Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundsministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen bei der Bundeswehrtagung in Berlin. Foto: imago stock&people

Bei den Forderungen für die Bundeswehr geht es nicht um Aufrüstung, sondern um den Wiederaufbau einer Bundeswehr, die kann, was sie laut Grundgesetz soll, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Berlin - Ja, es geht um erschreckend große Zahlen. Folgt der Bundestag der berechtigten Forderung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ihren Etat von knapp 1,3 Prozent bis 2024 auf 1,5 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung hochzufahren, heißt das: Die Bundeswehr bekommt – nach heutigem Kaufwert – von 2024 an rund 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das wäre gegenüber 2013 eine Verdoppelung.

Sicherheitslage hat sich gegenüber 2013 dramatisch verschlechtert

Nein, diese Zahlen stehen nicht für Aufrüstung, nicht für eine Militarisierung deutscher Außenpolitik. Erst recht nicht für die Rückkehr zu Tschingderassabum und Großmannssucht. Es geht nach 25 Jahren Kaputtsparen bloß um den Wiederaufbau einer Bundeswehr, die kann, was sie laut Grundgesetz soll. Will der Exportriese Deutschland als weltweit einer der größten Profiteure von Frieden und freien Handelswegen seine vertraglichen Zusagen an Nato und EU einhalten, ist dieser Wiederaufbau der Preis. Er ist angemessen, weil die Zusagen mit Augenmaß aus Interessen und Wirtschaftskraft des Landes abgeleitet sind.

Wer anderes behauptet, verkennt, wie dramatisch sich die Sicherheitslage gegenüber 2013 verschlechtert hat. Oder wie sehr sich das Militärische verändert – durch Digitalisierung etwa oder die so genannte asymmetrische Kriegsführung.

Es irritiert, dass sich die Kanzlerin vor den ranghöchsten Soldaten und Behördenchefs der Bundeswehr das Anliegen von der Leyens zwar grundsätzlich, aber keineswegs konkret zu eigen gemacht hat. Wann ist die Zeit, das so Unangenehme wie Notwendige zu tun, wenn nicht in ihrer letzten Amtszeit?

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de