Verkehrsminister Winfried Hermann. Foto: Leif Piechowski

Genossen der Regierungsfraktion sagen, die Bahn wolle die Gäubahn-Züge unverändert direkt zum Flughafen führen.

Stuttgart - Den Kampf gegen Stuttgart 21 mit dem achtgleisigen Tiefbahnhof haben Winfried Hermann und die Grünen in der Landesregierung verloren. Jetzt kämpft der Verkehrsminister gegen den von der Bahn vorgesehenen Mischverkehr zum Flughafen.

Schnelle Züge und langsame S-Bahnen auf gleichem Gleis seien „ein eigentlich nicht genehmigungsfähiger Murks“, urteilte Hermann im Interview mit unserer Zeitung. Er wirbt dafür, am Bahnhof Vaihingen durch einen neuen Bahnsteig den Umstieg aus IC- und Regionalzügen auf die S-Bahn zu ermöglichen. Der Mischverkehr entfiele, der nötige Umbau der S-Bahn-Station Flughafen auch.

Hermann will dagegen den Beibehalt der heutigen Gäubahn durch den Stuttgarter Westen und deren Anschluss an den Tiefbahnhof. „Es gibt ganz oben (bei der Bahn) ein großes Verständnis für unsere Variante“, sagt Hermann. Wo „ganz oben“ bei der Bahn ist, lässt er offen. Jedenfalls über Abteilungsleier-Ebene. Auf Augenhöhe mit Ministern stehen die Vorstände.

„Herrn Hermanns Vorschlag ist jetzt schon gestorben“, sagt Drexler

Keinerlei Verständnis für die Hermann-Variante gibt es beim Koalitionspartner SPD. „Herrn Hermanns Vorschlag ist jetzt schon gestorben“, sagt Wolfgang Drexler, Abgeordneter aus Esslingen, und bei den Sozialdemokraten Sprecher für Infrastrukturprojekte. Regierungsmitglieder der SPD hätten mit „höchsten Bahn-Vertretern“ gesprochen, versichert Drexler. Also auch mit Vorstandsmitgliedern, von denen beim Thema Stuttgart 21 genau genommen nur zwei infrage kommen: Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube und Technikvorstand Volker Kefer. Man könne keinesfalls bestätigen, dass die Bahn „für alles offen“ sei, wie Hermann vermelde, sagt Drexler, der im Nebenjob zeitweise S-21-Sprecher war.

„Sowohl die SPD-Regierungsmitglieder als auch unsere Landtagsfraktion sind gegen den Vorschlag Hermanns – Stadt und Region als Mitzahler an dem bis zu 4,5 Milliarden Euro finanzierten Infrastrukturvorhaben und unseres Wissens die Bahn auch“, kritisiert Drexler den Vorstoß des Ministers: „Man muss den Leuten im Filder-Dialog reinen Wein einschenken, darf ihnen nichts vorgaukeln“, so Drexler.

Bisherige Pläne treffen auf Widerstand direkter Anwohner der Trasse und mehrerer Filder-Kommunen

Beim von Land und Bahn organisierten Filder-Dialog trafen sich vergangenen Samstag erstmals 152 Bürger in Leinfelden, um über Alternativen zu sprechen. Die bisherigen Pläne treffen auf den Widerstand direkter Anwohner der Trasse und mehrerer Filder-Kommunen. Dialog-Moderator Ludwig Weitz ließ am Samstag sechs Varianten zur sogenannten Antragstrasse der Bahn vorstellen. „Man kann den Leuten nicht sagen, dass alle gehen“, warnt Drexler, den Dialog wie bisher weiterzuführen. Gesprochen werden könne ausschließlich über „die Direktanbindung der Gäubahn an den Flughafen“. Das schließe den SPD-Vorschlag eines neuen Fernzug-Gleises entlang der Autobahn ein. Dass es dafür keinen Finanzier gibt, „haben wir nicht verheimlicht“, sagt Drexler.

Nach Lesart der Sozialdemokraten könnten beim nächsten Dialog am Freitag, 29. Juni, nur noch die Verschiebung des am Flughafen auch geplanten neuen Fernbahnhofs näher zur S-Bahn-Station oder unter das Bosch-Parkhaus sowie der SPD-Vorschlag besprochen werden. Eine derartige Beschränkung könnte zum Ausstieg diverser S-21-Protestgruppen führen. Beim Arbeitskreis S 21 der Stadt Leinfelden-Echterdingen zeigten sich diese am Montag frustriert über den von Moderator Weitz eingeschlagenen Kurs, keine Fragen zuzulassen. Weitz lenkte am Dienstag beim Treffen der den Dialog vorbereitenden Spurgruppe ein. Alle Teilnehmer sollen vorab Infos bekommen, am 29. Juni Fachleute anwesend sein. Ungeachtet des Koalitionsstreits sollen alle sechs Alternativen weiter zur Debatte stehen.

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