Der Gemeinderat zieht sich zur Klausur nicht in die Echterdinger Zehntscheuer (Bild), sondern in das „Albhotel Fortuna“ in Riederich zurück. Foto: Günter E. Bergmann

Gemeinderat und Stadtverwaltung von Leinfelden-Echterdingen ziehen sich am Freitag und Samstag zu einer zweitägigen Klausur nach Riederich zurück.

Leinfelden-Echterdingen - Der Tagungsort trägt den Namen der römischen Glücks- und Schicksalsgöttin – und könnte deshalb nicht passender gewählt sein: Vor allem in finanziellen Angelegenheiten steht Leinfelden-Echterdingen in nächster Zeit vor schweren, schicksalhaften Entscheidungen. Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat ziehen sich deshalb zu einer Zwei-Tage-Klausur in das „Albhotel Fortuna“ in Riederich (Kreis Reutlingen) zurück, um einen Plan zu entwerfen, wie die sich auftürmenden Herausforderungen gemeistert werden können. Am Freitagmorgen um 9 Uhr startet der Bus, von 10 Uhr an wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit getagt.

Eine lockere Veranstaltung ist nicht zu erwarten. Oberbürgermeister Roland Klenk, seit 14 Jahren in Leinfelden-Echterdingen im Amt, verbreitet jedenfalls vorab keine fröhliche Stimmung, sondern übt sich in Schwarzmalerei. „Die Lage sieht sehr finster aus“, sagt er mit Blick auf den Haushaltsplanentwurf. Schonungslos werde er die Zahlen offenlegen. Die absehbaren Schwierigkeiten für die nahe Zukunft „erreichen ein Maß, das auch den Gemeinderat erschrecken wird“, umschreibt Klenk vorab die Lage.

Die Lage bereitet OB Klenk „riesige Sorgen“

Allein für die Versorgung von Flüchtlingen mit Wohnraum müsse die Stadt 2016 rund 7,5 Millionen Euro bereit stellen. 2017 kalkuliere er vorsorglich 20 Millionen Euro ein. Für die darauf folgenden Jahre sei eine Prognose noch nicht möglich. „Aber auch ohne Ausgaben für die Flüchtlinge haben wir ein deutliches Defizit im Haushalt“, sagt der Rathauschef. Im Finanzhaushalt sind 7,8 Millionen Euro Einnahmen und 36 Millionen Euro Ausgaben vorgesehen. Auch der Ergebnishaushalt sei – wie schon in diesem Jahr – defizitär und werde es voraussichtlich noch einige Jahre bleiben. „Unsere Rücklagen wären Mitte 2017 aufgebraucht. Die Verschuldung ist sehr nahe gerückt“, sagt Klenk. Die Lage bereite ihm „riesige Sorgen“. Er spricht vor der Klausurtagung von der „schwierigsten Situation meiner gesamten Amtszeit“.

Auch 2014 wurden Investitionen geschoben

Bereits im vergangenen Herbst hatte der Gemeinderat, der diesmal bis auf wenige Ausnahmen komplett in die Klausur geht, Investitionen im Gesamtwert von 100 Millionen Euro gestrichen oder in die Zukunft verschoben. Im Zusammenhang mit der Aussicht auf einen anhaltend defizitären Etat rückt die Investitionsplanung erneut in den Blickpunkt. Für Diskussionen über einzelne Projekte sind etwa zwei Drittel der Tagungszeit reserviert.

Welche Vorhaben neben den unaufschiebbaren Neubauten für Flüchtlinge noch aufs Gleis gesetzt werden, ist offen. Der OB will beispielsweise vor der Zusammenkunft keine Aussage über ein Festhalten an dem für 2016/17 vorgesehenen Neubau der Festhalle Musberg machen. „Diese Entscheidung kann ich dem Gemeinderat nicht abnehmen“, sagt Klenk. Vor der Klausur steht offenbar noch eine Mehrheit zum Projekt-Zeitplan. Ob dies auch noch nach den Fortuna-Tagen gilt, bleibt abzuwarten.