Tenor Robert Reinelt und Pianist Yu Tashiro treten im Haus Guldenhof auf. Foto: Simon Granville

Eine Idee des Stargeigers Yehudi Menuhin zeitigt Wirkung im Strohgäu. Doch um die Bewohner zu unterhalten, sind viele Ehrenamtliche aktiv.

Der Pianist Yu Tashiro und der Tenor Robert Reinelt sind zu Gast in Ditzingen. Die beiden Studenten der Hochschule für Musik und Darstellende Künste Stuttgart sind zugleich Stipendiaten des Vereins Yehudi Menuhin Live Music Now – und konzertieren am Donnerstagnachmittag im Pflegezentrum Haus Guldenhof.

 

Erstmals in Ditzingen

In Ditzingen seien sie das erste Mal, sagt Bea Boeker. Sie betreut die beiden Musiker an diesem Tag. Sie macht dies ehrenamtlich , die Musiker erhalten eine Aufwandsentschädigung. So ist es in allen Orten in der Region Stuttgart, in denen Künstler über den Verein Live Musik Now Stuttgart in sozialen Einrichtungen auftreten – ob in Altenheimen, im Hospiz, in Krankenhausern, Kinder- und Jugendheimen oder Gefängnissen. Das Programm ist auf die Zuhörer abgestimmt. Die Musiker moderieren das Konzert. Es sei für alle eine Win-Win-Situation, sagt Bea Boeker. 80 Stipendiaten gibt der Verein auf diese Weise derzeit die Möglichkeit, Konzertpraxis zu bekommen.

Deutschlandweit gibt es in 20 Orten Ableger des Vereins, der auf eine Idee des weltberühmten Violinisten Yehudi Menuhin zurückgeht. „Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude“ – das war eine seiner prägendsten Erfahrungen. Er verstand Musik als Kunst und Beitrag zu einer besseren Gesellschaft – und versuchte dies, mit der von ihm im Jahr 1977 gegründeten Organisation Live Music Now zu leben. Zugleich fördert der Verein junge, qualifizierte Künstler, die am Beginn ihrer Karriere stehen.

Die Stipendiaten müssen sich einem Auswahlverfahren stellen, in der Jury sitzen Professoren der Hochschule. „Es gibt mehr Bewerbungen als Aufnahmen“, sagt Boeker. 15 bis 20 Musiker werden jedes Jahr aufgenommen – sie sind maximal für fünf Jahre Stipendiat, wenn sie nicht vorher den Studienort wechseln oder in einem Orchester spielen.

Auf dem Programm im Guldenhof standen am Donnerstag unter anderem Werke von Jacques Offenbach und Johann Strauß, weniger bekannte und sehr bekannte Werke wie der Radetzky-Marsch.

So ungewöhnlich das Konzert mit klassischer Musik im Guldenhof vielleicht war, so ist es doch im Rahmen eines breiten Angebots zu sehen, das den Bewohnern gemacht wird. „Wir, die nicht in Einrichtungen leben, gehen auf Konzerte. Entsprechend versuchen wir, Konzerte ins Haus zu holen, damit die Bewohner ebenfalls in den Genuss von kulturellen Veranstaltungen kommen können“, sagt die Heimleiterin Sigrid Hessler.

Genüsse aber sind so vielfältig, wie Menschen verschieden sind. Also gibt es im Guldenhof seit jeher ein buntes Programm, das die Senioren auf unterschiedliche Weise ansprechen soll. Möglich wird das durch ein Miteinander von Heimleitung und Förderverein, das – so schildern es beide Seiten unabhängig voneinander – seit jeher „ausgesprochen gut“ sei.

Besuchshunde sind regelmäßig im Haus, Kaffeenachmittage werden angeboten, Clowns kommen – für alle aus Hirschlanden, ganz Ditzingen oder darüber hinaus. Es werden Singangebote gemacht, es gebe Märchenstunden und Vorträge, sagt die Vorsitzende Andrea Großmann. In diesem Kontext sei auch schon die Feuerwehr zu Gast gewesen, außerdem der Bürger- beziehungsweise Oberbürgermeister.

Die Pandemie habe große Auswirkungen gehabt, sagen Großmann und Hessler. Die Besuche mussten ausfallen. Inzwischen aber haben die Besuche Vor-Corona-Niveau erreicht.

Ohne Ehrenamt nicht möglich

Ob der Verein Live Music Now oder die vielen Einzelpersonen und Gruppen, die dem Haus zum Teil seit Jahre verbunden sind – ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre das Programm nicht möglich, dessen sind sich die Verantwortlichen sicher. Wenn die Bewohner nicht in den Ort gehen können, kommt der Ort zu ihnen – das ist seit jeher der Leitgedanke des Fördervereins. Dieser war initiiert worden, noch ehe das Haus gebaut war. Maßgeblich daran beteiligt war die damalige SPD-Stadträtin Yvonne Kejcz. Sie wurde später zur Vorsitzenden des neuen Vereins – und führte diesen 18 Jahre lang. Im Sommer gab sie das Amt an Andrea Großmann ab.