Premierministerin May wollte eigentlich das Königliche Hoheitsrecht nutzen, um am Parlament vorbei den Brexit zu beantragen. Doch der High Court macht ihr nun einen Strich durch die Rechnung. Der Fall rüttelt an den Grundfesten der britischen Verfassung.
London - Die britische Regierung darf den Ausstieg aus der EU nur mit Zustimmung des Parlaments beantragen. Das entschied das Hohe Gericht in London am Donnerstag. Die Regierung sprach von einem „enttäuschenden“ Urteil und kündigte Berufung vor dem Obersten Gerichtshof an.
Die britische Premierministerin Theresa May hatte vor wenigen Wochen erklärt, bis zum 31. März 2017 gemäß Paragraf 50 der Lissaboner Verträge in Brüssel den Austritt aus der EU anzumelden. Die Frage, mit der sich nun der High Court beschäftigte, dreht sich darum, ob sie das ohne Zustimmung des Parlaments darf oder nicht.
May will dafür das königliche Hoheitsrecht nutzen, das in der Vergangenheit nur vom britischen Königshaus genutzt wurde. Dessen Befugnisse sind aber mittlerweile auf die Regierung übergegangen. Unter anderem können damit so weitreichende Entscheidungen wie eine Kriegserklärung ohne Parlamentsabstimmung beschlossen werden. Auch bei der Verhandlung von Verträgen kam das Hoheitsrecht bereits zur Anwendung.
„Die Regierung ist entschlossen, das Ergebnis zu respektieren“
Die drei Richter des High Court entschieden aber am Donnerstag, dass die Regierung nicht die Vollmacht habe, dieses Hoheitsrecht beim Brexit-Antrag einzusetzen. Das Gerichtsurteil in diesem Fall gilt über den Brexit-Antrag hinaus als wegweisende Entscheidung zur Machtteilung zwischen Regierung und Parlament in Großbritannien.
Die britische Finanzunternehmerin Gina Miller, die für einen Verbleib ihres Landes in der EU war, hatte gegen die Nutzung des Hoheitsrechts geklagt. Wie wichtig der Fall für die Regierung ist, wurde auch dadurch deutlich, dass May Generalstaatsanwalt Jeremy Wright persönlich mit dem Fall beauftragte.
Im Anschluss an den Brexit-Antrag der Regierung würden die konkreten Verhandlungen über den Ausstieg aus der EU beginnen, die binnen zwei Jahren abgeschlossen sein sollen. Die Briten hatten sich in einem Referendum im Juni mehrheitlich dafür ausgesprochen, der EU den Rücken zu kehren. Mays Vorgänger David Cameron trat daraufhin zurück.
Die Regierung erklärte nach dem Urteil, das britische Volk habe in dem Referendum für den Ausstieg gestimmt. „Und die Regierung ist entschlossen, das Ergebnis dieses Referendums zu respektieren.“