VfB-Stürmer Deniz Undav und die sechs jungen Fans vom Verein 46Plus Foto: Conny Wenk

Starke Bilder: Drei VfB-Profis haben sich zum Fotoshooting mit sechs jungen Fans mit Down-Syndrom getroffen. Die Aufnahmen sind demnächst auf Plakaten in der Stadt zu sehen und sollen helfen, Berührungsängste abzubauen.

Zur Feier des Tages, dem Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März, starten wir mit einem Witz: Karle behauptet im Freundeskreis, er sei berühmt. Die Freunde glauben ihm nicht. Zum Beweis fährt er mit ihnen nach Rom, wo er vom Papst begrüßt wird. Seite an Seite treten sie auf den Balkon des Petersdoms. Staunend hören die Freunde jemanden in der Menge sagen: „Wer ist denn der ältere Herr neben Karle?“

So ähnlich könnte es bald auch Juliana Wenk, Julia Enge, Tim Kollberg, Tim Krebs, Yannik Hauser und Timo Stockhause gehen. Sie haben sich mit den VfB-Profis Deniz Undav, Angelo Stiller und Waldemar Anton ablichten lassen. Die Bilder in XXL-Format schmücken das Heck von SSB-Linienbussen in Stuttgart und demnächst auch Plakatwände. Und vermutlich sind die sechs jungen Leute bald so stadtbekannt, dass Passanten fragen werden: „Wer sind denn die Herren neben Juliana, Julia, Yannik, Timo und den beiden Tims?“

Fotoshooting mit VfB-Kapitän. Foto: Conny Wenk

Das Ganze ist kein Witz, sondern eine wertschätzende Aktion des VfB Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Verein 46Plus. Der hat es sich zur Aufgabe gemacht, „rund um das Down-Syndrom zu informieren und dadurch bestehende Vorurteile und Berührungsängste abzubauen“. Der VfB Stuttgart hilft da kräftig mit. Seit Längerem schon unterstützt der Bundesligist die Aktivitäten des quirligen Vereins, in dem auffallend viel gelacht wird.

Fröhlichkeit herrscht auch an jenem trüben Januartag, an dem die sechs jungen Leute, bei denen wegen einer Laune der Natur das Chromosom 21 in den Körperzellen drei- statt zweifach vorhanden ist, das kleine Fotostudio im VfB-Clubhaus an der Neckarstraße betreten. Am Eingang haben sie VfB-Star Chris Führich getroffen und mit ihm geplaudert, sind kurz darauf den Ex-Profis Matthieu Delpierre und Christian Gentner über den Weg gelaufen und haben sich dann in VfB-Schale geworfen, um bei dem Fototermin ein möglichst gutes Bild abzugeben.

Anton, Undav und Stiller bilden eine „Achse der Herzen“

Helle Freude herrscht bei den Sechs, als Kapitän Waldemar Anton, Stürmer Deniz Undav und Mittelfeld-Ass Angelo Stiller das Studio betreten, in dem die Fotografin Conny Wenk schon alles für das Shooting vorbereitet hat. Anton, Undav und Stiller bilden an diesem Tag eine „Achse der Herzen“. Die Spieler und ihre sechs Models im Alter zwischen 14 und 25 Jahren klatschen sich ab, flachsen, fachsimpeln und blicken strahlend in die Kamera von Conny Wenk, die in der folgenden halben Stunde eine Serie wunderbarer Bilder machen wird: Deniz Undav umrahmt von Julia Enge und Yannik Hauser, Waldemar Anton, wie er mit Juliana Wenk und Tim Krebs ein Selfie macht, Angelo Stiller mit Tim Kollberg und Timo Stockhause im Arm, die ohnehin „Best Buddys“ sind, wie die Vereinsvorsitzende Simone Kollberg sagt, die dieses Fotoshooting auf Augenhöhe aus nächster Nähe verfolgt.

Helle Freude im Fotostudio: Angelo Stiller mit Tim Kollberg und Timo Stockhause (rechts). Foto: Conny Wenk

Auch die Profis haben großen Spaß daran. Das sieht man den Bildern an, die jetzt in der Stadt plakatiert werden. Die Aufschriften dazu lauten: „Vorurteile? Kommen bei uns nicht durch!“ Und: „Vorurteile? Schießen wir direkt ins Aus!“ Außerdem: „Wir zeigen Vorurteilen die rote Karte!“

Damit ist ein Herzensanliegen des Vereins 46Plus ausgesprochen. „Unser Ziel ist es zu zeigen, dass Menschen mit einem Down-Syndrom ganz selbstverständlich zu unserer Gesellschaft gehören und sie mit ihrer besonderen Art auf bezaubernde Weise bereichern“, betonen die Mitglieder. Im VfB haben sie einen engagierten Mitstreiter. „Wir wollen mit der VfB-Stiftung einen Beitrag zu einer offenen Gesellschaft leisten, deshalb setzen wir uns seit Jahren aktiv für Inklusion ein und unterstützen die Aktion unseres Projekt-Partners 46Plus selbstverständlich“, erklärt Steffen Lindenmaier, der Geschäftsführer der VfB-Stiftung. Diesem Anliegen dient auch ein im Jahr 2017 gestartetes Projekt für inklusive Fußballförderung (Pfiff) gemeinsam mit den jungen Kickern von 46 Plus. In anderen Bereichen der Gesellschaft gibt es da noch Nachholbedarf. „Leider ist Inklusion noch nicht die Regel“, sagt Simone Kollberg. Um das zu ändern, setzt der Verein vieles in Bewegung. Dazu gehört die Fotokampagne, die am Freitagabend vor dem Heimspiel des VfB gegen Union Berlin im ausverkauften Stadion vorgestellt wurde – selbstverständlich mit den 46 Pluslern.

„Gebt Gas am Wochenende!“

Für Juliana, Julia, Yannik, Timo und die beiden Tims war schon das Fotoshooting ein Erlebnis. Mit vor Stolz geschwollenem Brustring verabschiedeten sie sich an jenem Januartag von den Profis – nicht ohne ihnen einen Ratschlag für das nächste Bundesligaspiel mitzugeben: „Gebt Gas am Wochenende!“, sagt Tim Krebs augenzwinkernd zu Waldemar Anton. Der lacht: „Klar, wir versuchen drei Punkte zu holen.“ Das ist es, was Tim und seine Freunde hören wollen.

Der Mutmacher-Verein

Verein
Ziel des im Jahr 2003 gegründeten Vereins 46Plus ist es, rund um das Down-Syndrom zu informieren und auf diesem Wege Vorurteile und Berührungsängste abzubauen. Außerdem möchte der Verein neu betroffenen Familien Mut machen.

„Das Tal der Tränen ist nach der Diagnose meist schnell durchschritten“, sagt Vereinsmitglied Simone Kollberg aus Erfahrung. Sie betont jedoch auch: „Wir beurteilen nicht. Wir zeigen was möglich ist.“ Und das ist viel. Der Verein informiert über das Down-Syndrom und macht Beratungsangebote, um Eltern darin zu unterstützen, dass ihre Kinder selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Er organisiert Spiel- und Sportgruppen, beginnend mit der Krabbelgruppe, dem „Minis“-Kinderturnen und dem Eltern-Kind-Turnen. Regelmäßig veranstaltet der Verein Feste, Ausstellungen und macht Ausflüge. Außerdem verschafft er dem Thema Aufmerksamkeit durch Fotokalender, Kochbücher, Anzeigen- und Plakataktionen und das vereinseigene Espressomobil. Weitere Infos unter: www.46plus.de

Down-Syndrom
Bei Menschen mit einem Down-Syndrom ist das Chromosom 21 in jeder Zelle drei- statt zweifach vorhanden, daher spricht man auch von Trisomie 21. In Deutschland kommen nach Angaben des Vereins 46Plus jährlich etwa 1200 Kinder mit einem Down-Syndrom zur Welt. Statistisch gesehen weise eines von 600 bis 700 Babys das Down-Syndrom auf. Nur in ganz seltenen Fällen sei dies erblich bedingt. Wichtig ist dem Verein zu betonen, „dass Trisomie 21 eine Genveränderung, aber keine Krankheit ist. Jedes Kind mit Down-Syndrom ist einzigartig in Charakter, Persönlichkeit sowie Ausprägung von Intelligenz und Lernfähigkeit.“ red