Eine nächtliche Protestaktion bei Berglen. Foto: 7aktuell.de/Kevin Lermer

Mahnfeuer und Traktorkundgebungen wurden beileibe nicht nur von Bauern besucht. „Es drückt überall“, sagt der Landwirt Peter Treiber.

Mahnfeuer neben stark befahrenen Verkehrskreuzungen, Protestplakate am Feldrand und Traktordemos in den Innenstädten: Wohl selten waren die Sorgen und Nöte der Landwirtschaft so im Bewusstsein der Bevölkerung präsent, wie in den zurückliegenden Tagen und Wochen. Der Schmidener Landwirt Peter Treiber sieht einen großen Rückhalt von Seiten der Bürger für die Forderungen der Bauernschaft – und im Kampf für einen steuerbefreiten Agrardiesel ein Symbol für die generelle Unzufriedenheit mit der Berliner Ampel-Koalition.

„Viele Menschen im Rems-Murr-Kreis stehen hinter unseren Aktionen“, sagt der 28-jährige Nachwuchs-Landwirt, der im Bauernverbands Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems im Vorstand sitzt. Teilnehmer an den Mahnfeuern seien auch Handwerker und Fuhrunternehmer gewesen – Branchen, die ähnlich wie die Landwirtschaft vergeblich auf den seit Jahren versprochenen Bürokratieabbau warten. „Es drückt überall“, sagt Treiber über das Gefühl, im beruflichen Alltag einer überbordenden Regulierungswut hilflos ausgeliefert zu sein.

Zu den Mahnfeuern im Rems-Murr-Kreis strömen hunderte Menschen

Tatsächlich waren die Teilnehmerzahlen an den kurzfristig angesetzten und oft nur über Social Media beworbenen Aktionen auch im Rems-Murr-Kreis bemerkenswert. Bei einem Mahnfeuer auf einem Acker bei Backnang wurden über 100 Traktoren gezählt, neben den Landwirten lockte der Feuerschein bei Glühwein und Grillwürstchen aber auch gut doppelt so viele Privatpersonen an. Gut 300 Teilnehmer hatte am Wochenende eine ähnliche Aktion beim Weinstädter Teilort Großheppach, die Mahnfeuer in Schorndorf und Berglen waren ähnlich besucht. Gut 150 Personen waren es auch in Fellbach, wo das Feuer zwischen Schmiden und der Stadtgrenze nach Stuttgart loderte.

Längst haben die Protestaktionen auch die lokalen Mandatsträger auf den Plan gerufen. Bereits vergangene Woche nannte der Backnanger Grünen-Politiker Ralf Nentwich die Sparpläne der Berliner Regierung „trotz jüngster Nachbesserungen für die Landwirtschaft unzumutbar“, durch den erhöhten Dieselverbrauch für die mechanische Unkrautbekämpfung auf den Feldern sei gerade der Öko-Landbau überproportional von der Subventionskürzung betroffen. „Die Steuerbefreiung für Agrardiesel, wie sie in anderen EU-Ländern wie Frankreich, Spanien und den Niederlanden gewährt wird, ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Lebensmittelproduktion“, warnte der ernährungspolitische Sprecher seiner Fraktion. Ein deutscher Alleingang könnte das Aus vieler kleiner und mittelgroßer Betriebe zur Folge haben.

Backnanger Grünen-Politiker sieht vor allem den Öko-Landbau bedroht

Dass es in einem dicht besiedelten Land mit hohen Lebenshaltungskosten neben der Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Landwirte auch um Versorgungssicherheit und um die Preise für die Verbraucher gehe, betonten die beiden CDU-Abgeordneten Christian Gehring und Siegfried Lorek. Verärgert zeigten sich die Landtagspolitiker über die Darstellung von Subventionen angeblich gut verdienender Landwirte. „Offenbar hat sich niemand die Mühe gemacht, die realen Stundenlöhne auszurechnen.“ Oft handle es sich um bäuerliche Familienbetriebe, bei denen generationsübergreifend sieben Tagen in der Woche angepackt werde. Ob sich die Bauernproteste nach der Großkundgebung in Berlin fortsetzen, vermag Peter Treiber nicht zu sagen: „Jetzt warten wir mal ab, wie der Bundestag entscheidet.“