Die städtische Einrichtung und das Frauenhaus des Vereins Frauen helfen Frauen stehen vor einer Rochade und einer Neukonzeption. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Bisher war der Standort eines Frauenhauses streng geheim. Nun arbeitet die Stadt und ein Verein an einem neuen Konzept: Anonymität nur noch dann, wenn absolut nötig, Offenheit dort, wo möglich.

Stuttgart - Frauen verstecken sich im Frauenhaus vor Gewalt und Verfolgung. Der anonyme Wohnort hat allerdings gravierende Nachteile: Kinder können keine Freunde einladen, Familienmitglieder dürfen nicht zu Besuch kommen – und nicht alle Frauen brauchen auf Dauer eine geheime Adresse. Deshalb verfolgen die Akteure in der Stadt nun ein neues Konzept, eine Mischung aus anonymem Wohnraum und gesicherten Häusern.

Der Verein Frauen helfen Frauen, der 1983 das Autonome Frauenhaus in Stuttgart eröffnet hat, plant ein gesichertes Haus mit 30 Plätzen. Es soll mit einer Sicherheitsschleuse versehen sein und 24 Stunden von einem Pförtner bewacht werden. Am Montag hat die Sozialverwaltung den Sozialausschuss darüber informiert. Es gibt bereits einen Standort, den der Verein und die Stadt dafür favorisieren: den Neckarpark, für den eine gute Infrastruktur geplant ist. Eine erste Kostenschätzung stellte Sozialamtsleiter Stefan Spatz für Juli in Aussicht.

Keine Alternativgebäude

Damit würde das jetzige Autonome Frauenhaus frei und könnte vom städtischen Frauenhaus genutzt werden, schlägt Sozialbürgermeister Werner Wölfle vor. Das städtische Frauenhaus hat momentan pro Stockwerk nur eine Küche mit acht Quadratmetern, einen Kühlschrank und einen Herd, ein Bad sowie Gemeinschaftstoiletten. Diese Ausstattung müssen sich bis zu zwölf Frauen samt ihren Kindern teilen. Für Frauen ohne Kinder gibt es nur drei Zimmer, Frauen mit über 14-jährigen Jungs werden nicht aufgenommen, weil es keine getrennten Zimmer für Mütter und Kinder gibt. Das Haus müsste kernsaniert werden, böte anschließend aber nur 20 Plätze. Grundstücke für einen Neubau sind nicht verfügbar, andere Bestandsgebäude erwiesen sich nach näherer Prüfung als ungeeignet. Wölfle schlägt deshalb vor, das städtische Frauenhaus interimsweise im Autonomen Frauenhaus unterzubringen, sobald dessen Bewohner in den Neckarpark umgezogen sind.

Schnellere Wechsel möglich

„Seit fünf Jahren machen wir daran rum, jetzt sind wir ein großes Stück vorangekommen“, sagte Stadträtin Beate Bulle-Schmid. Ihre Fraktion, die CDU, werde „die Pläne positiv begleiten“. Derselbe Tenor herrschte auch bei den anderen Fraktionen, Maria Hackl (SPD) und Sibel Yüksel (FDP) lobten ausdrücklich das neue Konzept. Andrea Münch (Grüne) kritisierte, dass Stuttgart auch damit nicht die vom Europarat empfohlene Platzzahl von 116 erreichen wird, sondern nur 78. Wölfle stellte klar, dass die Empfehlung auf Zahlen aus der ganzen Region fuße; „Ludwigsburg, Rems-Murr-Kreis und Böblingen sind am schlechtesten ausgestattet. Dort muss zuerst was getan werden.“

Von der neuen Konzeption versprechen sich die Beteiligten eine passgenauere Belegung: 24 Plätze in anonymen Schutzwohnungen an einem geheimen Ort soll es künftig geben, Wechsel in gesicherte, öffentliche Wohnungen sollen möglich sein und würden so wieder Plätze im anonymen Bereich frei machen.