Der Mais wächst, aber er leidet noch, das erfuhren rund 40 Teilnehmer bei der Gerlinger Felderrundfahrt. Foto: Jürgen Bach

Die Gerlinger Landwirte zeigen sich bei einer Rundfahrt über die Felder zuversichtlich. Trotz der Trockenheit kann wohl eine recht gute Ernte eingefahren werden. Aber es gibt auch Ärger: Um den Parkplatz an der Autobahn liegt oft Notdurft.

Zwei gute Nachrichten verkündete der Gerlinger Schultes zum Schluss der Felderrundfahrt: „Im Baugebiet Bruhweg II können die ersten Bauwilligen voraussichtlich 2026 loslegen, und in Sachen einer neuen Autobahnausfahrt gibt es nichts Neues zu sagen“, so Dirk Oestringer. Der Obmann der örtlichen Landwirte, Martin Sickinger, hatte zu der Tour über Stock und Stein Gemeinderäte, Berufskollegen und Bürger eingeladen. Mehr als 40 Interessierte waren gekommen und haben Platz auf den Traktoranhängern genommen.

Doch es ging an diesem Abend nicht so sehr um die Zukunft des neuen rund 13 Hektar großen Baugebiets, das einmal die Heimat von rund 1200 Neubürgen werden soll und wo sich auf einem Drittel der Fläche vorwiegend expandierende örtliche Gewebetriebe ansiedeln wollen sowie um die von Gerlingen abgelehnte neue Autobahnausfahrt an der A 81. Thema waren natürlich vorrangig der Stand und die Ernteaussichten der Feldfrüchte. Denn dieses Jahr ist ein recht problematisches für die Landwirtschaft: Ein nasser Winter und ein regenreiches Frühjahr gipfeln nun in einer langen Trockenperiode.

Nur noch fünf Landwirte im Ort

Doch schlecht sieht es auf den Feldern der Gerlinger Landwirte nicht aus, und sie erwarten eine recht gute Ernte. Fünf Landwirte sind aktuell noch im Ort tätig. „Vor 35 Jahren, als ich hier der Obmann war, waren es mehr als 40“, erinnert sich Rudolf Sickinger. Vor zehn Jahren hat er den Betrieb an seinen Sohn Martin übergeben. Der hat ihn in einen Bioland-Hof umgewandelt, hält aktuell an die 170 Milchkühe und baut auch selbst das Futter für sie an.

„Die Weizenähren haben ein gutes Volumen, das kann eine gute Ernte geben“, sind sich Martin Sickinger und Peter Jansen von der Baywa einig, die für die Landwirte ihr Getreide vermarktet. „Mit der Gerstenernte wurde vielerorts begonnen, jetzt geht es ratzfatz, und wenn es so weiter geht, ist bis Ende Juli die Ernte unter Dach und Fach“, meint Jansen. Was den Preis bei Weizen betrifft, hat er gute Nachrichten für die Landwirte. Der liegt gerade bei mehr als 210 Euro pro Tonne. Vor fünf Jahren gab es 160 Euro.

Wie geht es weiter mit dem Weizen aus der Ukraine?

„Das Preisniveau ist insgesamt angestiegen, obwohl es genügend Weizen gibt, es ist inzwischen ein Preis erreicht, den sich viele nicht mehr leisten können“, weiß der Fachmann von Baywa. Im vergangenen Jahr, nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, kostete eine Tonne sogar mehr als 300 Euro. „Das zahlt man sonst für Öko-Weizen“, sagt Peter Jansen. Doch beim Weizenpreis kann sich vieles noch am 17. Juli ändern „Da greift ein politscher Hebel in den Handel ein, es ist der Tag, an dem das Abkommen zwischen Russland und der Ukraine abläuft, das den Weizenexport über das Schwarze Meer und durch den Bosporus regelt“, erklärt Peter Jansen. Russland hat am Dienstag angekündigt, das in zehn Tagen auslaufende Getreideabkommen mit der Ukraine nicht verlängern zu wollen.

Derweil hält der Anhänger an einer Maisparzelle. Martin Sickinger erläutert hier, wie er als Biolandwirt mit mechanischem Hacken das Unkraut in Schach hält, was konventionell mit Chemikalien geschieht. Auch beim Düngen muss er mit Gülle und nicht mit Kunstdünger dafür sorgen, dass seine Pflanzen genug Nährstoffe haben. „Stickstoff ist der Motor für das Wachstum“, erläutert Peter Jansen. Die Maisaussaat ist dieses Jahr vier Wochen später als üblich erfolgt. „Er wächst noch, aber er leidet“, sagt Sickinger angesichts der Trockenheit. Es werde wohl keinen Körnermais geben. „Das wäre natürlich ideal, denn Körner liefern mehr Energie für meine Kühe“, sagt der Landwirt.

Einige Äcker weiter erläutert Martin Maisch, wie ihm die Trockenheit gerade einen Strich durch ein gefördertes, auf fünf Jahre angelegtes Verfahren für Futtermittelanbau macht. Ackerbohnen kommen zum Einsatz. Die speichern mit ihren Wurzeln Stickstoff, was der Maispflanze zugutekommt, und die Bohnen würden den Eiweißgehalt der Maissilage verbessern. Doch wegen der Trockenheit sind die Bohnenpflanzen verdorrt.

„Elendige“ Kartoffeln ärgern den Bio-Landwirt

„Der Winterweizen ist fast reif“, stellt Martin Sickinger bei einem Abstecher an einem Feld fest. „Da sind gute Böden, nicht umsonst heißt die Gegend Strohgäu“, sagt Peter Jansen. Etwa acht Tonnen Weizen pro Hektar seien schon möglich, in der Gegend von Möglingen und Schwieberdingen sogar mehr als zehn Tonnen.

„Die sind elendig“, urteilt Martin Maisch über ein Feld seiner Kartoffeln, wo gerade Halt gemacht wird. Er und ein weiterer Gerlinger Landwirt bauen diese für die Direktvermarktung über ihre Hofläden an. Die Knollen sind gerade mal walnussgroß. „Die reifen aber schon ab, und wenn es jetzt regnen sollte, dann keimen sie wieder.“ Auch macht ihm der äußerst starke Befall mit Kartoffelkäfern zu schaffen. „Wenn du da noch was retten willst, musst du dagegen spritzen“, kommt der Ratschlag vom Anhänger mit Besuchern. Über diese Lösung ist der Landwirt aber nicht erfreut.

Bauen sind sauer: Autofahrer verrichten Notdurft

Ein großes Ärgernis für die Gerlinger Landwirte ist der Zustand rund um den Parkplatz an der Autobahn. Der ist zwar eingezäunt, doch wegen der schnellen Erreichbarkeit der Baustelle im Engelbergtunnel ist das hintere Tor zu den Feldern hin geöffnet. Und so sieht es in einem großen Umkreis ekelerregend aus. Viele Besucher des Parkplatzes nutzen die angrenzenden Felder als Toilette. Doch Abhilfe schaffen lässt sich hier nicht, solange das Tor offen ist.