Der Kleinlaster brannte komplett aus – der Schaden lag bei 35 000 Euro. Foto: Karsten Schmalz

Ein Gericht verurteilt den Fahrer einer Spedition wegen Brandstiftung in Marbach zu einer 13-monatigen Bewährungsstrafe. Richter und Verteidiger geißeln die „moderne Sklaverei auf der Straße“.

Der Vorsitzende Richter Michael Reißer sprach von einer „Sauerei“, Rechtsanwalt Tobias Göbel von „moderner Sklaverei auf der Straße“. Ein Prozess vor dem Amtsgericht Heilbronn hat Einblicke in die teilweise unmenschlichen Praktiken im Speditionsgewerbe mit osteuropäischen Firmen und Fahrern gegeben.

Pausen wurden immer kürzer

Angeklagt war ein 33-jähriger Bulgare, der für eine Spedition in seinem Heimatland mit einem geleasten Kleinlaster auf Europas Straßen unterwegs war. 40 Tage lang sollte er dort fahren, bevor er für zehn Tage zu seiner Familie nach Bulgarien zurückkehren sollte. Vereinbart war dafür ein Tagessatz von 50 Euro, übernachten musste der Mann in seinem Kleinlaster. „Tatsächlich war er dann 50 Tage unterwegs, die Pausen wurden immer kürzer und für sechs Wochen schuldete ihm sein Arbeitgeber den Lohn“, berichtete Anwalt Göbel vor dem Schöffengericht.

In ein spezielles Dilemma geriet der 33-Jährige, als ihm Mitte Oktober wegen eines Verkehrsverstoßes der Führerschein entzogen wurde. Da er ohne diesen nicht nach Bulgarien zurückfahren durfte, stand er mit seinem Kleinlaster einen Monat lang auf dem Kaufland-Parkplatz in der Bahnhofstraße in Marbach. Regelmäßig wurde er von seinem Chef vertröstet, es komme jemand, der ihn abholen würde. „Anfangs habe ich von 200 Euro gelebt, die ich bei mir hatte. Dann von dem, was andere mir auf dem Parkplatz geschenkt haben“, sagte der Angeklagte.

Kleinlaster mit Benzin überschüttet

Am 15. November kamen zwei Landsleute von ihm, von denen einer sein Fahrzeug für weitere Fahrten übernehmen sollte. Er selbst sollte dort auf dem Parkplatz seinem Schicksal überlassen werden. „Ich habe dann meinen Chef angerufen und gefragt, ob das wahr sei. Und als er das bestätigte, habe ich rot vor Wut gesehen“, berichtete der geständige 33-Jährige, der seit Mitte November in Untersuchungshaft saß, weil er in Deutschland keinen Wohnsitz hat. Er übergoss den Kleinlaster mit Benzin aus einem Kanister und zündete ihn an. Das Fahrzeug brannte komplett aus, es entstand ein Schaden von rund 35 000 Euro. Ein Alkoholtest ergab einen Blutalkohol von rund 1,3 Promille.

„Gefährdet hat er aber nur sich selbst, da seine Jacke mit Benzinspritzern übersät war und er das Auto auf Armeslänge mit einem Feuerzeug angezündet hat“, erläuterte Rechtsanwalt Göbel. In der Nähe des Transporters hätten keine anderen Autos gestanden. „Er war in einer emotionalen Ausnahmesituation und nicht mehr Herr seiner Sinne“, sagte der Verteidiger in seinem Schlussplädoyer. Der 33-Jährige halte sich aber an die Gesetze, er hätte ohne Führerschein nach Bulgarien fahren können, anstatt einen Monat auf dem Parkplatz zu warten.

Die Staatsanwaltschaft zeigte Verständnis für die Situation des Angeklagten, forderte dennoch ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung. Für den Angeklagten spreche sein frühes Geständnis, mit dem er das Verfahren verkürzt habe, eine alkoholbedingte Enthemmung und eine mehr als nachvollziehbare Verärgerung.

Richter: So ein Schicksal wünscht man niemandem

Das Schöffengericht verurteilte den 33-Jährigen zu 13 Monaten Haft und blieb damit nur knapp über der Mindeststrafe von einem Jahr für vorsätzliche Brandstiftung. In das Urteil wurde auch der Richterspruch des Amtsgerichts Ludwigsburg wegen des Verkehrsdelikts einbezogen, mit dem der Bulgare zu 50 Tagessätzen verurteilt worden war. „Die Rauch- und Flammenentwicklung waren zwar enorm, aber so ein Schicksal wünscht man niemandem“, erklärte der Vorsitzende Richter Michael Reißer. Immerhin: Der 33-Jährige verließ das Gericht als freier Mann, der Haftbefehl wurde aufgehoben. Innerhalb von zwei Wochen muss er nach Bulgarien zurückreisen.