Bei der dritten Sammelabschiebung sind auch Asylbewerber aus Baden-Württemberg dabei. Foto: dpa

Eine dritte Sammelabschiebung nach Afghanistan steht an. Daran will sich trotz Kritik auch Baden-Württemberg beteiligen. Doch zumindest in einem Fall schiebt ein Gericht der Abschiebung einen Riegel vor.

München/Stuttgart - Das von Grün-Schwarz regierte Baden-Württemberg will sich allen Anzeichen nach an der für diesen Mittwochabend erwarteten Abschiebung nach Afghanistan beteiligen. Insgesamt sollen 50 Afghanen aus Deutschland vom Flughafen München in ihr Heimatland gebracht werden, wie eine Sprecherin der Polizei in Bayern sagte. Wie informierte Kreise berichteten, sollen darunter zwei bis vier abgelehnte Asylbewerber aus Baden-Württemberg sein.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stoppte aber vorläufig die geplante Abschiebung eines türkisch-afghanischen Mannes, der zwei minderjährige Kinder hat. Die Richter entschieden, dass der Antragsteller in Deutschland zunächst zu dulden sei. Sie bezogen sich dabei auf das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie (Beschluss vom 22. Februar, Az.: 11 S 468/17). Bei einer Abschiebung nach Afghanistan wäre sorgfältig zu prüfen gewesen, welche Folgen die Abschiebung für die Familie hat. Das sei offensichtlich nicht erfolgt, teilte das Gericht am Mittwoch in Mannheim mit.

Der Flüchtlingsrat, die Linke und die Grüne Jugend hatten die Landesregierung aufgefordert, sich nicht an der Abschiebung zu beteiligen, da die Sicherheitslage in Afghanistan schlecht sei. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) machte aber deutlich, dass eine Aussetzung der Abschiebungen für Grün-Schwarz kein Thema ist. Ob in ein Land abgeschoben werde, entscheide der Bund, sagte er. Andere Bundesländer, darunter Schleswig-Holstein, lehnen aber eine Beteiligung an der Abschiebung in das Land am Hindukusch ab.

Bürger wollen gegen die Abschiebung nach Afghanistan demonstrieren

Der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen im Stuttgarter Landtag, Uli Sckerl, forderte Innenminister Thomas Strobl (CDU) auf, sich bei den Rückführungen auf Straftäter und Gefährder zu konzentrieren. Bislang wurden in zwei Abschiebungen im Dezember und Januar acht abgelehnte Asylbewerber aus Baden-Württemberg nach Afghanistan zurückgebracht. Die Grünen stehen bei dem Thema unter dem Druck ihrer Mitglieder, von denen sich viele in der Flüchtlingshilfe engagieren.

Der baden-württembergische Flüchtlingsrat sorgt sich insbesondere um einen Afghanen, der seit 14 Jahren in Deutschland leben soll und bereits im Januar nach Afghanistan zurückgeschickt worden war. Er soll eine schwere depressive Störung haben. Nach der Ankunft in Kabul sei er mit psychischen Problemen zusammengebrochen und deshalb von den afghanischen Behörden sofort wieder zurück nach Deutschland geschickt worden. Der Mann saß nach Angaben des Flüchtlingsrates zuletzt in Abschiebehaft. Das Verwaltungsgericht Stuttgart lehnte einen Eilantrag ab, sodass nun die Abschiebung droht.

Am Mittwochabend wollen Bürger gegen Abschiebungen nach Afghanistan demonstrieren - etwa in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Tübingen, Biberach und Gammertingen (Kreis Sigmaringen).