wie lange sich Biertrinker und Brauer das noch leisten können. „Es besteht kein Zweifel daran, dass sich unsere Branche im Umbruch befindet“, stellt Hintermeier klar.

Für das Endprodukt Bier sagen er und Meier 2023 global einen wieder leicht steigenden Ausstoß auf gut 1,9 Milliarden Hektoliter Gerstensaft voraus, woran deutsche Brauer wie Radeberger oder Oettinger in der Summe gut zwei Prozent Weltmarktanteil haben. Wer künftig den Hopfen dazu liefert, ist allerdings eine andere Frage.