Erst vor wenigen Tagen haben Demonstranten vor dem Stuttgarter Rathaus eine Mietpreisbremse von der SWSG gefordert Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mit dem Bau von insgesamt 15.000 neuen Wohnungen innerhalb der nächsten fünf Jahre forderte der Mieterverein Stuttgart auf seiner Hauptversammlung am Samstag vom Gemeinderat der Landeshauptstadt eine deutliche Kurskorrektur im Wohnungsbau.

Stuttgart - Pro Jahr sollen danach 3000 neue Wohnungen, 2000 davon für den freien Markt und 1000 öffentlich geförderte, entstehen. Das Ziel der Stadt liegt bei 1800 Wohnungen im Jahr, ein Drittel davon gefördert. Selbst davon sei die Stadt weit entfernt. „Durch die Arbeitszuwanderung in die Landeshauptstadt, aber auch durch die Flüchtlinge, die nach ihrer Anerkennung ebenfalls Wohnungen brauchen, werden 2016 circa 25 000 Wohnungen in der Stadt fehlen“, bilanzierte Rolf Gaßmann, Vorsitzender der rund 30 000 Mitglieder starken Interessenvertretung der Stuttgarter Mieter. Er begrüßte das Zweckentfremdungsverbot und die Mietpreisbremse.

Dessen Ablehnung durch CDU-Stadträte sei verwunderlich, so der frühere SPD-Landtagsabgeordnete, denn damit habe die Stadt 30 Jahre lang, unter anderem unter OB Manfred Rommel (CDU), bis 2001 erfolgreich Wohnungspolitik betrieben. Gaßmann: „Wenn ein Architekt damals eine Wohnung zum Büro umfunktioniert hat, musste er eben an anderer Stelle Ersatzwohnraum schaffen.“

SWSG soll sich am Einkommen ihrer Mieter orientieren

Von der Mietpreisbremse erwartet der Verein Nachbesserungen durch Bundes- und Landtag. Wegen der verschärften Lage auf dem Wohnungsmarkt solle die Mietpreisbremse von einzelnen Kommunen auf die gesamte Region ausgedehnt werden. Die Stuttgarter Bundestagsabgeordneten müssten sich außerdem für Sanktionen gegen rechtswidrig handelnde Vermieter einsetzen: „Sie müssen dem Mieter überhöhte Mieten ab Vertragsabschluss zurückzahlen.“ Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), Tochter der Landeshauptstadt, solle sich bei den Mieten „nicht am freien Markt, sondern an den niedrigen Einkommen ihrer Mieter orientieren“.

Im Gastvortrag unterstützte Tilmann Harlander, emeritierter Professor für Wohnsoziologie der Uni Stuttgart, die Forderungen, fand aber auch Lob für die Stadt. Durch höhere Mieten in aufgewerteten Quartieren würden Einkommensschwache aus den Stadtzentren vertrieben. Diese Gentrifizierung solle jedoch nicht als Kampfbegriff verwendet werden: „Wir brauchen maßvolle Aufwertung bei gleichzeitigem Erhalt des Bestands. Es ist deshalb begrüßenswert, dass die Stadt Erhaltungssatzungen im Bezirk West und im Heusteigviertel erwägt.“