Bundeskanzler Scholz sichert der Ukraine die weitere Unterstützung der EU zu. Foto: AFP/John Thys

Gestritten wird über die Finanzierung der Unterstützung. Dabei fallen ungewöhnlich deutliche Worte.

Die Ukraine werde nicht im Stich gelassen. Angesichts des Krieges im Nahen Osten versicherten die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel immer wieder, dass Europa in seiner Unterstützung für Kiew nicht nachlassen werde. Am Freitag wurde allerdings deutlich, dass die Hilfe für die Ukraine weniger eine Frage der Aufmerksamkeit, sondern des Geldes werden könnte. Die Teilnehmer des Treffens stritten heftig über die Finanzierung der bereits gegebenen Zusagen in Höhe von 50 Milliarden Euro im Kampf gegen den russischen Aggressor.

Viel Ärger über Ungarn und die Slowakei

Allergrößten Unmut lösten Ungarn und die Slowakei aus, deren Regierungen die Unterstützung generell blockieren. Der neue slowakische Regierungschef Robert Fico hatte für die Ukraine viel Spott übrig und nannte es „eines der korruptesten Länder der Welt“. Zudem verlangte er, ein Teil der Gelder müsse in die Absicherung der slowakisch-ukrainischen Grenze fließen und heimischen Unternehmen zugutekommen, die zum Wiederaufbau der Ukraine beitrügen. Die Konfrontation kam nicht überraschend, denn eine der ersten Amtshandlungen Ficos als neuer Premier war der Stopp der Militärhilfe seines Landes für die Ukraine.

Orbán blockiert Ukraine-Hilfen

Rückendeckung bekam der Linkspopulist vom ungarische Regierungschef Viktor Orbán. Der erklärte: „Wir wollen weder Geld für Migranten noch für die Ukraine ausgeben.“ Zum Problem wird in diesem Fall, dass ein Beschluss über die Ukraine-Hilfe von den EU-Mitgliedstaaten nur einstimmig gefällt werden kann. Das versucht Orbán für sich zu nutzen, und seine Taktik erscheint offensichtlich. Ungarn liegt mit der EU im Clinch in Sachen Rechtsstaatlichkeit. Seit Jahren unterhöhlt der Premier den Rechtsstaat und damit die Demokratie in seinem Land. Aus diesem Grund wurden von der EU-Kommission 13 Milliarden Euro EU-Gelder eingefroren, die eigentlich für Ungarn bestimmt sind.

Viktor Orbán erpresst die EU

Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel ließ seinem Zorn freien Lauf und warf Orbán Erpressung vor. Es könne nicht sein, dass der ungarische Premier seine Zustimmung für neue Ukraine-Hilfen an die Auszahlung von EU-Geldern für sein Land knüpfe, kritisierte Bettel in Brüssel. Man könne die Europäische Union nicht als Geisel nehmen wollen. „Was er gemacht hat mit dem Putin, ist ein Stinkefinger für alle Soldaten und die Ukrainer, die jeden Tag sterben und unter russischem Angriff leiden müssen“, sagte Bettel am Freitag mit Blick auf den anhaltenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Bettel bezog sich auf ein Treffen Orbáns in diesen Tagen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Premier verteidigte sein Treffen. Ungarn verfolge eine Friedensstrategie und tue alles dafür, Frieden zu schaffen, schrieb er über den Kurznachrichtendienst X. In diesem Zusammenhang sei auch das Treffen mit dem russischen Präsidenten zu sehen. Sehr offen zum Verhalten Orbáns äußerte sich auch die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas. Sie sagte, die Mehrheit der Gipfelteilnehmer habe klargemacht, „dass die Ukraine unterstützt werden muss und dass dies vor Jahresende geschehen muss“.

Waffen und Munition

Hilfe für den zweiten Kriegswinter

In einer Erklärung zum Ende des Gipfels hieß es schließlich, dass der Ukraine vor dem zweiten Kriegswinter anhaltende Waffen- und Munitionslieferungen zugesichert werden. Besonders intensiv soll an der schnellen Bereitstellung von Flugabwehrsystemen zum Schutz der Bevölkerung und der kritischen Infrastruktur gearbeitet werden. Zudem versprachen die 27 EU-Staaten die Lieferung zusätzlicher Stromgeneratoren und mobiler Heizstationen sowie stärkere Anstrengungen zur Zwangsbeteiligung Russlands an der Beseitigung von Kriegsschäden.

Den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell forderten die Staats- und Regierungschefs auf, bis zum Gipfel im Dezember mit der Ukraine Gespräche zu langfristigen Sicherheitszusagen zu führen. Borrell hat vorgeschlagen, längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen zu machen und mit EU-Geld auch die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen zu unterstützen. Konkret will er von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro für Militärhilfen mobilisieren, die zusätzlich zu den 50 Milliarden Euro an Budgethilfen kommen sollen.