Das Hallenbad muss 2027 abgerissen werden, um Platz für der Neubau des Literaturarchivs zu schaffen. Foto: Werner Kuhnle

Das Deutsche Literaturarchiv möchte in Marbach ein Domizil mit Gastronomie errichten – und sich damit auch den Bürgern öffnen. Grob geschätzt 150 Millionen Euro könnten dafür fällig werden.

Das Deutsche Literaturarchiv (DLA) in Marbach platzt aus allen Nähten, hat bereits Bestände aus der Sammlung auslagern müssen. Schon seit geraumer Zeit war deshalb klar, dass man frische Kapazitäten vor Ort benötigt. Am Mittwoch wurde im Rahmen eines Pressegesprächs auch endlich die Katze aus dem Sack gelassen, wo genau, bis wann und in welchen Dimensionen gebaut werden soll. Wie Verwaltungsleiter Steffen Schmidt verkündete, soll das neue Domizil auf etwas mehr als einem Hektar auf jenen Flächen hochgezogen, aber vor allem auch in der Erde versenkt werden, auf denen sich heute das Hallenbad und ein Rasenspielfeld in der Verlängerung des Hermann-Mayer-Sportplatz befinden.

Zeitplan „Das Ziel ist, 2027 mit dem Neubau zu beginnen und 2030 fertig zu sein“, sagte Schmidt. Bevor die Bagger anrücken, wird ein Architektenwettbewerb ausgerufen, der im ersten Quartal 2024 initiiert wird und Ende des kommenden Jahres abgeschlossen sein soll. Mit dem Neubau macht sich das DLA fit für die Zukunft. Die aktuell ausgelagerten Bestände können wieder gebündelt in der eigentlichen Heimat verwahrt werden. Außerdem besteht dann ausreichend Platz, um zusätzliches Material rund um die Literatur zu verwahren. Die Kapazitäten reichen dann voraussichtlich und hochgerechnet bis ins Jahr 2058.

Neubau In dem neuen Domizil sind zwar zu etwas mehr als einem Drittel Magazin-Flächen vorgesehen. Das Haus soll aber weit mehr als eine Forschungsstätte sein. „Wir wollen ein neues Tor für die Literatur und zur Literatur schaffen“, betonte DLA-Direktorin Sandra Richter. Man wolle Besucher und Nutzer begrüßen, Objekte präsentieren und zeigen, „wie wir arbeiten“. Man solle dort ankommen und Literatur erleben können, ergänzte Schmidt. Man könnte also vielleicht auch sagen: das DLA möchte sich einer breiteren Masse öffnen und bürgernäher werden. Dazu passt, dass man Bereiche für Familien etablieren möchte, in denen nicht alle mucksmäuschenstill sein müssen. Außerdem wird in dem Gebäude der zentrale Empfang untergebracht. Konferenzzonen und eine Gastronomie für jedermann werden ebenfalls anvisiert. Dazu kommen ein Lesesaal mit digitalem Akzent und ein Audiobereich. Überdies wird man Filme anschauen können. Ferner sind unter anderem Büros und ein Schaumagazin angedacht. Parkplätze für Mitarbeiter und Besucher sollen ebenfalls auf dem Grundstück angelegt werden.

Grundstücke Die beiden Areale, die für das Projekt benötigt werden, überlasse die Stadt Marbach dem DLA, berichtete Schmidt. Das habe der Gemeinderat im März 2022 beschlossen. Etwas pikant ist das insbesondere im Hinblick auf das Grundstück mit dem Hallenbad, das wegen Sicherheitsmängeln seit Monaten geschlossen ist, für das aber die Frage nach Sinn und Unsinn einer Instandsetzung für einen zeitlich befristeten Weiterbetrieb noch nicht abschließend geklärt ist. Bürgermeister Jan Trost beteuerte jedoch, dass man damit einem Beschluss in diesem Punkt nicht vorgegriffen habe, die Würfel im Gemeinderat erst kurz vor der Sommerpause fielen. „Aber klar ist, und so ist auch der Gemeinderatsbeschluss, dass das Bad 2027 an dieser Stelle entfernt werden muss“, stellte der Rathauschef klar.

Bestand In dem Zukunftsszenario des DLA spielt auch das Bestandsgebäude eine Rolle, das nach der Belegung des neuen Domizils sukzessive modernisiert werden soll. „Das bedarf aber noch einer weiteren Detailplanung“, sagte Schmidt. Ausgemachte Sache ist schon, dass der gemeinsame Lesesaal und die Besprechungsräume erhalten bleiben. Büros werden auch weiter im alten Trakt angesiedelt sein. Abgespeckt zugunsten der Gastronomie im Neubau wird das Verpflegungsangebot für die Belegschaft. „Zentrale Konferenzen, Raum für Veranstaltungen wie die Schillerrede werden im Neubau stattfinden“, kündigte Steffen Schmidt an.

Finanzierung Was die Investitionskosten anbelangt, blieb die Führungsriege des DLA etwas vage. Man müsse sich innerhalb eines vorgegebenen Kostenkorsetts bewegen, befinde sich in enger Abstimmung mit den Geldgebern von Bund und Land, sagten Richter und Schmidt. Man könne aber keine finalen Zahlen nennen, weil Land und Bund unterschiedlich vorgingen. „Das Land beschließt immer je nach Bauabschnitt, der Bund hat schon per Verpflichtungsermächtigung eine gewisse Summe im Haushalt eingestellt“, erklärte Richter. Konkret handele es sich um 73 Millionen Euro, die Berlin für das DLA reserviert habe. Grob kann man somit davon ausgehen, dass für das Bauprogramm rund 150 Millionen Euro fällig werden, da das DLA hälftig von Bund und Land finanziert wird.

Gartenschau Eingebunden in die Planungen ist auch die Stadt Marbach. Denn die Kommune richtet mit Benningen 2033 die Gartenschau aus, für die 2029 die Bauarbeiten starten sollen. Bespielt wird dann auch das Gelände rund ums DLA. Und man strebe einen quasi durchgängigen grünen Bogen zwischen Neckarwiesen sowie Schul- und Sportcampus an, mit dem Neubau des Archivs als „zentrales Gelenk“ mittendrin, erläuterte Gartenschaumanagerin Annette Fiss. Man wolle deshalb Grünflächen sichern und vernetzen, zudem auf der Schillerhöhe einen Literaturpark im öffentlichen Raum entwickeln. Ideen der Bürger seien in dem Zusammenhang nun gefragt. Profitieren kann die Stadt in puncto Nachhaltigkeit zudem vom DLA, das möglichst weit in die Tiefe bauen möchte, um weniger Fläche zu versiegeln. Überdies will das DLA ein klimapositives Gebäude errichten, an dem mehr Energie erzeugt als CO2 verbraucht wird.