Stefan Mappus, der designierte Ministerpräsident, umreißt bei der Tagung der deutschen Familienunternehmen seine politischen Ziele.

Baden-Baden. Wenn die deutschen Familienunternehmen jedes Jahr im Herbst in Baden-Baden tagen, sitzen das geballte Kapital und jede Menge Kompetenz am Tisch. Nicht umsonst wird das Treffen in Anlehnung an das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz gerne "das deutsche Davos" genannt.

Für Stefan Mappus kommt der Termin wie gerufen. Da ist es völlig einerlei, dass der 43-Jährige erst in ein paar Wochen zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wird. Hier kann der designierte Regierungschef beweisen, dass nicht nur Noch-Amtsinhaber Günther Oettinger etwas von Wirtschaft und Finanzen versteht, sondern dass auch er auf dieser Klaviatur spielen kann - nach dem Motto: Liebe Unternehmer, Baden-Württemberg wird auch unter meiner Führung ein unternehmerfreundliches Land bleiben. Genau so tritt Mappus in Baden-Baden auf. Er weiß, wie er die in der Großen Koalition geplagten Unternehmerseelen streicheln muss. "Es ist an der Zeit, dass die CDU wieder an der einen oder anderen Stelle klare Kante zeigt." Oder: "Der Mittelstand hat in der Wirtschaftskrise eine unglaubliche Standorttreue und soziale Mitverantwortung gezeigt. Das verdient meinen großen Respekt."

Aber Mappus ist keiner, der ob seines plötzlichen Karrieresprungs jetzt abhebt. "Wir werden noch eine ganze Weile mit den Folgen dieser Weltrezession zu tun haben." Er räumt ein, dass für die Firmen trotz der neuen (unternehmerfreundlichen) Bundesregierung "noch ein erheblicher Anpassungsdruck" entstehen wird. Er warnt vor einer "nächsten Blase", die da in den USA wächst, wo Spekulanten auf den schwachen Dollar wetten. Und er wehrt sich dagegen, dass "der Staat jetzt der bessere Unternehmer" sein soll: "Nach dem extremen Kasino-Kapitalismus sollte man nicht in das Heil der staatlichen Allmacht verfallen."

Je länger er spricht, desto öfter erhält er Applaus oder Zustimmung signalisierendes Kopfnicken. Wenn er für Werte wirbt, für eine "verbindende Ethik" und dabei betont, "dass der Markt keine moralfreie Zone" sein darf. "Mehr denn je" sei es wichtig, trotz Globalisierung das Augenmaß, die Bodenständigkeit zu pflegen und Selbstbewusstsein zu zeigen - auch in Richtung Europa. "Nicht jedes Problem der EU muss durch die EU gelöst werden", sagt er über die Vorschriften zum Schulobstprogramm.

Mappus, das wird in Baden-Baden wieder klar, redet gerne Klartext: "Leistung muss sich wieder lohnen", betont er zum Beispiel mit Blick auf den Länderfinanzausgleich: "Föderalismus heißt doch nicht, dass drei oder vier Länder den Rest der Republik subventionieren." Er werde es nicht widerstandslos hinnehmen, dass Bundesländer wie Berlin oder das Saarland im Gegensatz zu Baden-Württemberg keine Studiengebühren erheben und der Kindergartenbesuch kostenlos ist, dann aber Milliardensummen aus dem Südwesten brauchen, der sich dafür verschulden muss: "Dieses System ist pervers. Das geht in Zukunft nicht mehr."

So etwas hören die Familienunternehmer gerne. Aber auch der künftige Ministerpräsident weiß, dass populäre Ankündigungen allein nicht aus der Krise führen und keine Kassen füllen. Also skizziert er vor den Unternehmern seine politischen Leitlinien für die Zukunft. Ein Schwerpunkt: die Bildung. Dass 40 Prozent der Kinder mit ihren Eltern keine Probleme mehr erörtern können und 60 Prozent der Kinder nicht mehr vorgelesen wird, das mag Mappus trotz CDU-Parteibuchs nicht als gottgegeben hinnehmen. "Sprache lernt man durch Sprechen", meint er und setzt sich ein ehrgeiziges Ziel: "In Baden-Württemberg darf es kein Kind mehr geben, das ohne ausreichende Deutschkenntnisse in die Schule kommt."

Ein anderer Schwerpunkt: die Wirtschaftspolitik. Mappus will die Korrekturen bei der Erbschaftsteuer "so schnell als möglich", er möchte Änderungen bei der Unternehmenssteuer, er will an die kalte Progression ran und sich für Erleichterungen im Steuersystem einsetzen: "Es wäre ein wichtiges Signal, wenn jeder mal wieder seine Steuererklärung selbst hinbekommen könnte." Wieder gibt es Szenenapplaus. Und Mappus kündigt einen gewagten Vorstoß an: Um die Kreditversorgung der Unternehmen in den nächsten Monaten zu erleichtern, will er einzelne Vorschriften des umstrittenen Basel-II-Abkommens, das europaweit die Kreditvergabe regelt, vorübergehend aufheben: "Mein Ziel ist es, einige Eigenkapitalvorschriften auszusetzen." Viele Unternehmer hätten in der Krise "einen Teil ihres Kapitals aufgezehrt". Wenn nun nicht gegengesteuert wird, "werden wir 2010 massive Probleme bekommen".

Dann, nach gut eineinhalb Stunden, schließt Mappus. "Ich weiß, dass der Mittelstand eine Entlastungsperspektive braucht. Dafür werde ich mich einsetzen." Noch einmal gibt's Beifall. Und ein dickes Kompliment von Gastgeber Brun-Hagen Hennerkes, Vorstand der Stiftung Deutsche Familienunternehmer: "Wir danken Ihnen für diese klaren Perspektiven."