Essen aus dem Lieferwagen: Das gibt es an der Hochschule der Medien. Foto: Lisa Wazulin

An der Hochschule der Medien gibt es seit Jahren Probleme mit der Essensversorgung. Jetzt wird ein alternatives Angebot gemacht. Doch wegen der geringen Nachfrage steht es vor dem Aus.

Vaihingen - Akkurat parkt der weiße Lieferwagen auf dem Gelände vor der Hochschule der Medien in Vaihingen. Zwar kann der Fahrer die imaginäre Grenze, die rechtlich dort gezogen ist, nicht sehen, dennoch weiß er: Falsches Parken hat nicht nur für ihn große Folgen, sondern auch für seine Arbeitgeber – die sind nämlich gleichzeitig auch seine Kunden. Pünktlich zur Mittagspause öffnen sich die Schiebetüren des Wagens und geben die Sicht frei auf Essensboxen – Mensaessen für Studierende und das kostenlos bis vor die Tür geliefert.

„Jetzt kommt die Mensa einfach zu dir“, damit wirbt die Verfasste Studierendenschaft für ihr Projekt. Über ein Internet-Portal können die Studierenden Mensaessen online bestellen, ein Kurier liefert das täglich und zum gleichen Preis wie auf dem Uni-Campus in Vaihingen bis vor die Tore der Hochschule, deren Gelände sich direkt neben der Universität befindet. „Wir haben an unserer Hochschule keine eigene Mensa. Seit Jahren kämpfen wir dafür, aber es bewegt sich nichts“, erklärt Manuel Hodrius. Der Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft hat wie viele andere ein Zeitproblem: Zwar sei die Uni-Mensa auf dem Campusgelände nur gute 800 Meter entfernt, eine Stunde Mittagspause würden allerdings nicht ausreichen, um dort Mittag zu essen, gibt der Student zu.

Ein logischer Einwand, mit nur einem Haken: Direkt im Gebäude der Hochschule der Medien gibt es bereits ein Essensangebot, nämlich das von Privatanbieter Udo Sanne. Allerdings sorgt ein Alleinverköstigungsrecht dafür, dass jegliche Alternativen neben der Essensausgabe „Eat ‚n‘ Talk“ eine rechtliche Klage zur Folge hat.

Nur am Anfang gab es genügend Kunden

„Der neue Lieferservice ist super praktisch für mich“, findet eine Studierende. Sie hat sich das Mensaessen direkt aus dem weißen Lieferwagen abgeholt, zum Mensapreis, handlich verpackt, Besteck inklusive. Zwar ist die Essensausgabe auf dem Gelände der Hochschule verboten, allerdings parkt der Lieferwagen peinlich genau an der Grenze zum Gelände und macht so einen legalen Verkauf erst möglich. „Wir haben seit dem Start im April pro Woche an die 200 Essen verteilt“, verkündet Hodrius sichtlich stolz. Allerdings tummeln sich an diesem Tag nur wenige um den weißen Lieferwagen, insgesamt nutzen im Schnitt nur 40 Studierende pro Tag die Alternative.

„Wir hatten dafür extra Personal freigestellt und Container für die Entsorgung vom Plastikmüll beschafft“, erklärt Peter Marquardt, Kanzler der Hochschule der Medien. „Aber der Ansturm auf das neue Angebot ist einfach ausgeblieben“, räumt er ein. Und warum wird das neue Angebot nicht intensiver von eben jenen genutzt, die so dringlich eine Alternative gefordert hatten? „Der Mensch hat seine Essgewohnheiten. Viele gehen aus reine Bequemlichkeit zu Eat ‚n‘ Talk“, sagt Marquardt. Er hat bereits in der Vergangenheit viele Gespräche sowohl mit dem Privatanbieter Udo Sanne, als auch mit dem Landesbetrieb Vermögen und Bau des Finanzministeriums geführt, dem Besitzer des Gebäudes. „Natürlich wollen wir eine angemessene Verpflegung für unsere Studierenden“, betont Marquardt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hatte die Hochschulleitung bereits im vergangen Jahr unerlaubt Essensautomaten aufgestellt – und damit den Zorn von Udo Sanne auf sich gezogen. Der drohte prompt mit Schadensersatzforderungen in fünfstelliger Höhe. Mittlerweile sind die Automaten weg.

Die neue Essensauslieferung wird vom Studierendenwerk mitgetragen. Das ist gesetzlich an einen Verpflegungsauftrag gebunden und daher für die angemessene Essensversorgung der Studierenden verantwortlich. „Derzeit werden wir an unserem Auftrag gehindert, da das Finanzministerium vor vielen Jahren mit einem Dritten einen Pachtvertrag geschlossen hat“, erklärt Geschäftsführer Tobias Burchardt. Kapazitäten und Personal für eine eigene Mensa seien vorhanden, versichert er. Der Dritte, das ist der Privatbetreiber Udo Sanne. So steht einzig der Vertrag der Hochschulleitung wie auch dem Studierendenwerk im Weg: Der wurde im vergangenen Dezember trotz Einspruchs von Seiten der Hochschulleitung verlängert – bis Dezember 2021.

Streit über Vertragsverkängerung

„Die Verlängerung ist abgestimmt mit der Hochschule und Herrn Sanne“, behauptet Roland Wenk vom Amt für Vermögen und Bau. Kanzler Marquardt hält dagegen: Die Hochschulleitung habe sich ausdrücklich gegen die Verlängerung ausgesprochen und sei trotz allem nicht berücksichtig worden. Eine neue Ausschreibung, die es dem Studierendenwerk ermöglicht hätte, sich als Betreiber zu bewerben, hat aber nie stattgefunden. Auch dafür hat Wenk eine Begründung: Das Studierendenwerk hätte zu Beginn der Ausschreibung vor etlichen Jahren kein Interesse gezeigt, auch sei der Vertrag nicht ausgelaufen, sondern schlicht verlängert worden, so Wenk. Den Brief, den das Studierendenwerk an das Ministerium für Wissenschaft und Forschung geschickt hat, erwähnt er nicht. Darin soll das Studierendenwerk ausdrücklich den Wunsch geäußert haben, die Notversorgung der Studierenden an der Hochschule der Medien übernehmen zu wollen – und zu können.

Und der Betreiber selbst? Über seinen Pressesprecher lässt Sanne verlauten: Er könne schlicht weg nicht alle versorgen, an dem neuen Lieferservice der Studierenden habe er nichts auszusetzen. Die Preise senken, will er aber nicht. Auf der Seite der Studierenden herrscht Einigkeit: „Unser Anliegen richtet sich nicht gegen den Privatbetreiber. Wir wollen einfach das Studierendenwerk als Versorger, das können wir bei Preisen und anderen Problemen in die Pflicht nehmen“, beteuert Hodrius. Er selbst wird das wohl während seiner Studienzeit nicht mehr erleben Aufgrund der geringen Nachfrage wird der neue Lieferservice bald nur noch Geschichte sein.