Egal, ob Nationalspieler oder Kreisligakicker – Fußballer spucken auf den Rasen. Foto: imago/foto2press/Oliver Zimmermann

Egal ob bei der EM oder in der Kreisliga: Kaum ist ein Fußballer auf dem Feld, spuckt er auf den Rasen. Ist es ein Ritual? Ist es medizinisch begründbar? Der Versuch einer Aufklärung.

Erinnern Sie sich noch an die Fußball-WM 1990? Der Niederländer Frank Rijkaard spuckt volles Rohr in die Locken von Deutschlands Stürmerstar Rudi Völler. Den Videobeweis gab es damals noch nicht – anschließend setzte es die Rote Karte für beide. Es war die Mutter aller Spuck-Eklats. Solche menschenverachtenden Spuckattacken kommen auch heute noch vor – doch viel, viel häufiger und mit einer beschämenden Regelmäßigkeit wird auf den grünen Rasen gespuckt.

Warum eigentlich?

Natürlich gibt es diese Diskussionen, dass bei Sportlern, die viel rennen und dadurch stärker durch den Mund einatmen, die Mundschleimhaut austrocknet und der Speichel dadurch ein bisschen zäher wird. Dadurch entsteht aus medizinischer Sicht aber nicht zwangsläufig der Drang, den Speichel auch sofort ausspucken zu wollen. Das zeigt sich allein schon daran, dass Hallensportler, die ähnlich laufintensiv unterwegs sind wie die Fußballer, in der Regel nicht auf den Boden spucken. Oder haben Sie das bei Handballern, Basketballern oder Volleyballern schon häufig gesehen?

Revier abstecken?

Warum also sind ausgerechnet die Fußballer die absoluten Könige der Spuckerei?

Vielleicht hat sich der Drang, den eigenen Speichel auf dem Platz zu verteilen, ganz einfach auch nur eingebürgert. Experten gehen von einem sportpsychologischen Hintergrund aus: Mit dem Spucken wollen die Spieler Kraft demonstrieren und ihr Revier abstecken, ähnlich wie bei einem Hund und einem Baum.

Andere meinen, die Spieler entledigen sich damit den Frust, nach einer misslungenen Aktion. Eine ausgelassene Torchance, wetten danach wird gespuckt? Wie auch immer. Fest steht: Medizinisch sinnvoll ist die Mundhöhlenentwässerung jedenfalls nicht. Denn der Kampf auf dem Rasen ist schweißtreibend und der Spieler verliert viel Flüssigkeit. Speichel sollte deshalb im Körper bleiben und nicht auch noch ausgespuckt werden.

Das wäre eigentlich ein Fall für die Fifa. Doch gerade die letzte WM in Katar zeigt: Der Weltverband hat schon die absurdesten Verbote ausgesprochen, an ein Spuckverbot aber traut er sich nicht heran. Auch bei der EM 2024 scheint die Sache kein Thema zu sein.

Hinweis: Der Artikel ist erstmals zur WM 2022 in Katar erschienen und 2024 zur EM in Deutschland aktualisiert worden.