Dieses Foto vom 21. Juni zeigt, wie der Chefkoch Zach Tyndall im Büro von Eat Just in Alameda (US-Bundesstaat Kalifornien) , das gezüchtete Huhn des Unternehmens Good Meat zubereitet. In den USA darf zum ersten Mal im Labor gezüchtetes Fleisch verkauft werden. Foto: Je/f Chiu/AP/dpa

Wissenschaftler wollen den Welthunger mit Kunst- und Retortenfleisch aus dem Labor bekämpfen. Doch werden Verbraucher das sogenannte In-Vitro-Fleisch auch akzeptieren?

Der Rinderzüchter der Zukunft könnte mit dem Bauern, der seine Kühe im Stall füttert, nur noch wenig zu tun haben. Er dürfte eher aussehen wie ein Labormitarbeiter, der im weißen Kittel und mit Mundschutz synthetisches Kunstfleisch in einer Petrischale heranzüchtet.

Wissenschaftler arbeiten seit Jahren an der Entwicklung von Retorten-Fleisch, für das keine lebenden Tiere mehr nötig sind.

Verkauf von Hähnchenfleisch aus dem Labor in den USA

In den USA ist man dieser Vision nun einen großen Schritt nähergekommen. Zum ersten Mal darf im Labor gezüchtetes Fleisch verkauft werden. Das Labor-Hähnchenfleisch wird zunächst nur in Restaurants erhältlich sein.

Das US-Landwirtschaftsministerium habe den beiden kalifornischen Firmen Upside Foods und Good Meat die endgültige Genehmigung für den Verkauf von aus tierischen Zellen gezüchtetem Hähnchenfleisch erteilt, teilten die beiden Unternehmen mit. Zuvor hatte die „New York Times“ darüber berichtet.

„Diese Ankündigung, dass wir nun in der Lage sind, in den Vereinigten Staaten kultiviertes Fleisch zu produzieren und zu verkaufen, ist ein wichtiger Moment für unser Unternehmen, die Branche und das Lebensmittelsystem“, sagt Josh Tetrick, Mitbegründer und CEO von Good Meat.

Bisher sei Laborfleisch nur in Singapur zugelassen worden. „Jetzt ist es für den Verkauf an Verbraucher in der größten Volkswirtschaft der Welt zugelassen.“

Beginnt eine neue Ära der Welternährung?

Es sei der Beginn einer neuen Ära, heißt es in einer Mitteilung von Upside Foods. Diese Zulassung werde die Art und Weise, wie Fleisch auf unseren Tisch kommt, grundlegend verändern, teilt Unternehmenschef Uma Valeti auf Twitter mit.

Kann Fleisch aus der Petrischale – sogenanntes In-Vitro-Fleisch – die Ernährung der Menschheit in der Zukunft sichern? Und kann aus Stammzellen gezüchtetes Gewebe dazu beitragen, die industrielle Massentierhaltung zu ersetzen?

Wie wird das In-Vitro-Fleisch hergestellt?

Für die Herstellung von Fleisch im Labor werden lebenden Tieren Muskel- und Fettzellen entnommen, die in einer Kulturflüssigkeit aus Fetten, Aminosäuren, Vitaminen, Mineralien und Zucker landen.

Dort vermehren sie sich und wachsen zu Muskelgewebe heran. Im Februar 2018 informierte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Parlamentarier über den Stand der Forschungen.

Probe-Essen mit Labor-Burgern

An Laborfleisch wird vor allem in den USA, den Niederlanden und in Israel geforscht. Der Pharmakologe Mark Post von Universität Maastricht hat als erster Forscher weltweit einen Machbarkeitsnachweis für Kulturfleisch vorgelegt.

Am 5. August 2013 lud der niederländische Physiologie-Professor in London auf einer Pressekonferenz zu einem Testessen mit aus Stammzellen erzeugten Burgern ein.

Ist eine Massenproduktion möglich?

Die Retortentechnik lässt bisher keine Fleischzucht in großen Mengen zu. Ob man also den Hunger in der Welt mit Kunstfleisch bekämpfen kann, ist daher fraglich.

Nach einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) von 2021 „Visionen von In-vitro-Fleisch“ ist die Herstellung sehr aufwendig. Die Karlsruher Forscher stellen aber auch fest, dass In-Vitro-Fleisch dabei helfen könnte, Probleme des Fleischkonsums mit Blick auf die wachsende Weltbevölkerung, den Klimawandel und den Tierschutz besser zu lösen.