Deutsche Sprache, schwere Sprache: Inzwischen machen viele Flüchtlinge einen Sprachkurs. Foto: dpa

Sprachbeherrschung ist das Entscheidende bei der Integration von Flüchtlingen. Die Ergebnisse, die Geflüchtete in den Sprachkursen in Stuttgart erreichen, sind vergleichsweise gut. Aber viele Analphabeten unter den Teilnehmern tun sich schwer.

Stuttgart - Mit einem Augenzwinkern könnte man sagen, drei Dinge sind wichtig für die Integration von Flüchtlingen: Sprache, Sprache, Sprache. Deshalb hat das Referat für Soziales und Integration unlängst einige Neuerungen im Sprachkurssystem vorgenommen. Alle Deutschkurse sind inzwischen in einer Kursdatenbank enthalten. Seit September ist überdies ein Rückmeldesystem in Betrieb, in dem die Kursträger der Stadt mitteilen, wer welche Kurse belegt, wer diese abschließt oder vorher abbricht.

Im Internationalen Ausschuss waren die Mitglieder voll des Lobes für den erreichten Stand. „Stuttgart setzt weiter Maßstäbe“, erklärte Kerim Arpad vom Deutsch-Türkischen Forum. Inzwischen könne man „jeder Person ein passendes Angebot machen“, berichtete Martha Aykut, die das Sprachprogramm in der Integrationsabteilung der Stadt koordiniert. Wartezeiten gebe es im Großen und Ganzen nicht mehr. Die Geflüchteten sollen innerhalb von sechs Wochen einen Kurs beginnen können. Lediglich wenn etwa ein Schichtarbeiter ein passendes Angebot suche, gebe es noch Wartezeiten, oder bei den Alphabetisierungskursen mit Kinderbetreuung, nicht aber bei den Integrationskursen des Bundes, versicherte Aykut.

Kursangebot hat sich verdoppelt

Die Zahl der Kursteilnehmer ist stark gestiegen. Schon durch die stärkere EU-Binnenwanderung hatten die Zahlen deutlich zugenommen. Durch den Flüchtlingszuzug hat sich das Kursangebot seit 2015 praktisch in allen Bereichen verdoppelt. Im September liefen in Stuttgart rund 400 Integrationskurse des Bundes, an denen insgesamt etwa 6000 Personen teilnahmen. Der Anteil der Geflüchteten beträgt laut Stadt 60 bis 70 Prozent. Das Sprachziel: B1 (Erklärung am Ende des Textes).

Nach absolviertem Integrationskurs können die Migranten Berufssprachkurse belegen, die bis zum Sprachniveau C2 führen, es kann aber auch bis A2 oder B1 nachgearbeitet werden. Im zweiten Halbjahr 2016 starteten in Stuttgart 55 solcher Kurse, dieses Jahr waren es im Oktober 49. Die gesamte Teilnehmerzahl: 963 Personen. Dazu kommen berufsorientierende Kurse, die durch den Europäischen Sozialfonds finanziert sind. Das waren in Stuttgart im Jahr 2017 Kurse mit insgesamt etwa 500 Teilnehmern, darunter 180 Geflüchtete.

54,9 Prozent schaffen das Niveau B1

Schon seit etlichen Jahren gibt es auch Deutschkurse der Stadt, die vom Land gefördert werden und die sich an Menschen richten, die vom Bund nicht gefördert werden, etwa weil sie keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Das sind zum Beispiel nicht anerkannte Geflüchtete, die von den Integrationskursen des Bundes ausgeschlossen sind, die aber dennoch nach drei Monaten einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Dazu gehören die komplett von der Stadt finanzierten „Mama lernt Deutsch“-Kurse, an denen 2016 und 2017 insgesamt rund 200 geflüchtete Frauen teilgenommen haben. Insgesamt hat die Clearingstelle der Stadt seit Januar 2015 rund 2900 Berechtigungsscheine für städtische Deutschkurse ausgestellt, davon gingen rund 2000 an Flüchtlinge.

Die bisherigen Abschlussergebnisse der Teilnehmer in Stuttgart können sich sehen lassen. So haben von Jahresbeginn 2017 bis Ende August 1958 Personen einen Deutschtest gemacht. Nach Schätzungen sind unter diesen 60 bis 70 Prozent Geflüchtete. Insgesamt haben 54,9 Prozent das angestrebte Niveau B1 erreicht (Bundesschnitt: 51 Prozent), mit diesem Ergebnis gilt der Integrationskurs als erfolgreich abgeschlossen. 38 Prozent erlangten im Test das Niveau A2 (bundesweit 39,4 Prozent), 7,1 Prozent nur A1.

Viele Analphabeten in den Kursen

Laut Stadt werden die Sprachkurse bei der Volkshochschule von 60 bis 70 Prozent der Teilnehmer erfolgreich absolviert. Bis vor zwei Jahren habe die Erfolgsquote dort noch über 80 Prozent gelegen. Damals, als vor allem ausländische Fachkräfte aus der EU oder Drittländern in den Kursen saßen, war der Anteil der Geflüchteten deutlich geringer. Martha Aykut hat eine einfache Erklärung für die Entwicklung. „Es sind jetzt viele Analphabeten in den Kursen, die bringt man nicht so schnell auf B1-Niveau.“

Gar nicht erfasst sind jene Teilnehmer, die den Sprachkurs abbrechen und gar nicht zum Test erscheinen. Deshalb gibt es bundesweit immer wieder Kritik an den veröffentlichten Zahlen zu den Sprachkursabschlüssen. Manche Schätzungen behaupten, dass bis zur Hälfte der Teilnehmer die Kurse nicht abschließen. Bis jetzt ist die Abbrecherquote aber kaum zu ermitteln. Das soll sich mit dem eingeführten Rückmeldesystem in Stuttgart ändern. Martha Aykut geht davon aus, dass bis in einem halben Jahr in Stuttgart erste Zahlen vorliegen werden, die auch über die Abbrecherquote Aufschluss geben werden.

Die Niveaustufen der Sprachkurse:

Die Sprachkurse haben drei Niveaustufen: A, B, C. A1: Der Anfänger kann alltägliche Ausdrücke und einfache Sätze verstehen und verwenden. A2: Man kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, etwa zu Person, Familie, Einkaufen. B1: Man versteht die Hauptpunkte, wenn klare Standardsprache verwendet wird und es um vertraute Dinge geht. B2: Man versteht die Hauptinhalte komplexer Texte, im Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. C1: Man versteht ein breites Spektrum anspruchsvoller Texte und erfasst implizite Bedeutungen. Man kann sich fließend ausdrücken. C2: Man versteht mühelos praktisch alles, was man liest oder hört. Für eine Berufsausbildung wird B2 und mehr verlangt.