In Affalterbach eine Straße zu überqueren, kann wegen des starken Verkehrs schwierig sein und dauern. Foto: Werner Kuhnle

Dreieinhalb Stunden lang wurden vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim Argumente für und gegen die geplante Ortsentlastungsstraße ausgetauscht – mit völlig offenem Ausgang des Verfahrens.

Wird die Umgehungsstraße in Affalterbach gebaut oder nicht? Das hängt jetzt erst einmal davon ab, ob der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim den von der Gemeinde aufgestellten Bebauungsplan für rechtmäßig hält oder nicht. Gegen den Plan wehren sich drei Landwirte. Dabei gehe es nicht nur darum, dass sie ihre Existenz gefährdet sehen; ihre Anwälte führten in der Erörterung am Mittwoch auch Punkte wie eine aus Klägersicht ungeklärte Finanzierung und einen unzureichend geklärten Artenschutz ins Feld. Außerdem sei die Straße überhaupt nicht nötig, da der innerörtliche Verkehr mit dem Umstieg auf E-Mobilität künftig nicht mehr eine solche Belastung sei und abnehmen dürfte, wenn der Autobahnzubringer zwischen Backnang und Mundelsheim ausgebaut sei.

Diesen Argumenten hielt die Affalterbacher Verwaltung das geballte Fachwissen der anwesenden Experten entgegen, die an der Planung der Ortsentlastungsstraße beteiligt waren und in deren Verlauf umfangreiche Untersuchungen zum Verkehr und zum möglichen Straßenverlauf ebenso wie zum Naturschutz gemacht hatten.

In welchem Ausmaß wären die Landwirte gefährdet?

Unbestritten ist, dass die Landwirte durch die Straße beeinträchtigt würden – auch wenn es unterschiedliche Ansichten darüber gibt, in welchem Ausmaß dies der Fall wäre. Ein Gutachter sah keine Existenzgefährdung, hat allerdings laut der Vorsitzenden Richterin Julia Dürig auch beklagt, dass er bei den Antragstellern keinen Einblick in die Geschäftsunterlagen erhalten habe. „Da hat’s vielleicht auch ein bisschen an der Mitwirkung gemangelt“, meinte sie. Einer der Landwirte erklärte, er wolle schlicht nicht, dass vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangten, und sei es auch nur der Gemeinderat.

In der Befragung legten die Landwirte dar, wie ihr Betrieb gefährdet würde, sollte die Umgehungsstraße kommen. Einer betreibt im Nebenerwerb eine Pferdepension für acht Tiere. Seine Hofstelle würde durch die Straße zerschnitten. Das sei für ihn, wie er sagte, „völlig ausgeschlossen“. Nicht zuletzt wegen der geplanten Brücke. „Über die geht kein Pferd – und der Verkehrslärm kommt noch dazu.“

Die Anwohner der Durchgangsstraßen sind stark belastet

Der zweite, der nach seiner Aussage am meisten Fläche verlieren würde, betreibt mit seinem Sohn im Vollerwerb einen Milchviehbetrieb und möchte diesen aussiedeln, da am jetzigen Standort keine Erweiterungsmöglichkeit besteht. Einen Schuppen habe er am geplanten neuen Ort bereits gebaut, für die weitere Aussiedlung bislang allerdings weder eine Bauvoranfrage noch einen Bauantrag gestellt. Der dritte im Bunde schließlich möchte seinen Schweinemastbetrieb erweitern; derzeit hat er keine Tiere, weil die bisherigen Stallungen nicht mehr den aktuellen Vorschriften entsprechen.

Ebenso unbestritten wie die Beeinträchtigung der Landwirte ist, dass die Anwohner der Durchgangsstraßen und hier vor allem der Winnender Straße stark belastet sind – und zwar nicht nur durch Autos, sondern auch durch Lastwagen. Zur Hauptverkehrszeit komme man kaum über die Straße, von Lärm und Abgasen ganz zu schweigen. „Das ist schon an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung“, so einer der Gutachter.

Alle Argumente wurden vorgetragen

Es geht also für beide Seiten um viel. 31 dicke Aktenordner füllen die vorgelegten Schriftsätze, und auch in der etwa dreieinhalbstündigen Verhandlung hatten die Richter noch viele detaillierte Nachfragen – etwa dazu, welcher Anteil an Fahrzeugen nur durch Affalterbach fahre und wie viele nur im Ort unterwegs seien, oder dazu, warum die Gemeinde glaube, die geplante Straße sei dann eine kommunale Straße. Aus Sicht der Richterin müsste es eine Landesstraße sein. Ob das dann in der Einschätzung des Gerichts eine Rolle spielt, blieb offen. Generell war keine Tendenz erkennbar, wie das Verfahren ausgehen könnte. „Die Argumente liegen auf dem Tisch; der Senat wird sich damit befassen“, sagte Dürig lediglich. Auch Bürgermeister Steffen Döttinger meinte: „Niemand kann das einschätzen, man muss einfach abwarten.“ Es sei jedenfalls gut, dass alle Argumente pro und kontra auf Augenhöhe vorgebracht werden konnten.

Dass der Verwaltungsgerichtshof Straßenbaupläne durchaus stoppen kann, wurde im letzten Herbst in Enzweihingen deutlich. Die Richter waren den Eilanträgen von Naturschutzverbänden gegen das Planfeststellungsverfahren für eine Verlegung der B 10 gefolgt und machten nicht viel Hoffnung für das Hauptverfahren. Auch das erwähnten die Anwälte der Affalterbacher Landwirte. Der Fall liege anders, konterte ein Naturschutzexperte. Konkret gehe es darum, ob eine der Brücken geeignet ist, dass sie von Fledermäusen unterquert wird. In Enzweihingen seien bei der Brücke die Querschnitte, die in Affalterbach geplant seien, nicht erreicht worden.