Bildungskonferenz 2014in Stuttgart: Ministerpräsident Kretschmann und Kultusminister Stoch Foto: dpa

Vier Bildungsveranstaltungen mit Ministerpräsident Kretschmann und Kultusminister Stoch stoßen der FDP-Fraktion im Landtag sauer auf. Sie wittert „Einseitigkeit“.

Stuttgart - Dürfen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) durch das Land ziehen und über die Bildungspolitik der Landesregierung informieren? Timm Kern, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, sieht in den Veranstaltungen der beiden Politiker eine Verletzung der Neutralitätspflicht. Warum bei den Veranstaltungen „Gemeinsam gute Bildung machen“ keine Vertreter der Opposition auf dem Podium saßen, wollte der Abgeordnete, der auch Gymnasiallehrer ist, in einer Anfrage an die Landesregierung wissen.

Zum Hintergrund: Vor einem Jahr luden Kretschmann und Stoch an einem Samstagmorgen Lehrer, Eltern, Schüler und andere Interessierte nach Stuttgart ein, um ihnen ihre bildungspolitischen Pläne zu präsentieren und mit ihnen zu diskutieren. Kretschmann verteidigte beispielsweise, dass Lehrerstellen abgebaut werden müssten – allerdings nicht so viele wie zunächst geplant. Stoch erklärte unter anderem, warum er auf die Gemeinschaftsschule setzt. Viele der 400 Zuhörer lobten, dass sich die beiden anschließend auch den kritischen Fragen aus dem Publikum stellten. Ähnliche Veranstaltungen gab es seither auch in Mannheim, Karlsruhe und zuletzt im Juni in Ulm.

Es gehöre zu den Aufgaben der Landesregierung, „der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Aufgaben darzulegen und zu erläutern“, antwortete Kultusminister Stoch jetzt auf die Anfrage des FDP-Abgeordneten. Das stehe nicht im Widerspruch zu der Vorgabe, dass bei Diskussionen an Schulen Vertreter von Regierung und Opposition eingeladen werden sollen.

Vorsitzender des Landeselternbeirats warnt vor „Rattenfängern“

Kern ärgert aber nicht nur, dass er und die CDU bei den Veranstaltungen außen vor blieben, sondern vor allem, dass in Ulm „ein Vertreter der FDP-Fraktion“ verbal angegriffen wurde. Dort warnte der Vorsitzende des Landeselternbeirats vor „Rattenfängern“ und nannte den FDP-Mann sowie den Vorsitzenden des Philologenverbands. Die beiden hatten in den Wochen zuvor ein vom Kultusministerium in Auftrag gegebenes Arbeitspapier zum Gymnasium der Zukunft zerpflückt. Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist auf der Internetseite des Ministeriums zu sehen.

Da Kretschmann und Stoch sich von dieser „verbalen Entgleisung“ weder „distanzierten“, noch „mäßigend eingriffen“, müssten sie sich fragen lassen, ob sie tatsächlich als überparteiliche Regierungsvertreter fungierten“, schrieb Kern in seiner Anfrage. Ob sie das wenigsten im Nachhinein tun wollten? Nein, wollten sie nicht. „Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, die Meinung und Äußerungen des Vorsitzenden eines Beratungsgremiums des Kultusministeriums zu bewerten“, lautet Stochs Antwort. Ebenso wenig sei es Regierungsangelegenheit, „audiovisuelle Dokumentationen nachträglich zu verändern“.

Übrigens: Auch zu Zeiten der CDU-FDP-Koalition suchten Kultusminister das Gespräch mit der Öffentlichkeit. Im Februar 2010 kündigte der damalige Amtsinhaber Helmut Rau (CDU) eine 2,5 Millionen Euro teure Informationskampagne an. Er, sein Staatssekretär und Vertreter der Schulämter planten 50 Veranstaltungen – doch drei Wochen später musste Rau gehen. Die FDP hätte er aber wohl nie zu Diskussionen mitgenommen, weil deren Landeschefin Chefin ihn regelmäßig kritisierte. Die damalige Opposition – SPD und Grüne – erklärten seinerzeit, die Schüler bräuchten keine teure Werbekampagne, sondern bessere Förderung.