„Gaia BH3“ (gelb) mit den Schwarzen Löchern „Gaia BH1“ (rot) und „Gaia BH2“ (blau) in unserer Galaxie, der Milchstraße. Foto: ESA/M. Kornmesser/Gaia/DPAC/CC BY-SA 3.0/IGO

In der Milchstraße gibt es zahlreiche Schwarze Löcher. Astronomen haben nun ein besonders beeindruckendes Exemplar entdeckt – und das ganz in der Nähe der Erde. Sie haben den stellaren Giganten „Gaia BH3“ getauft.

Das Herumtaumeln eines Sterns hat Forscher auf ein besonders gewaltiges Schwarzes Loch in der Milchstraße aufmerksam gemacht. Es handle sich um das bisher massereichste bekannte stellare Schwarze Loch in unserer Galaxie, hat die Europäische Südsternwarte (Eso) mit Sitz in Garching bei München am Dienstag (16. April) mitgeteilt.

Die Analysen zur neuen Entdeckung sind im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ veröffentlicht.

„Gaia BH3“: 33-fache Masse der Sonne

Der „Gaia BH3“ genannte Gigant hat demnach die etwa 33-fache Masse unserer Sonne. Bisher gefundene stellare Schwarze Löcher in der Milchstraße messen im Schnitt nur das Zehnfache der Sonnenmasse, das zuvor größte bekannte – „Cygnus X-1“ – etwa 21 Sonnenmassen. Stellare Schwarze Löcher entstehen aus Sternen.

Im Doppelsystem Cygnus X-1 saugt ein Schwarzes Loch seinem Begleiter, einem blauen Riesenstern, Materie ab. Dabei wird starke Röntgenstrahlung frei. Foto: © Nasa/CXC/M. Weiss

„Niemand hat damit gerechnet, ein massereiches Schwarzes Loch zu finden, das in der Nähe lauert und bisher unentdeckt geblieben ist“, erklärt der Astronom Pasquale Panuzzo vom Observatoire de Paris. „Diese Art von Entdeckung macht man nur einmal in seinem Forscherleben.“

Nur 2000 Lichtjahre von der Erde entfernt

Diese Illustration zeigt ein Schwarzes Loch (li.), das Materie von seinem Begleitstern (re.) absaugt. Diese kosmische Konstellation liegt in der sechs Millionen Lichtjahre von der Erde entfernten Spiralgalaxie NGC 300. Foto: Esa/Hubble/dpa

Der Erde ist „Gaia BH3“ mit einer Entfernung von „nur“ 2000 Lichtjahren der Esa zufolge extrem nah und das der Erde zweitnächste Schwarze Loch. Ein Lichtjahr bezeichnet die Entfernung, die Licht in einem Jahr zurücklegt – eine Strecke von 9,46 Billionen Kilometer. Das uns am nächsten liegende Exemplar „Gaia BH1“ wurde im Jahr 2022 aufgespürt und liegt 1560 Lichtjahre entfernt, ist aber deutlich leichter.

Die Entdeckung machten die Wissenschaftler, als sie Beobachtungen der europäischen Raumsonde „Gaia“ für eine Datenfreigabe überprüften. 

„Gaia BH3“ (re.) ist das massereichste stellare Schwarze Loch, das bisher in der Milchstraße gefunden wurde. Hier zum Vergleich der bisherigen Rekordhalter „Cygnus X-1“ (Mi.) und das erdnächste Schwarze Loch „Gaia BH1“ (li.). Foto: © Esa/M. Kornmesser

Extrem schwer für stellares Schwarzes Loch

„Gaia BH3“ ist für ein stellares Schwarzes Loch fast unerklärlich schwer. „Die 33 Sonnenmassen machen Gaia BH3 zum massereichsten Schwarzen Loch stellaren Ursprungs, das je in unserer Galaxie entdeckt worden ist“, schreiben die Astronomen. Ähnlich schwer sind nur einige extragalaktische Schwarze Löcher, die Astronomen mithilfe von Gravitationswellen beim Verschmelzen „belauscht“ haben. Auch sie sind deutlich schwerer, als der Theorie nach bei normalen Supernovae gebildet werden.

Der Begleitstern des Schwarzen Lochs wird von seinem massigen Kompagnon in eine Art Taumelbewegung versetzt. Und eben diese fiel auf. Die „Gaia“-Mission der Europäischen Weltraumorganisation soll Positionen, Bewegungen, Entfernungen und Helligkeiten von fast zwei Milliarden Himmelskörpern erfassen.

Der Stern kreist um ein unsichtbares, aber sehr massereiches Objekt. Foto: © Esa/L. Calçada

„Sagittarius A*“ – ein anderer Gigant

Schwarze Löcher sind Objekte mit einer so starken Schwerkraft, dass nicht einmal Licht aus ihnen entkommen kann. Sie entstehen, wenn große Sterne mit der vielfachen Masse unserer Sonne am Ende ihrer Existenz als Supernova explodieren und der übrig gebliebene Sternenrest kollabiert.

Abgesehen von den stellaren Schwarzen Löchern gibt es supermassereiche Schwarze Löcher, die in den Zentren der meisten Galaxien vermutet werden. Diese Schwarzen Löcher können die milliardenfache Masse unserer Sonne besitzen. Das massereichste in unserer Galaxie ist „Sagittarius A*“ im Zentrum der Milchstraße, das etwa vier Millionen Mal so viel Masse wie die Sonne hat.

Blick auf das supermassereiche schwarze Loch Sagittarius A* im Herzen der Milchstraße im polarisierten Licht: Spiralförmig drehen sich die Magnetfelder um den zentralen Schatten des Schwarzen Lochs. Foto: EHT Collaboration/Esa

Einstein und die Schwarzen Löcher

Schwarze Löcher sind eine der Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die Albert Einstein (1879-1955) vor mehr als einem Jahrhundert aufgestellt hat. In ihnen ist die Masse von einigen bis mehreren Milliarden Sonnen auf einen Punkt komprimiert.

Durch die immense Gravitation kann aus der direkten Umgebung nicht einmal Licht entkommen - daher auch der Name. Schwarze Löcher können beispielsweise entstehen, wenn ausgebrannte Riesensterne unter ihrem eigenen Gewicht zusammenstürzen.

1915 stellte Albert Einstein die Theorie auf, dass es im Weltall Orte der absoluten Extreme geben könnte, die alles anziehen und kein Licht nach außen lassen. Foto: Esa/Hubble/dpa
Der Physiker John Archibald Wheeler suchte 1967 bei einer Konferenz ein Ersatzwort für den Zungenbrecher „Gravitationally completely collapsed object“ und nahm den Vorschlag eines Zuhörers auf, der solche Phänomene „Black Hole“ nannte. Foto: Esa/Hubble/dpa
Am Rande eines Schwarzen Loches wird die Schwerkraft so stark, dass selbst das Licht nicht mehr entweichen kann. Foto: Esa/Hubble/dpa
Wegen der extrem starken Schwerebeschleunigung heizt sich Materie, die in ein Schwarzes Loch fällt, auf Millionen Grad Celsius auf und strahlt dann hell im Bereich des Röntgenlichts. Foto: Esa/Hubble/dpa
Die Fluchtgeschwindigkeit liegt im Inneren eines schwarzen Lochs über der Lichtgeschwindigkeit, daher dringt nicht einmal das Licht selbst nach außen. Schwarze Löcher sind damit quasi unsichtbar. Foto: Esa/Hubble/dpa

Unsichtbares sichtbar machen

Ein Schwarzes Loch selbst ist auch für die besten Teleskope unsichtbar. Zeichnungen auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen oft einen schwarzen Kreis mit einem strahlend hellen Ring.

Die Innenseite dieses Rings markiert den sogenannten Ereignishorizont. Er ist der Ort im Umkreis eines Schwarzen Lochs, von dem aus noch Licht entkommen kann. Man fotografiert also nur den strahlend hellen Ring um das Schwarze Loch.

Diese von der US-Raumfahrtbehörde Nasa bereitgestellte grafische Darstellung zeigt einen Stern, der von einem schwarzen Loch geschluckt wird und dabei einen roten Schweif aus Röntgenstrahlen hinter sich lässt. Foto: Nasa/Chandra X-ray Observatory/AP/dpa

Unvorstellbar viel Masse, aber sehr klein

Viele Schwarze Löcher verleiben sich neue Materie ein. Diese Materie fällt aber nicht auf direktem Weg ins Schwarze Loch. Stattdessen sammelt sie sich auf einer immer schneller rotierenden Scheibe – ähnlich wie Wasser in einem Strudel aus der Badewanne fließt.

Die Computergrafik zeigt ein Schwarzes Loch, das Gas ins Weltall schleudert und dabei eine spiralförmige Spur hinterlässt. Foto: Nasa/dpa

In dieser sogenannten Akkretionsscheibe wird die Materie durch gegenseitige Reibung Millionen Grad heiß und leuchtet dadurch hell auf, bevor sie im Schlund des Schwerkraftmonsters für immer verschwindet.

Schwarze Löcher besitzen zwar unvorstellbar viel Masse, sind dabei aber sehr klein. Ein Schwarzes Loch mit der Masse unserer Erde wäre beispielsweise nur so groß wie eine Kirsche. Zudem sind die Schwarzen Löcher sehr weit weg: Zum Zentrum der Milchstraße sind es 26 000 Lichtjahre (mit dpa-Agenturmaterial).