Es kommt nicht häufig vor, dass Ostern, Pessach und Ramadan im selben Zeitraum liegen. Religionsvertretern gibt das Gelegenheit, ein gemeinsames Anliegen zu betonen.
An diesem Freitag kommen sich die drei auf Abraham zurückgehenden Religionen – das Christentum, das Judentum und der Islam – auffallend nahe. Kalendarisch in jedem Falle. Darauf hat der Rat der Religionen aufmerksam gemacht, in dem sich 20 Religionsgemeinschaften zusammengeschlossen haben mit dem Ziel, das Verständnis und den Dialog der Religionen in Stuttgart untereinander und mit der Stadtgesellschaft zu fördern.
Der Freitag gibt Gelegenheit dazu, denn an diesem 15. April fallen der christliche Karfreitag, der Vorabend des jüdischen Pessachfestes, mit dem an den befreienden Auszug der Israeliten aus Ägypten erinnert wird, und der muslimische Fastenmonat Ramadan zeitlich zusammen – eine seltene Konstellation. Die Daten für diese herausgehobenen Tage variieren in den drei Religionen von Jahr zu Jahr, abhängig von Mond, Sonne und unterschiedlichen Kalendern.
Im Jahr 325 wurde festgelegt, wann Ostern ist
Zwischen Pessach und Ostern besteht historisch gesehen eine Verbindung. Nach dem Johannesevangelium wurde Jesus am Vortag der Pessachwoche gekreuzigt – an einem Freitag. Die Christen glauben, dass er am dritten Tag auferstanden ist. Demnach an einem Sonntag. Dennoch finden das Pessachfest und Ostern nicht parallel statt. Auf dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 wurde festgelegt, dass das Osterfest grundsätzlich an einem Sonntag gefeiert wird (am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond). Das Pessachfest kann dagegen an jedem Wochentag beginnen. Bei dem religiösen Kalender der Juden handelt es sich um einen sogenannten lunisolaren Kalender. Er orientiert sich an den Mondphasen, berücksichtigt aber auch die von der Sonne bestimmten Jahreszeiten. So ist sichergestellt, dass das Pessachfest immer im Frühling stattfindet.
Der islamische Kalender richtet sich strikt nach dem Mond. Anders als die Juden schieben die Muslime keine Schalttage ein, um die Mondphasen mit dem Sonnenjahr in Einklang zu bringen. Der neunte Monat, der Fastenmonat Ramadan wandert damit gewissermaßen durchs Sonnenjahr und wird mal im Frühjahr, mal im Sommer, mal im Herbst gefeiert – in diesem Jahr vom 2. April bis zum 2. Mai, und damit zufällig in einer Zeit, in der auch das Pessachfest (15. bis 23. April) und Ostern gefeiert werden.
Der Rat der Religionen setzt einen positiven Impuls
Ali Ipek, Vertreter der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) im Rat der Religionen, nimmt dies zum Anlass, um bei aller Verschiedenheit das gemeinsame Anliegen der drei Religionen zu sehen: „Wir haben die Absicht, etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun und ein friedliches Zusammenleben zu fördern“, betont er. Ein Impuls, der bereitwillig aufgegriffen wird. Rabbiner Yehuda Pushkin von der jüdischen Gemeinde in Stuttgart kann trotz der unterschiedlich gelagerten Feiertage in dem zeitlichen Zusammenspiel ebenfalls ein Symbol „für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft“ sehen. „Und was ist schon zufällig?“, fragt er mit einem Lachen.
Der katholische Stadtdekan Christian Hermes registriert das gemeinsame Datum erfreut: „Drei zentrale Festzeiten der großen abrahamitischen Religionen fallen zusammen: Fastenzeit und Ramadan, der Abend des Seder-Mahles im Judentum, das auch Jesus mit seinen Jüngern gefeiert und dann Brot und Wein als Zeichen seiner Lebenshingabe gedeutet hat, schließlich das Pessachfest selbst und der Karfreitag. Im Rat der Religionen nehmen wir mit interreligiöser Sympathie wahr, dass wir nun alle eine heilige und hoffentlich auch heilsame Zeit feiern. Möge sie Reinigung, Befreiung und neue Lebenskraft geben – gerade in dieser Zeit!“
„Wir feiern unsere jeweiligen Feste in gegenseitiger Achtung“
Pfarrerin Monika Renninger, die in Stuttgart das evangelische Bildungszentrum Hospitalhof leitet, betont ihrerseits: „Pessach erzählt vom Wunder der Befreiung zu einem Leben in Freiheit und Verantwortung. Ostern deutet dieses Wunder im Blick auf den Leidensweg Jesu und die Auferstehung, den Sieg des Lebens über den Tod, es feiert Versöhnung. Im Ramadan-Monat wird der Verzicht und die Unterstützung der Bedürftigen und die Fürsorge füreinander in den Mittelpunkt gestellt.“
Für Renninger zeigt sich: „In allen diesen Aspekten wird die Kraft einer religiösen Haltung und der Beitrag der Religionen für die gesamte Gesellschaft deutlich. Als Glaubensgemeinschaften feiern wir unsere jeweiligen Feste in gegenseitiger Achtung und Wertschätzung in diesen Tagen.“