Claudia Martin kritisiert, dass die AfD viele ihrer Positionen aufgegeben habe. Foto: dpa

Nach ihrem überraschenden Austritt aus der AfD äußerte sich die Landtagsabgeordete Claudia Martin am Samstag in Stuttgart zu ihren Gründen – und fand dabei klare Worte.

Stuttgart - Die aus der AfD ausgetretene Stuttgarter Landtagsabgeordnete Claudia Martin hat der Partei Stimmenfang bei rechten Gruppierungen vorgeworfen. Die AfD spiele vor allem in der Flüchtlingspolitik mit rechtspopulistischen Aussagen, grenze sich nicht ab vom Extremismus und habe jede Fähigkeit zur Selbstkritik verloren, sagte die Politikerin am Samstag in Stuttgart. „Wer ununterbrochen mit rechten Positionen unterwegs ist, der zieht auch rechte Mitglieder an“, sagte sie. Martin hatte am Vorabend bekanntgegeben, dass sie wegen dieser Tendenzen aus der Fraktion und der Partei austrete.

Die AfD habe viele ihrer Positionen aufgegeben und gehe nunmehr mit reißerischen Pauschalaussagen vor, um Wählerstimmen einzufangen. „Sie hat für mich den Blick auf die Menschen verloren“, sagte Martin. So erkenne die Partei etwa nicht an, dass sich in der Flüchtlingspolitik nach den dramatischen Ereignissen von 2015 viel bewegt habe. „Auch Flüchtlinge sind Menschen“, sagte die Politikerin. Die AfD aber gebe den geflüchteten Menschen die Schuld an allem.

Rechtsruck der AfD als Begründung

Die Abgeordnete lehnte Forderungen der baden-württembergischen AfD-Fraktion ab, ihr Mandat zurückzugeben. Fraktionschef Jörg Meuthen, der auch Bundesvorsitzender ist, warf Martin ein „falsches Spiel“ und „Heuchelei“ vor.

Die anderen Parteien im Landtag - neben der grün-schwarzen Regierung sind das die SPD und die FDP - hatten der AfD angesichts einer Vielzahl von Skandalen die Politikfähigkeit abgesprochen. „Nachdem sich die Fraktion erst getrennt und dann wieder vereint hat, ergreift nun eine Abgeordnete die Flucht und begründet dies ausdrücklich mit dem Rechtsruck der AfD“, sagte der SPD-Abgeordnete und frühere Innenminister Reinhold Gall. Die Schilderungen Martins seien für ihn ein Beleg, dass es in der AfD-Landtagsfraktion „noch schlimmer zugeht als es bislang für möglich gehalten wurde“.

Martin rechnet mit weiteren Anfeindungen

Im Sommer hatte bereits der wegen antisemitischer Äußerungen kritisierte Wolfgang Gedeon die Fraktion - aber nicht die Partei - verlassen. Der Streit um den Umgang mit dem Abgeordneten hatte zur zeitweiligen Spaltung der Fraktion geführt. Nach dem Austritt von Gedeon und Martin hat die Fraktion nun noch 21 Abgeordnete.

Die Partei kam nach der Landtagswahl am 13. März zum ersten Mal ins Stuttgarter Parlament. Sie wurde aus dem Stand stärkste Oppositionskraft im Landtag.

Die Abgeordnete Martin sagte, dass der Zustand der Fraktion ein Abbild der Partei insgesamt sei und sie mit weiteren Anfeindungen früherer Kollegen rechne. „Das, was wir tun, ist nicht richtig“, meinte sie. Sie kündigte ein Buch über ihre Erfahrungen mit der Partei an, in die sie 2013 wegen deren Kritik an der EU-Politik eingetreten sei.

Die Abgeordneten des Landtags kommen an diesem Mittwoch zu ihrer nächsten Sitzung zusammen. Martin will sich künftig als Partei- und Fraktionslose zum Beispiel um das Thema Digitalisierung kümmern.