Will Menschenrechte in Großbritannien einschränken, wenn es der Terrorismus-Bekämpfung nützt: Regierungschefin Theresa May – hier während eines Wahlkampfauftritts in Stoke. Foto:  

Die Ankündigung der britischen Regierungschefin Theresa May, im Fall ihrer Wiederwahl die Grundrechte einzuschränken, zeigt: Sie knickt vor dem Terrorismus ein, kommentiert Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Zugegeben, der Druck ist enorm. Als Regierungschefin des Vereinigten Königreichs, das in den vergangenen drei Monaten mehrfach und besonders schwer vom Terrorismus geschlagen wurde, steht Theresa May vor einer doppelten Herausforderung: Sie will am Donnerstag ihre Konservative Partei zum Wahlsieg führen und sich ihr Amt erhalten; vor allem aber muss sie ihren Landsleuten vermitteln, die Regierung sei in der Lage, sie hinfort wirkungsvoller zu schützen als zuletzt.

Leidvolle Erfahrung

Und dennoch: Das rechtfertigt nicht, dass May Menschenrechte einschränken will, wenn sie den Eindruck hat, das nütze der Terrorismus-Bekämpfung. Schließlich sind Grundrechte in demokratischen Rechtsstaaten ein übergeordnetes Gut, dem Belieben wechselnder Mehrheiten und Regierungsmitglieder entzogen. Aus gutem Grund und gerade in Europa aus besonders leidvoller historischer Erfahrung.

Dass May es anders sieht und offenkundig glaubt, im Zweifelsfall heilige der Zweck selbst solche Mittel, die den Rechtsstaat entkernen, belegt: Sie ist angezählt. Unter dem Eindruck der vergangenen Monate hat sie die Zuversicht verloren, die freie Demokratie sei wehrhaft genug, um Terroristen zu besiegen. Und leider ist ihr aus dem Blick geraten, worum es in diesem Kampf geht – genau jene Freiheit, jenen Lebensstil, jene Rechtssicherheit zu verteidigen, die in den Menschenrechten ihren stärksten Anker haben.

Wahllos gemordet und verstümmelt

Das Schlimmste an Mays Entgleisung ist: Die Terroristen, die Großbritannien angegriffen haben, werden sich auf die Fahnen schreiben, dass sie mit ihrem wahllosen Morden und Verstümmeln genau die Wirkung erzielen, auf die sie aus sind. Sie wollen das ihnen so verhasste westliche Wertesystem in seinen Grundfesten erschüttern.

Bleibt May nach ihrer wahrscheinlichen Wiederwahl auf diesem Kurs, wird sie erleben: Ermutigte Terroristen werden keineswegs weniger aggressive oder weniger gefährliche Terroristen sein. Für die Briten verheißt das nichts Gutes. Für ihre europäischen Nachbarn, die im Kampf gegen den Terrorismus selbstverständlich auf das Engste mit den Briten verbunden sind, auch nicht.