Die Feuerpause in der Ukraine ist brüchig, aber sie hält weitgehend. Präsident Poroschenko traut dem Frieden aber nicht. Setzt er seine Forderungen nach Waffen aus dem Westen und einer UN-Mission durch?
Kiew - Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die prorussischen Separatisten vor „neuen Aggressionen“ gewarnt. Er sei sicher, dass der Westen bei einem weiteren Angriff auf die Souveränität des Landes nicht zögern und Waffen an Kiew liefern werde, sagte er in einem Fernsehinterview. Die Ukraine habe bereits mit elf EU-Mitgliedern Kaufverträge für solches Kriegsgerät unterschrieben, sagte der prowestliche Staatschef, ohne die Namen der Länder zu nennen. Die Entscheidung der USA, Drohnen und gepanzerte Fahrzeuge zu liefern, nannte Poroschenko „richtungsweisend“.
Der deutsche Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger bekräftigte seine Forderung, Waffenlieferungen an Kiew nicht grundsätzlich auszuschließen. „Eine wehrlose Ukraine wäre auch eine Gefährdung der europäischen Sicherheit“, sagte er der Zeitung „Die Welt“ (Samstag). Zur Stabilisierung der Ukraine gehöre eine funktionierende Landesverteidigung. Deutschland lehnt Waffenlieferungen an Kiew ab.
Die Aufständischen kritisierten den Präsidenten scharf. „Poroschenko spricht von Frieden und kauft gleichzeitig Waffen - das ist doppelzüngig“, sagte Separatistenführer Igor Plotnizki in Luhansk.
Russland hält indessen an seiner Kritik an ukrainischen Plänen für eine UN-Friedensmission im Krisengebiet Donbass fest. In dem vor einem Monat in Minsk geschlossenen Friedensabkommen hätten sich die Konfliktparteien darauf geeinigt, dass vor allem die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mehr Beobachter entsenden sollte, sagte Vize-Außenminister Gennadi Gatilow am Samstag in Moskau. Weitere Kontingente seien „nicht zweckmäßig“.
Poroschenko hatte zuvor betont, die Ex-Sowjetrepublik bleibe bei ihren Plänen. „Eine solche Mission soll keine Alternative zum Minsker Friedensplan sein“, sagte der Präsident in dem am Freitagabend ausgestrahlten Interview. Die derzeitigen OSZE-Beobachter seien nicht in der Lage, die gesamte Unruheregion zu überwachen.
Der seit elf Monaten andauernde Konflikt im Donbass, bei dem bereits mehr als 6000 Menschen ums Leben kamen, ist auch ein Grund für die finanziell angespannte Lage in Europas zweitgrößtem Flächenstaat. Die kürzlich gegründete Agentur zur Modernisierung der Ukraine kämpft mit Startschwierigkeiten. Dem Magazin „Der Spiegel“ zufolge steht der ehemalige Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) doch nicht als Berater für die Reforminitiative zur Verfügung. Der Staatsrechtler sollte Kiew in Verfassungsfragen betreuen.
Die Mission ist dem Bericht zufolge in die Kritik geraten, weil sie von umstrittenen ukrainischen Oligarchen finanziert werden soll. Weitere deutsche Experten in dem Kreis sind Ex-Finanzminister Peer Steinbrück und der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen (beide SPD).
Die Bundesregierung will der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zufolge beim EU-Gipfel in dieser Woche durchsetzen, dass die Krim-Sanktionen gegen Russland an die vollständige Umsetzung der Friedensvereinbarungen von Minsk gekoppelt werden. Ein solcher Beschluss würde demnach bedeuten, dass die Strafmaßnahmen gegen Moskau mindestens bis Ende des Jahres in Kraft bleiben.