Alte Schilder abzubauen gehört zu den vielfältigen Aufgaben der Mitarbeiter der Straßenmeisterei. Foto: Michael Bosch

Wenn es wieder blinkt am rechten Fahrbahnrand, reagieren die meisten Autofahrer nur genervt. Dabei wollen die, die da am Werk sind, nur, dass jeder gut über die Autobahn kommt. Zu Besuch in einer Autobahnmeisterei.

So richtig einig, ob Auto- und Lasterfahrer Freund oder Feind sind, sind sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenmeisterei nicht. Wenn man sieht, wie nah die 40-Tonner an ihnen vorbeidonnern, während sie sich auf dem Seitenstreifen einrichten – den großen blinkenden Pfeil auf dem Laster ausfahren, der auf die Gefahr hinweist, Pylonen aufstellen – dann kann man verstehen, dass sie teilweise vom „Feind“ reden. Gebremst wird nämlich kaum. Die Spur gewechselt nur selten.

Andererseits will der Trupp ja nur, dass jeder, der da zwischen Heilbronn und Stuttgart unterwegs ist, sicher an sein Ziel kommt. Und allseits für freie Fahrt zu sorgen, dieser Job endet nie. Die 25 Mitarbeiter, die für die Straßenmeisterei der Autobahn GmbH an der Ausfahrt Ludwigsburg-Nord arbeiten, sind für insgesamt 280 Kilometer Straße verantwortlich: Ihr Revier ist die A 81 von Weinsberg bis zum Engelbergtunnel und auf der A 8 dahinter zwischen Heimsheim und Leonberg-Ost.

„Normale“ Tage gibt es nicht

„Einen Tag, an dem wir sagen: Heute war alles normal, das gibt’s eigentlich nicht“, sagt Andrea Mayer. Die gelernte Zahnarzthelferin ist Quereinsteigerin, wie viele andere auch. Drinnen arbeiten, das sei nichts für sie gewesen. An diesem Tag kontrolliert sie die Strecke, das macht sie zweimal in der Woche. An jeder Ausfahrt dreht sie mit ihrem Laster eine Schleife: Sind die Markierungen und die Schutzplanken in Ordnung, fehlt irgendwo ein Pfosten oder ein Reflektor? Liegen Teile herum, die dort nicht hingehören? Insgesamt drei Autoreifen sammelt sie so an diesem Vormittag ein. Tote Tiere findet sie ab und zu auch. Die kommen in eine große grüne Box auf dem Hof.

Gemächlich ist Andrea Mayer auf der A 81 unterwegs, reiht sich geduldig hinter wartenden Lastern auf der rechten Spur ein, stressen lässt sie sich nicht. „Das lernt man schnell“, sagt sie. Die meisten Autofahrer hingegen seien „einfach rücksichtslos“, Unfälle dadurch programmiert.

Rund 450 sind es jedes Jahr allein auf dem Abschnitt, für den die Ludwigsburger Autobahnmeisterei zuständig ist. Andrea Mayer erinnert sich an einen riesigen Crash mit einem Lastwagen vor etwa zwei Jahren, der kurz vor dem Engelbergtunnel die Betonbarriere in der Mitte der Fahrbahn durchbrach. Obwohl einige Hügel dazwischen sind, sah man die Rauchwolke bis Ludwigsburg, „das totale Chaos“. Mayer wollte eigentlich gerade in den Feierabend. Zwölf Stunden waren sie und ihre Kollegen danach noch beschäftigt, leiteten den Verkehr um, halfen den Rettungskräften, am Ende legten sie gleich neuen Asphalt auf die Fahrbahn.

Die „Prinzessin“ ist der Chef

Udo Mayer sitzt im Führerhaus seines Lasters. Der Kolonnenführer macht den Job seit 35 Jahren. Viel hat er erlebt in der Zeit, viele Geschichten rund um die Autobahn kann er erzählen. Hinter der Windschutzscheibe klemmt ein pinkfarbenes Nummernschild, wie es viele Lasterfahrer besitzen. Darauf steht der Name oder Spitzname. „Prinzessin“ steht auf dem Schild von Udo Mayer. Er hasst die Farbe. „Seine Jungs“ haben ihm auch einen passenden Kaffeebecher geschenkt. „Man muss sich aufeinander verlassen können“, sagt der Chef der Kolonne. Verstehen tun sie sich offenbar blind. Viel geredet wird am Rande der Fahrbahn nämlich nicht, die Männer sind zwar teils mit Headsets in ihren Helmen ausgestattet, das meiste funktioniert aber über Gesten.

Heute werden Bäume gefällt, die schon zu weit in eine Ausfahrt ragen. Gehäckselt wird der Grünschnitt, der zu dieser Jahreszeit wenig grün ist, direkt auf der Standspur und landet dann in einem Hänger. Alles muss weg: Unfallgefahr. Zum Einsatzgebiet der Straßenwärter gehört nicht nur die Fahrbahn, sondern auch das, was sich links und rechts, darüber und darunter, befindet: rund 200 Hektar Grünflächen und Biotope sowie 550 Bauwerke – Brücken, Schilderbrücken und Rückhaltebecken. Mit dem Engelbergtunnel haben die Ludwigsburger sogar den längsten Autobahntunnel im Land in ihrem Beritt. Weil derzeit gebaut wird, ist er aber bis zum Ende der Sanierung Sache der Baufirmen. „Sonst gibt’s aber auch genug zu tun“, sagt Udo Mayer.

Müll wird ein immer größeres Problem

Es ist eisig kalt an diesem Morgen, der Wind pfeift – durch die vorbeirauschenden Laster noch etwas stärker. „Im Sommer bei 35 Grad ist das ganz angenehm“, sagt Udo Mayer. Das gehöre dazu: Raus müsse man immer, bei Wind und Wetter, Tag und Nacht. Er hat an diesem Tag zwei Neulinge dabei, auf die er ein besonderes Auge wirft. „Man muss Respekt haben, aber bloß keine Angst.“ Zwei Kollegen habe er in seiner Zeit bei der Autobahnmeisterei verloren, erzählt er. Einer wurde von einem umherfliegenden Reifen erschlagen, den er nicht kommen sah. „Der Feind kommt von links“, sagt Andrea Mayer, „das lernt man als Erstes.“ Der Reifen kam von rechts. Leidenschaft brauche es für den Beruf definitiv, sagen beide Mayers. „Aber das macht einen auch stolz“, sagt Udo. Schließlich sei die Autobahn so etwas wie deutsches Kulturgut. „Dafür sind wir in der Welt bekannt.“

Als Udo Mayer anfing, war die A 81 an der Stelle, an der er jetzt steht, schon dreispurig. Aber der Verkehr habe noch einmal deutlich zugenommen. Täglich sind es um die 130 000 Fahrzeuge. Dass der Mensch, wenn er anonym bleibt, auch ein ziemliches Ferkel sein kann, das sehen die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei jeden Tag. Auf den Rastplätzen, aber auch am Straßenrand, türmt sich der Müll. Immer rund um Ostern geht das Team die komplette Strecke ab, „Ostermarsch“ nennen sie den Einsatz, der drei bis vier Wochen dauert.

Das Mehr an Autos allein erkläre die Vermüllung aber nicht, sagt Udo Mayer. Er hat seine eigene Theorie: Elektrische Fensterheber sind schuld. „Früher, als man noch kurbeln musste, war es viel besser.“

Sobald es schneit, sind die Autofahrer doch froh, dass es die Truppe gibt

Was die Autofahrer so hinterlassen, das kann man im Hof der Autobahnmeisterei bestaunen: Kühlschränke, Waschmaschinen, Ventilatoren, Kaffeemaschinen, normalen Hausmüll. In der Halle daneben stehen die riesigen Schneepflüge, mit denen eineinhalb Spuren der Autobahn auf einmal frei gemacht werden können. „Sobald es schneit, sind die Leute froh, dass es uns gibt“, sagt Andrea Mayer. Sie hat sich damit abgefunden, dass diejenigen, die es eilig haben, meist nicht gut auf sie zu sprechen sind. „Lächeln und winken“, sagt sie, „was anderes bleibt einem nicht übrig.“

Einige Kilometer weiter südlich sind zwei junge Kollegen dabei, alte Schilder, die es nicht mehr braucht, abzubauen. In beeindruckender Geschwindigkeit haben sie die Ungetüme aus dem Boden gehoben. „Wer fertig ist mit der Ausbildung, der kann eigentlich allein ein Haus bauen“, sagt Michael Gruber, der stellvertretende Leiter der Autobahnmeisterei in Ludwigsburg. Nur bei Gas und Elektrik müsse man sich eventuell Hilfe holen. Nachwuchs wird derzeit dringend gesucht. Ködern will man den beispielsweise mit einem Lkw-Führerschein, für den man nicht selbst aufkommen muss. „Dass wir uns auch nicht immer an die Verkehrsregeln halten müssen, das ist auch nicht so schlecht“, sagt Andrea Mayer mit einem Augenzwinkern. Kurz vor dem Engelbergtunnel hält sie an. Es staut sich, die ersten Autofahrer fluchen. „Stau ist am besten“, sagt sie, „da kann man in Ruhe aussteigen.“

15 Standorte im Südwesten

Standorte
 Deutschlandweit unterhält die Autobahn GmbH 189 Autobahnmeistereien, in Baden-Württemberg 15. Den Standort an der Ausfahrt Ludwigsburg-Nord, der eigentlich auf der Gemarkung von Asperg liegt, gibt es bereits seit den 50er Jahren. Das hohe Verkehrsaufkommen ist laut dem Betreiber eine besondere Herausforderung des Streckenabschnitts.

Aufgaben
 Die Aufgaben der Autobahnmeistereien sind vielfältig. Die Frauen und Männer in Orange halten die Strecken frei von Grün, überprüfen Brücken, reparieren Schutzplanken und Wildtierzäune, erneuern Bodenmarkierungen, reinigen und sanieren Fahrbahnen und sichern Baustellen ab. Besonders wichtig ist der Winterdienst. In Ludwigsburg lagern in einer Halle 2600 Tonnen Streusalz. Bei einem „Volleinsatz“, wenn es heftig schneit, werden auf einen Schlag bis zu 200 Tonnen benötigt.

Nachwuchs
 Auszubildende zum Straßenwärter werden dringend gesucht. Die Weiterbildungsmöglichkeiten seien vielfältig, verspricht die Autobahn GmbH. Weitere Infos online unter www.autobahn.de/karriere