Mountainbiker in Hessen: Dort haben es die Radfahrer geschafft, das Land zu einer Öffnung der Waldwege zu bewegen Foto: dpa

Radfahrerverbände fordern freie Fahrt in Baden-Württembergs Wäldern. Doch die Landespolitik lehnt das fast einhellig ab. Forstminister Alexander Bonde will den Bikern nun entgegenkommen.

Stuttgart - Angeführt von der Deutschen Initiative Mountain Bike (DIMB) hatten die Radfahrerverbände monatelang Unterschriften für eine Abschaffung der Zwei-Meter-Regel gesammelt. Die Regel besagt, dass in den Wäldern des Landes Radfahren nur auf Wegen erlaubt ist, die mindestens zwei Meter breit sind. Es gibt sie in der Form nur noch im Südwesten.

Die Radfahrer fordern die Abschaffung dieser Regel, weil sie diskriminierend und kompliziert sei und sich ohnehin kaum ein Radfahrer daran halte. Aus Sicht des Ministeriums schafft die Regel hingegen Rechtssicherheit bei Konflikten oder Unfällen. Zudem wäre eine Abschaffung auch nicht sehr viel unkomplizierter, denn dann müsse ja geregelt werden, wo trotz der völligen Freigabe doch nicht gefahren werden dürfe (zum Beispiel aus Gründen des Naturschutzes).

58 200 Unterschriften für die Abschaffung der Zwei-Meter-Regel kamen letztlich zusammen, aber die Radfahrer mussten lernen, dass die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ausgerufene Politik des Gehört-Werdens Grenzen hat.

Mitte Juli verkündete der Petitionsausschuss des Landtags in einer Pressemitteilung, dass er die Forderung ablehne. Zwar kann rein theoretisch der Landtag nach der Sommerpause die Empfehlung des Ausschusses ignorieren und der Petition doch noch zum Durchbruch verhelfen, aber daran glaubt in der Landespolitik keiner. Zu stark ist der Einfluss der Wanderverbände, zu klar war das Votum im Ausschuss: Die Entscheidung fiel einstimmig, also auch mit den Stimmen von CDU und FDP. Waren die 58 200 Unterschriften also umsonst? Praktiziert die Regierung in Wahrheit eine Politik des „Überhört-Werdens“, wie verärgerte Biker nun meinen? Das Haus von Forstminister Alexander Bonde (Grüne) widerspricht. „Wir verstehen die Enttäuschung der Biker“, sagt ein Sprecher. Er spricht von „Druck im Kessel“ und davon, dass man in den letzten Jahren und Jahrzehnten womöglich die Interessen der Radfahrer bezüglich der Nutzung des Waldes „nicht ausreichend berücksichtigt“ habe.

Kurzum: Die Kampagne der Radfahrer scheint bei Bonde Eindruck gemacht zu haben. Er hat deshalb zwei Maßnahmen in die Wege geleitet, die die Ausweisung neuer Radstrecken im Wald erleichtern sollen: Zum einen sollen nun auch in Ballungsräumen wie Stuttgart oder Karlsruhe die Kommunen künftig bis zu 50 Prozent der Kosten erstattet bekommen, wenn sie solche Strecken ausweisen. Derzeit wird diese geplante Subvention von der Europäischen Union (EU) auf ihre Rechtmäßigkeit hin geprüft. Im Forstministerium ist man aber sehr zuversichtlich, dass die entsprechende Förderung genehmigt wird und wie geplant Anfang 2015 in Kraft treten kann. In den sieben Naturparks, die rund ein Drittel der Landesfläche ausmachen, ist eine Förderung neuer Radstrecken schon jetzt möglich.

Zum anderen hat Bonde die Forstämter in einem Schreiben gebeten, auf den Wunsch nach neuen Strecken „konstruktiv“ zu reagieren und Ausnahmen von der Zwei-Meter-Regel verstärkt zuzulassen. Laut den Radfahrerverbänden zählen die Forstämter bislang zu den Bremsern, wenn es um neue Radstrecken im Wald geht.

Bonde will so erreichen, dass in den nächsten Jahren rund zehn Prozent aller Radwege im Land sogenannte Single Trails sind – also für Mountainbiker besonders attraktive Strecken. Im Schwarzwald sind es derzeit nur rund zwei Prozent, im Raum Heidelberg hingegen bereits sieben Prozent.

Um den Gesprächsfaden mit den verärgerten Radfahrern wieder aufzunehmen, plant das Ministerium zudem ein weiteres Gespräch in Stuttgart, und zwar Mitte Oktober. Die Einladungen sollen in diesen Tagen versandt werden. Zu dem Gespräch geladen sind allerdings nicht nur die Radfahrerverbände, sondern auch alle anderen Betroffenen, also zum Beispiel Wanderer, Jäger, Naturschützer und Förster. Sinn des Gesprächs sei, mehr Verständnis füreinander zu wecken und womöglich gemeinsame Leitlinien für die gemeinsame Waldnutzung zu erarbeiten, so der Ministeriumssprecher. Der Verband der Mountainbiker reagierte auf die Gesprächseinladung verhalten positiv. „Das hört sich ganz gut an“, hieß es.