Darauf muss man erst mal kommen Foto: Peter Ruge

Eine Auswahl an Beiträgen zum Thema „Wie verabschiedet man Gäste, die nicht gehen wollen“.

Stuttgart - Schwaben haben eine besondere Art, Gästen mit Sitzfleisch zu sagen, dass es Zeit wird, heimzugehen. Der Variantenreichtum beim Hinauskomplimentieren von hartnäckigem Besuch ist Anlass für ein Auf gut Schwäbisch-Spezial.

Morga isch d’Nacht rom

„Mit Freunden haben wir uns oft getroffen, um im Schönbuch zu wandern“, berichtet Leserin Irmgard Abt aus Steinenbronn. „Beim Einkehren bevorzugten wir einfache Gaststuben, ohne viel drum herum. Einmal bot uns ein Wirt Bratwürste mit Brot, Sauerkraut und Schmalzbrot an. Es schmeckte herrlich. Als wir alle satt waren, stimmte einer von uns ein Lied an, und wir sangen alle aus voller Kehle mit. Dem Wirt gefiel das, und er setzte sich zu uns an den Tisch. Von ,Droba uff dr rauh’a Alb‘ bis zu ,Es steht eine Mühle im Schwarzwälder Tal‘ – alles kam dran. Nach einigen Stunden meinte der Wirt schließlich: ,Sodele Leit, jetzt lasset’s no au guat sai. S’isch en scheena Dag gwea, aber mornamorga (morgen früh) isch d’Nacht rom ond ihr miaßet no hoim laufa!‘“

Licht aus!

Von Ilse Kuhnle aus Vaihingen/Enz stammt dieser Spruch: „Wenn ihr hoim gant, macheter aus s’Liacht aus!“

Se han Päckla dabei!

Leserin Margret Setzer aus Norrheim schreibt: „Es ist gegessen, der Besuch denkt aber nicht daran zu gehen. Da tritt der Hausherr ans Fenster, schaut hinaus und sagt. ,Do ganget Leit hoim.‘ Der Gast guckt au naus und sagt: ‚Ond se hen Päckla dabei.‘“

S’nachtelt

Leserin Gerlinde Sachs aus Böblingen schreibt: „Wenn es spät wurde, sagte mein Opa immer: ,Vetter, s’nachtelet. S’isch net, dass i en Bett wet, aber s’nachtelet doch!‘“

Der Nachtkrapp kommt

„Wenn ein Besuch bei meinen Großeltern anstand, empfing uns unser brummeliger Opa mit dem Spruch: ,Gugget no abber, dass er bei Tag wieder hoimganget, denn sonscht holt euch dr Nachtkrapp und des wär jammerschad, weil er ons no nemmer bsucha kennet.“ Ein Beitrag von Leser Gerhard Herrmann aus Stuttgart.

Dass die Leud hoim kennat

Von Leser Werner Schnerring aus Balzholz stammen diese Erinnerungen: „Bei einem Schneider wollten zu später Stunde die Gäste ebenfalls nicht erkennen, wann es Zeit war zu gehen. Da sagte der Schneider: ,Hent dr d’Schnall (für Türklinke, Türschnalle), dr Schneidr löschd jetzd ’s Liacht.‘ Ein weiterer Spruch lautete: ,No will e no gau ens Bett, dass dia Leud hoim kennat.‘“

Der Hinweis auf Arznei

Aus Wiernsheim-Pinache schreibt Leserin Else Schnaubel t: „Von einer Verwandten erzählt man heute noch Folgendes: Wenn Sie abends Besuch hatte und es lang wurde, stand sie vom Stuhl auf und sagte: ,So, i nemm jetzt meine Tropfa. Die nemme emmer zeh Minuta, bevor i ens Bett gang.‘ Die Nachbarn kamen trotzdem wieder.“

Der Kanarienvogel hat’s gut

„Wenn jemand nicht gehen wollte, nahm der Hausherr ein schwarzes Tuch, legte dieses über den Vogelkäfig und sagte laut zum Kanarienvogel: ,So, du hosch’s guat, du kosch jetzat schlofa ond i han no liabe Gäscht!‘ Diesen Spruch hatte ich einmal angewendet mit dem Resultat, dass mein Gast wutentbrannt das Haus verließ“, schreibt Leser Volker Grosser aus Stuttgart-Möhringen.

Wink mit dem Nachthemd

„Ich erinnere mich an meine Kindheit, als die Schlafzimmer nicht geheizt werden konnten“, schreibt Leserin Ursula Kaufmann aus Stuttgart-Möhringen. „Deshalb holte mein Vater im Winter die Schlafanzüge rechtzeitig ins geheizte Wohnzimmer. Wenn uns mein Onkel abends besuchte, holte mein Vater die Nachtkleidung allerdings nicht ins Zimmer. Meine Mutter versuchte den Onkel mit den Worten zu verabschieden: ‚Willy, du gohsch jetzt hoim, mir wellet ens Bett!‘ Er sagte dann: ‚’s goht me nix o, dr Karl hot d’ Nachdhemda no net reig’holt‘ – und blieb gemütlich sitzen.“

Platz für leere Gläser

Von Leser Hans-Günter Raub aus Stuttgart-Kaltental stammt dieser Beitrag. „Der Schwabe lädt so ein: ,Kommadr nocham Kaffee, dass’r zom Nachdessa wiedr drhoim send!‘ Bringt der Gast ein Geschenk mit, dann bedankt sich der Schwabe so: ,Des wär abbr fai net onedich gwä.‘ Wenn wir eingeladen sind und der Gastgeber übersieht, dass nichts mehr zu trinken im Glas ist, dann pflege ich zu sagen: ,Wo schdellt mr denn bei eich die läre Gläser no?‘“

Wenn es Zeit ist zu gehen

„In den fünfziger Jahre waren meine Freunde Rudolf, Erich und ich von Onkel Otto nach Feierabend zu einem Glast Most eingeladen worden“, erzählt Leser Günter Bubeck aus Waiblingen. „Wir gingen in die Wohnküche und setzten uns an den Tisch mit der Eckbank. Tante Rosa hatte Butterbrote mit Schnittlauch für uns zubereitet, während Onkel Otto einen Krug Most aus dem Keller holte. In dieser geselligen Runde unterhielten wir uns über Gott und die Welt. Manchmal zogen sich unsere Diskussionen lange hin. Tante Rosa hatte einen langen Zopf, der zu einem Nest geformt war und durch Haarnadeln zusammengehalten wurde. Wenn unsere Unterhaltung gar zu lange dauerte, löste Tante Rosa ganz unauffällig ihr Nest auf, so dass ihr Zopf herunter hing. Das war für uns das Zeichen zu gehen. Wenn wir dieses Zeichen nicht gleich bemerkten, sagte Onkel Otto: ,Ihr do, drehte euch amol om . . . d’ Dante Rosa lesst ihrn Zopf na henga!‘“

Die besten Gäste

Aus Sindelfingen schreibt Leserin Heide Göppert: „Mein Vater (Jahrgang 1912 ) hot emmer gsait: ,Dr bescht Bsuach isch der, mo d’ Schuah et ausziagt.‘ Ond wenn er gmoint hot, dass d’ Gäscht etzt hoimganga sottet, hot er wortlos da großa Wecker gholt ond dean reacht omschtändlich ufzoga!“

Draußa hängt dr Huat!

Von Leser Dieter Gross stammt dieser Beitrag: „Ein schwäbischer Großonkel sagte immer: ,Vedder, wenn er fei ganga welled, draußa hängt euer Huat!‘“

Do henner d’ Kass!

Leserin Hermine Kelber aus Bondorf erzählt: „Ein älterer Gastwirt aus einer Nachbargemeinde saß zur mitternächtlichen Stunde bei seinen Gästen am Stammtisch. Sie wollten partout nicht heimgehen. Dem Wirt fielen schon fast die Augen zu, da stand er auf, holte die Kasse, stellte sie auf den Tisch und sagte: ,So, do henner d’Kass. No kennet ihr eich selber rausgeba, i gang jetzt ens Bett. Guat Naacht!‘ Wie lange die Gäste noch saßen und ob die Kasse hernach stimmte, ist nicht überliefert.“

Wann ganged dr wieder?

„Wenn wir unsere Tanten besuchten, die beide zusammen wohnten, konnte es sein, dass eine der beiden gerade nicht da war. Kam sie dann später ins Haus und sah uns, sagte sie: ,Wann senner komma, wann ganged dr wieder?‘ Sie hat sich dann aber trotzdem gefreut, dass wir da waren“, erzählt Leser Wolfgang Mölter aus Böblingen.

Ihr werdet doch net...

Leserin Anneliese Walk aus Stuttgart erzählt: „Wir haben früher bei späten Gästen mit lachenden Augen gesagt: ,Ihr werdet doch net, Gott sei Dank, scho hoim wolla! Bleibet doch leider no a bissle da!‘ Dies aber nur bei guten Freunden.“