Geldautomat in Baden-Württemberg – es werden immer weniger. Foto: Caroline Holowiecki

Online-Shopping, bargeldlose Zahlungen und Sprengattacken bedrohen den Geldautomaten in seiner Existenz. Kunden befürchten, dass der Geldautomat zum Auslaufmodell wird.

Im Zeitalter des Online-Bankings verlieren Geldautomaten an Bedeutung. Nur Bares ist Wahres, sagt der Volksmund – doch tatsächlich sind Karten- und Handy-Zahlungen schon lange auf dem Vormarsch. Selbstbedienungsterminals, an denen Kunden Geld abheben, aber etwa auch Kontoauszüge ausdrucken können, sind für Banken heutzutage vor allem eines: unangenehme Kostenfaktoren. Sie werden immer weniger genutzt und haben sich durch Sprengstoff-Überfälle von kriminellen Banden zu einem Sicherheitsrisiko entwickelt. Die Branche reagiert mit dem Abbau von Automaten und setzt – wie jetzt wieder in Baden-Württemberg zu beobachten – auf Kooperationen.

 

Die BW-Bank und die Volksbank Stuttgart tun sich zusammen, um durch gemeinsame Nutzung von Selbstbedienungsstandorten im Stadtgebiet Stuttgart Kosten einzusparen, ohne zu große Servicelücken entstehen zu lassen. Der Trend nimmt damit Fahrt auf. „Wir haben SB-Kooperationen bereits an zehn Standorten mit den Kreissparkassen Böblingen, Esslingen/Nürtingen und Ludwigsburg und werden diese künftig um weitere vier Standorte ausbauen“, sagt Arndt Gießer, Bereichsleiter Privatkunden bei der BW-Bank. „Durch diese neue Kooperationslösung bleiben wir für unsere Kunden mit unseren SB-Dienstleistungen direkt vor Ort.“ Derartige Partnerschaften sind unter Sparkassen und Volksbanken auch in anderen Bundesländern zunehmend verbreitet.

SB-Standorte werden immer weniger genutzt

Seit Jahren sei festzustellen, dass nicht nur Filialen seltener besucht werden, begründen BW-Bank und Volksbank Stuttgart ihren Schritt. Da immer mehr Online-Banking genutzt und bargeldlos bezahlt werde, seien auch die Auslastung und Nutzungszahlen von SB-Standorten stark zurückgegangen. Dieser Trend sei durch die Corona-Pandemie noch mal verstärkt worden. Deshalb habe man gemeinsam nach einer Lösung gesucht, um Automaten erhalten und rentabel betreiben zu können. Konkret sehe sie so aus, dass an zwei nah beieinander gelegenen Standorten beider Institute der SB-Service an einem zusammengelegt wird – der andere werde im Gegenzug geschlossen. Letztlich verschwinden also noch mehr Geldautomaten.

Dabei sind sie einer Untersuchung der Deutschen Bundesbank zufolge als traditionelle Bargeldquellen weiterhin sehr wichtig. Obwohl der Bezug an den Ladenkassen – Stichwort Cashback – an Bedeutung gewonnen habe, nutzten Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor insbesondere Geldautomaten und Bankschalter, heißt es in der Studie. Auf die Automaten entfielen wertmäßig betrachtet 81 Prozent aller Abhebungen. Zugleich sei hier in den letzten Jahren ein steter Rückbau zu beobachten.

Kriminelle Sprengattacken werden zum Risiko

Einer Statistik des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) nach ist die Anzahl der Geldautomaten in Deutschland alleine in den Jahren 2021 und 2022 um rund 8000 auf rund 52 600 gesunken. Zahlen zur konkreten Entwicklung in Baden-Württemberg lagen zunächst nicht vor. Doch der Trend dürfte hier kaum anders aussehen. Letztlich geht es natürlich auch für die Banken ums Geld. Auch wenn sich die Branche zu den genauen Summen bedeckt hält, heißt es etwa vom BVR: „Generell ist das Bereitstellen der Geldautomaten-Infrastruktur mit hohen Kosten verbunden“.

Umso ärgerlicher, dass seit einigen Jahren noch ein weiterer Faktor den Betrieb zusätzlich erschwert: von kriminellen Banden gesprengte Geldautomaten. Zwar betonen die Banken, dass der Abbau in erster Linie längerfristigen Trends geschuldet sei. Doch die Sprengungen sind definitiv ein Thema, das einen gewissen Anteil daran hat und der Branche zu schaffen macht. In Einzelfällen müssen Standorte schon deshalb – zumindest zu bestimmten Zeiten – geschlossen werden, weil von möglichen Sprengangriffen erhebliche Gefahren für Anwohner ausgehen können.

Bundesbank: Bargeldversorgung weiterhin gewährleistet

Welches Ausmaß die Bedrohung auch in Baden-Württemberg mittlerweile erreicht hat, machte im April ein Spitzengespräch zwischen Polizei und Bankenchefs deutlich. „Im Kampf gegen skrupellose Geldautomatensprenger müssen wir all unsere Kräfte bündeln und mit Hochdruck und aller Konsequenz gegen diese Kriminellen vorgehen“, verkündete Baden-Württembergs stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl damals. Die Polizei werde die Banken bei der noch gezielteren Identifizierung besonders gefährdeter Geldautomaten unterstützen.

Angesichts der Verschiebung hin zu Karten-, Handy- und Onlinezahlungen stellt sich jedoch die Frage: Wie wichtig ist die Bargeldversorgung überhaupt noch? Nach wie vor sehr wichtig, zumindest wenn es nach der jüngsten Zahlungsverhaltensstudie der Bundesbank geht. Demnach tragen Bürgerinnen und Bürger im Schnitt 100 Euro Bargeld im Portemonnaie mit sich und begleichen 58 Prozent ihrer alltäglichen Zahlungen in bar. „Das macht Bargeld zum meistgenutzten Zahlungsmittel in Deutschland“, heißt es in der auf einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage basierenden Analyse.

Trotzdem seien bisher keine steigenden Beschwerden über mangelnde Geldautomaten zu verzeichnen, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Nachfrage. „Da haben wir ganz andere Probleme.“ Auch die Bundesbank sieht das Geldautomatensterben noch nicht als Grund zur Sorge. Die Bargeldversorgung der Bevölkerung sei weiterhin durch ein dichtes Netz an Bezugsmöglichkeiten gewährleistet. Doch der jüngste Lagebericht der Währungshüter enthält auch eine Mahnung an die Bankenbranche: „Voraussetzung für eine weiterhin intakte Bargeldinfrastruktur ist, dass die Kreditinstitute in Deutschland ihrer Verantwortung für die Bargeldversorgung auch zukünftig nachkommen.“