In der Rechbergstraße in Kornwestheim waren die Stadtwerke bereits aktiv, um das Wärmenetz auszubauen. Foto: /Simon Granville

In Kornwestheim, Bietigheim-Bissingen und Tamm werden in diesem Jahr wieder zusätzliche Leitungen verlegt. Mancherorts sind die Pläne sehr ambitioniert, andernorts steht man noch vor ungelösten Fragen.

Nicht erst der Anstieg der Gaspreise und die Diskussionen um das neue Heizungsgesetz haben den Siegeszug der Fernwärme befeuert. Schon seit Jahren sind etliche Städte und Gemeinden im Landkreis Ludwigsburg dabei, ihren Einwohnern eine Alternative zu ihren Öl-und Gaskesseln zu bieten. Nun steht in einigen Orten jedoch ein umfassender Ausbau der Netze an.

Zwei Kilometer Fernwärmeleitungen pro Jahr

Ordentlich Tempo wird in Tamm gemacht. Erst im vergangenen Jahr wurden die Stadtwerke als Tochtergesellschaft der Stadt gegründet und mit den Arbeiten am Wärmenetz begonnen. „Bis zum Ende des Jahrzehnts wollen wir im alten Ortskern mit der Wärmewende fertig sein“, erklärt Anselm Laube, Geschäftsführer der Energieagentur Kreis Ludwigsburg, kurz LEA. Damit sei man dort schneller, als die Vorgaben von Bund und Land verlangen. Das Projekt haben die Stadt und die Energieagentur gemeinsam auf den Weg gebracht. Das Ziel ist es, in Tamm eine preisstabile und klimaneutrale Wärmeversorgung zu schaffen.

Jedes Jahr sollen dort zwei neue Kilometer Fernwärmeleitungen verlegt werden. Der Zeitplan sei fordernd, aber machbar, betont Laube. „In 20 Jahren muss dort niemand mehr eine Gasheizung betreiben“, sagt er. Im aktuellen Jahr werden unter anderem Anschlüsse im Bereich des Bahnhofs verlegt.

Nicht nur alle Haushalte südlich und westlich der Bahn können einen Anschluss erwarten. Auch in den Stadtteil Hohenstange wird die Fernwärme kommen. Dort wurde mit dem Neubaugebiet an der Calwer Straße begonnen. In zwei bis drei Jahren sei damit zu rechnen, dass auch dort die ersten Ausbaumaßnahmen bei der Fernwärme starten.

Für einige Jahre kommen noch Holzschnitzel zum Einsatz, um Wärme zu produzieren. Eine Biogasanlage zwischen Tamm und Markgröningen soll künftig erneuerbare Wärme für die angeschlossenen Haushalte liefern. Bislang ist sie allerdings noch nicht ans Netz angeschlossen. Auch Solarthermie und Wärmepumpen sollen bald die Energieerzeugung für das Netz gewährleisten. Bis 2030 soll Tamm klimaneutral mit der Fernwärme versorgt werden.

Fokus auf Nachverdichtung in allen Netzen

Für Kornwestheim und Ludwigsburg kündigen die Stadtwerke Ludwigsburg/Kornwestheim (SWLB) ebenfalls einen Ausbau an. Schon jetzt erstreckt sich das Wärmenetz in Teilen der beiden Städte über mehr als 90 Kilometer und versorgt mehr als über 1600 Wohnungen, Häuser und Betriebe.

In Kornwestheim ist ein Ausbau südlich und nördlich des Salamanderparks geplant, also in der Ludwig-Herr-Straße und der Hornbergstraße. Die Arbeiten beginnen im September und ziehen sich bis ins Jahr 2025. Von kommenden Jahr an werden auch in der Ludwigsburger Straße und einem Teil der Pflugfelder Straße Leitungen verlegt. In Ludwigsburg soll 2023 und 2024 der Fokus auf Nachverdichtungen in allen Netzen gelegt werden, teilen die SWLB auf Nachfrage mit. Ab 2025 wolle man die Geschwindigkeit des Ausbau massiv steigern.

Eine Herausforderung in den beiden Städten ist es, zunächst weitere Energiezentralen zu bauen. Erst dann sei ein weiterer Ausbau in größerem Umfang möglich. Das bedeutet, dass zusätzliche Standorte für die Energiezentralen gefunden werden müssen. Erst auf dieser Basis kann der weitere Netzausbau konkret geplant werden.

Perspektivisch streben die SWLB an, die beiden Städte in einem großen Verbundnetz zusammenzuschließen. Dazu sollen die Leitungen an der alten B 27 zwischen Ludwigsburg und Kornwestheim bis zur Ludwig-Herr-Straße oder zur Stuttgarter Straße in der Salamanderstadt verlängert werden.

Starke Verunsicherung

In den Wohngebieten Buch und Kreuzäcker sowie in Teilen der Innenstadt von Bietigheim-Bissingen ist Fernwärme bereits für öffentliche Einrichtungen und mehr als 1000 private Haushalte verfügbar. Derzeit wird die Energiezentrale Mitte gebaut. Sie soll als weitere Zentrale im Herbst in Betrieb gehen. Neue Trassen in der Altstadt sowie Verbindungsleitungen von den Heizkraftwerken Buch und Kreuzäcker werden momentan schon gebaut oder sind in Planung, teilen die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen (SWBB) mit. Abgestimmt mit der kommunalen Wärmeplanung, soll das Netz auch in den kommenden Jahren ausgebaut werden.

Wie Anselm Laube erklärt, gibt es auch in anderen Kommunen im Kreis Ludwigsburg Pläne, Wärmenetze auf- oder auszubauen. Nur in wenigen Städten und Gemeinden wie Remseck und Walheim sei bislang wenig passiert. Der Geschäftsführer der LEA hat die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen derzeit stark verunsichert sind. Von der Politik brauche es verlässliche Rahmenbedingungen. Er empfiehlt Eigentümern, die kommunalen Wärmeplanungen abzuwarten. „Nur wenige sind gezwungen, schon jetzt etwas zu ändern.“ Bei kaputten Öl- und Gasheizungen rät die Agentur zur Reparatur.

Überregional beachtetes Vorzeigeprojekt aus Steinheim

Speziell
 In Steinheim soll mit Solnet ein Wärmenetz entstehen, über das ob seines Vorbildcharakters sogar schon überregionale Medien berichtet haben. Ein ganzes Wohnquartier rund ums Schulzentrum soll via Solarthermieanlage, Wärmepumpe sowie einen bereits bestehenden Holzhackschnitzel-Kessel mit Wärme versorgt werden. Das Spezielle: Die Temperaturen in dem Netz werden dabei recht niedrig sein, um die Erneuerbaren effizient zu nutzen.

Kosten
 Die förderfähigen Gesamtausgaben betragen 9,7 Millionen Euro, wovon 6,6 Millionen Euro vom Bund bezuschusst werden können. Baugebinn soll 2024 sein. Aktuell wird per Simulation ermittelt, wie das Zusammenspiel der potenziellen Energieträger am besten austariert wäre. Zudem wird der Anschluss des Freibads an die Heizzentrale im Schulzentrum vorbereitet. Mittlerweile wurden auch mit allen möglichen Abnehmern im Quartier Gespräche geführt.