Was darf auf dem Trottoir stehen und was nicht? Das hat Stuttgart jetzt haarklein geregelt – und damit Jan Sellner Stoff für eine Glosse geliefert.
Stuttgart - Die Themen, sagt man, liegen auf der Straße. Man muss sich nur danach bücken. Oder sie liegen auf dem Gehweg. Speziell dort liegt im eigenwilligen Stuttgart so einiges rum. Besser gesagt, es steht einiges rum: Bänkle, Kübel, Stühle und anderes Mobiliar. Nach Ansicht der Stadt viel zu viel. Wir hatten’s ja schon mal davon.
Jetzt hat das Ordnungsamt, wie es sich für ein Amt dieses Namens gehört, Ordnung geschaffen und in Absprache mit den Bezirksvorstehern Regeln für die Gehweg-Möblierung aufgestellt, also eine Art Außer-Hausordnung erlassen: Sitzbänke, so wird verfügt, müssen „direkt an die Gebäudewand gerückt werden“. Maximal 60 Zentimeter tief dürfen sie ins Trottoir ragen und nicht breiter als zwei Meter sein. Pro Haus ist grundsätzlich nur ein Bänkle erlaubt – mit dessen Aufstellung alle Hausbewohner einverstanden sein müssen. Fürs Saubermachen ist selbstverständlich der Bankangestellte, Pardon der Bänkleaufsteller zuständig. Und dass ja keiner auf die Idee kommt, einen Sonnenschirm oder einen Tisch daneben zu stellen, wenn’s mal wieder Sommer ist! Allenfalls ein Klappstühlchen ist gestattet – sofern es anschließend wieder zusammen- und der Gehsteig hochgeklappt wird. Der Gehsteig ist dazu gedichtet. Der Rest ist wahr. So sieht’s aus!
Und ohne schriftliche Genehmigung wird auf Stuttgarts Gehwegen schon mal gar nicht privat rumgesessen. Oder rumgekübelt! Für Pflanzkübel gilt offiziell: einer links und einer rechts des Hauseingangs; das ist das höchste der Gefühle. Apropos hoch: bei 60 Zentimeter ist Schluss. Es läuft in der Praxis also eher auf Bonsais raus. Und auch für die gilt: minimum 50 Zentimeter Abstand zum Nachbarhaus!
Selbstredend darf das Pflanzbehältnis nicht direkt vor der Haustüre platziert werden, also nicht „ante portas“. Bei der Gelegenheit: Stuttgart grüßt seinen ehemaligen Mitbürger Loriot! Im Lichte der behördlichen Vermessung des Gehwegs fühlt es sich an, als hätte er die Stadt nie verlassen. Wobei nicht bekannt ist, ob vor dem früheren Wohnhaus der von Bülows in der Haußmannstraße 1 einst ein Bänkle oder eine Kübelpflanze stand, und wenn ja, in welchem Abstand zur Gebäudewand.
Stuttgart grüßt Loriot!
Wer das Trottoir aufmöbelt, muss auf Eltern mit Kinderwagen und Menschen mit Einschränkungen Rücksicht nehmen. Diese Schlussfolgerung liegt nicht auf der Straße, sehr wohl aber auf der Hand. Ob’s dafür jedoch eine haarkleine Gehwegordnung braucht, ist eine andere Frage. Oft geht’s bei den Bänkle doch einfach nur um guten Willen – und um ein Muggaseggele hin oder her.