Aus einem Damm werden manchmal nur 20 Spargelstangen geerntet – normalerweise sind es vier bis fünf Kilo. Foto: Gottfried Stoppel

Das kalte Wetter im April hat den Spargel regelrecht frostgeschockt. Das wirkt sich fatal auf den Ertrag aus: Bei einem Spargelbauer aus Fellbach hat sich die Ernte halbiert.

Fellbach - Die niedrigen Temperaturen im April haben dem Spargel zugesetzt, insgesamt gab es 15 Frosttage. So viele wie in den letzten 30 Jahren nicht, sagen die Meteorologen. Sie führen darüber Buch, und ihre Aufzeichnungen zeigen, dass am vergangenen Donnerstag mit elf Grad die ersten „milden Morgentemperaturen in diesem Jahr“ in der Region registriert worden sind. Da war ein Drittel dieses Jahres schon vorbei.

Die geringe Ernte erklärt auch die hohen Preise

Mit diesen Negativ-Rekorden geht der April 2021 in die Annalen ein. Es sind nicht die einzigen negativen Schlagzeilen, die er hinterlässt. Philipp Bauerle, Juniorchef bei „Früchtle vom Schmidener Feld“ kann da mitreden. Bei ihm im Betrieb sollte die Spargelernte jetzt eigentlich in vollem Gange sein, aber frostige Nächte, mangelnder Sonnenschein und häufiger kalter Wind haben das Wachstum der weißen und grünen Stangen bis Mitte vergangener Woche regelrecht frostgeschockt. „Wir ernten im Vergleich zu den anderen Jahren nur etwa halb so viel Spargel“, sagt Bauerle und erklärt so auch die vergleichsweise hohen Preise. Normalerweise würden aus einem Damm vier bis fünf Kilo geerntet, jetzt seien es manchmal nur 20 Spargelstangen. Und ohne wärmeregulierende Folie wären es noch weniger.

„Spargel gedeiht gut, wenn die Temperatur im Damm 16 Grad beträgt“, schildert Bauerle das Dilemma. Die wird erreicht, wenn es nachts nicht kälter als zehn Grad wird und tagsüber um die 20. Mit der Spargelernte konnte er dieses Jahr zwar so früh beginnen wie noch nie, Mitte März, aber für die „Wohlfühltemperatur“ in den angehäufelten Dämmen, aus denen dann die weißen und grünen Köpfe schauen, hat es bis Ende der vergangenen Woche nie gereicht.

Das wirkt sich fatal auf den Ertrag, aber nicht auf die Qualität der Spargel aus. Letztere ist gut, Geschmack und Aroma sind zart und zeigen Charakter, bei der Menge gibt es aber herbe Einbußen. „50 Prozent weniger und ein wesentlich höherer Arbeitsaufwand“, sagt Bauerle und erklärt, dass die Erntehelfer an einem Damm lange Wege zurücklegen, die reifen Spargel stehen in großem Abstand, der Sammelbehälter füllt sich viel langsamer.

Spargel stechen ist nach wie vor reine Handarbeit

Spargel stechen ist nach wie vor reine Handarbeit. Sie wird vornehmlich mit Erntehelfern gestemmt, die aus osteuropäischen Ländern nach Deutschland kommen. Auch Philipp Bauerle beschäftigt sie. Er ist erleichtert, dass sich die coronabedingt schwierige Situation im Vergleich zum Vorjahr verbessert hat. Die Vorgaben sind klar formuliert: Die Erntehelfer dürfen nur mit einem negativen, tagesaktuellen Coronatest einreisen und müssen dann bei ihrer Ankunft im Betrieb in eine sogenannte „Arbeitsquarantäne“. Das bedeutet, dass sie in der Gruppen-Konstellation, in der sie einreisen und ankommen, auch die ersten zehn Tage separat untergebracht sind und keinen Kontakt zu den anderen Erntehelfern haben dürfen.

Auf dem Feld arbeiten dürfen sie jedoch. „Da ist jeden Tag dasselbe Team auf demselben Feld“, beschreibt Bauerle seine Organisation. Er achte darauf, dass die Vermittler schon im Herkunftsland Gruppen von acht Personen zusammenstellen, die dann gemeinsam im Bus anreisen. Leider kommen dadurch Erntehelfer, die in den letzten Jahren regelmäßig bei Bauerle waren, weniger zum Zug. „Wenn es nur drei Leute, etwa ein Ehepaar und noch ein Verwandter, sind, dann passen sie nicht in das Raster der Achter-Gruppen“, bedauert auch Seniorchefin Karin Bauerle. „Wir haben halt nicht mehr Platz zum Separieren in den Unterkünften.“

Letztes Jahr durften die Erntehelfer nur mit dem Flugzeug kommen. Jetzt melden sie sich online an, den Rest machen die Vermittler. Philipp Bauerle wird mit weitaus weniger Saison-Arbeitskräften als in den Vorjahren auskommen – rund 60 sind es aktuell. Wenn die Erdbeerernte beginnt, kommen weitere 20 dazu. Früher waren zum Höhepunkt der Spargel- und Beerenzeit bis zu 120 Erntehelfer eingesetzt. Dieses Jahr sind es ein Drittel weniger. Und das bei halber Erntemenge. „Ganz schlimm ist es beim grünen Spargel“, sagt Bauerle. Bei den tiefen Temperaturen der letzten Wochen „hängt der schon die Köpfe, sobald die aus der Erde schauen“. Das wirkt sich auch auf die Preise aus – beim weißen Spargel kostet ein Pfund von der 1a-Ware knapp sieben Euro, der grüne ist fast doppelt so teuer. Die Verbraucher lassen sich von den Preisen offensichtlich nicht schrecken, „die Nachfrage ist groß“, sagt Karin Bauerle.