Kommt Sahra Wagenknecht einem Parteiausschluss mit ihrem Austritt zuvor? Noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung fallen. Foto: dpa/Britta Pedersen

Es gibt einen erneuten Antrag auf Parteiausschluss gegen die parteiinterne Kritikerin des Kurses der Linkspartei. Eine Rolle spielt darin auch das Interview, das Wagenknecht kürzlich unserer Zeitung gegeben hatte.

Der Konflikt zwischen der Linkspartei und Sahra Wagenknecht erreicht eine neue Eskalationsstufe: Die Abgeordnete, die seit langem die Gründung einer eigenen Konkurrenzpartei erwägt und aktiv sondiert, soll aus der Linken ausgeschlossen werden. Einen entsprechenden Antrag hat nun eine Gruppe von 58 Unterzeichnern bei der Landes-Schiedskommission in Nordrhein-Westfalen eingereicht. Zu den Antragstellern gehören bekannte Linke wie der ehemalige Berliner Kultursenator Klaus Lederer, die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard und der ehemalige Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler. Einer der Initiatoren des Ausschlussantrags ist auch das Stuttgarter Mitglied des Bundesvorstands Luigi Pantisano.

2021 war ein Ausschlussantrag gescheitert

Es ist nicht das erste Mal, dass die NRW-Schiedskommission über den Ausschluss der prominenten Kritikerin entscheiden muss. Das Gremium hatte bereits 2021 einen Antrag abgewiesen. Damals war es in der Begründung des Begehrens vor allem um Wagenknechts Buch „Die Selbstgerechten“ gegangen, in dem sie Auffassungen zur Klima- und Migrationspolitik darlegte, die nicht mit dem Kurs der Partei kompatibel waren. Der Kommission hatte das aber nicht als Grund zum Ausschluss gereicht.

Nun aber glauben die Unterzeichner des neuerlichen Antrags, dass die Dinge anders liegen. Tatsächlich ist inzwischen viel passiert. Nicht nur unterstreicht Wagenknecht regelmäßig, dass sie die Linke für unrettbar auf dem falschen Weg sieht. Sie macht auch kein Geheimnis daraus, dass sie sehr ernsthaft die Gründung einer neuen Partei in Konkurrenz zur Linken plant und lediglich die Klärung organisatorischer Fragen vor der endgültigen Entscheidung stehen.

„Andauernder und schwerer Schaden“

In der Begründung des Antrags spielt unter anderem auch das Interview eine Rolle, das Wagenknecht Anfang des Monats unserer Zeitung gegeben hatte. Darin hatte sie das Kernanliegen einer neuen Partei beschrieben und die nicht mehr überbrückbaren Unterschiede zur offiziellen Linie der Linkspartei aufgezeigt. In dem Interview habe sie Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen „trotz entgegenstehender Parteibeschlusslage“ gefordert, heißt es in der Antragsbegründung. Zudem habe sich sich in dem Interview wie schon zuvor positiv auf das Gemeinsame Europäische Asylsystem bezogen, „das die Linke aufs Schärfste verurteilt“.

Kernpunkt der Argumentation sind aber die Folgen der Dauer-Spekulationen über die Parteigründung für die Linke. Diese „fügen der Partei einen andauernden und schwerwiegenden Schaden zu“, heißt es in der Begründung. „Die Darstellung der Linken als eine zur Lösung der Probleme der Menschen untauglichen Partei, gerade bezüglich ihres Kernanliegens der Erreichung sozialer Gerechtigkeit, die eine Parteineugründung erforderlich mache, führt zu einem massiven Glaubwürdigkeits- und Ansehensverlust der Partei“, heißt es weiter. Damit werde das Erscheinungsbild der Partei schwerwiegend beeinträchtigt. Diesmal werden die Chancen auf Annahme des Antrags allgemein als erheblich besser eingestuft. Der ehemalige Parteivorsitzende der Linken, der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger, nannte den Antrag im Gespräch mit unserer Zeitung „völlig verständlich“. Die Linke könne nicht zulassen, dass Wagenknecht und ihr Umfeld „den Rhythmus der Auseinandersetzung diktieren“.

Mit einer Entscheidung der Schiedskommission wird im Dezember oder Januar gerechnet. Wagenknecht hat immer betont, dass die Entscheidung über eine eigene Parteigründung bis Ende des Jahres erfolgen solle. Die Termine überschneiden sich also. Der Stuttgarter Mit-Initiator des Ausschlussantrags, Luigi Pantisano, forderte Wagenknecht deshalb auf, „von sich aus den Anstand zu besitzen, jetzt selbst zu gehen, ihr Bundestagsmandat niederzulegen und keinen Mandatsklau zu begehen, indem sie weiter im Bundestag bleibt“.