Der Blick geht ins Nirgendwo: Josip Brekalo steckt mit dem VfB Stuttgart zum Ende des Jahres in der Krise – bis zum Rückrundenstart am 13. Januar muss sich einiges ändern. Foto: Baumann

Die Euphorie ist verflogen, der VfB Stuttgart hat bis zum Start der Bundesliga-Rückrunde die eine oder andere Hausaufgabe zu erledigen. Wir zeigen, wo die Problemfelder liegen.

Stuttgart - Auf zwei Schüsse hat sich die Situation beim VfB Stuttgart am Jahresende verdichtet. Zwei Elfmeter, beide vergeben. „Ansonsten stünden wir ganz anders da“, sagt der Sportchef Michael Reschke. Mit einem Teilerfolg gegen den FC Bayern in letzter Sekunde sowie als Pokal-Viertelfinalist nach einem möglichen Sieg beim FSV Mainz 05. Einen emotionalen Schub hätte das gegeben, aber die Realität sieht anders aus. Beim Fußball-Bundesligisten blinken nach dem 1:3 bei den Rheinhessen, der fünften Niederlage hintereinander, die Warnsignale, denn der VfB muss sich auf einen Kampf gegen den Abstieg einrichten, der laut Reschke erst am vorletzten und letzten Spieltag entschieden wird.

Der Trainer

Hannes Wolf war die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Wieder verloren, und wieder hatte es der VfB in Mainz an Konsequenz und Konzentration vermissen lassen. Das nervt den Trainer, da die Stuttgarter am Ende eines eigentlich „fantastischen“ Fußballjahrs in einer „fiesen“ Phase stecken. Beide Einordnungen stammen von Wolf, der nach dem Aufstieg nun gehörig unter Druck gerät. Das Unverständnis über Personalentscheidungen wird größer und die Kritik an der Spielweise wird außerhalb des Vereins lauter. Vor allem fehlender Mut wird dem VfB vorgeworfen – und das fällt auf den Trainer zurück. Er hat der Mannschaft ein System verpasst, dass die Defensive stärkt. Aber es kostet die Stuttgarter Offensivkraft. Denn die Dreierabwehrkette, die sich zum Fünferriegel auswächst, plus die zwei Mittelfeldspieler davor, sind beauftragt, den Laden hinten dicht zu halten. Nach vorne geht dann wenig. Auch im Team ist das ein Thema. Soll Christian Gentner aus der Sechserposition in den Strafraum vorstoßen – oder nicht? Passende Antworten liefert der VfB aber seit vier Wochen nicht, nur Niederlagen. Dennoch betont der Sportchef Michael Reschke: „Die Frage nach der Kreditlinie des Trainers hat mich noch nicht beschäftigt.“ Die Vereinsführung vertraut Wolf.

Die Stagnation

Kurz vor Weihnachten gab es auch noch gute Nachrichten vom VfB Stuttgart: Benjamin Pavard (21) hat – wie Matthias Zimmermann – seinen Vertrag vorzeitig verlängert. Der Franzose hat geschafft, was anderen jungen Spielern bislang noch nicht gelungen ist – worauf der VfB bei der aktuellen Kaderzusammenstellung aber dringend angewiesen ist: Er ist nach dem Aufstieg (wie auch der 21-jährige Timo Baumgartl) Entwicklungsschritte nach vorn gegangen. Josip Brekalo (19) und Takuma Asano (23) dagegen treten trotz kurzfristiger Höhenflüge in ihrer Entwicklung auf der Stelle. Berkay Özcan (19) hat sich zwar gesteigert, kann das Offensivspiel aber noch zu selten entscheidend lenken, Dzenis Burnic (19), Orel Mangala (19) und Ailton kommen über die Rolle des Mitläufers nicht hinaus. Anto Grgic (21) und Ebenezer Ofori (22) spielen gar keine Rolle mehr und dürfen den Verein im Winter verlassen, ins Trainingslager reist das Duo gar nicht mit. In der Summe bremst all dies die generelle Entwicklung der Mannschaft.

Die Mentalität

Die Szene hatte für Michael Reschke Symbolcharakter: Ron-Robert Zieler versuchte mit aller Macht, den Gegentreffer der Münchner in der Nachspielzeit zu verhindern. Ihm zu Hilfe eilten zwei Kollegen – im Vollsprint. Gemeinsam stoppten sie am vergangenen Samstag tatsächlich den Bayern-Star James. Und Michael Reschke meinte hinterher: „Allein diese Szene zeigt die Mentalität der Mannschaft.“ Die er drei Tage später schon wieder infrage stellte. Nach dem Pokal-Aus in Mainz jedenfalls las der Sportvorstand des VfB einem Großteil seines Teams die Leviten. Längst nicht alle hätten eine Leidenschaft an den Tag gelegt wie etwa Kapitän Christian Gentner. Präsident Wolfgang Dietrich war „enttäuscht, das in Mainz nicht alle den Eindruck machten, alles für unseren Erfolg zu geben“. Was also ist das wahre Gesicht des Aufsteigers. „Die Mentalität ist gut“, fasste Reschke am Mittwoch die Vorrunde zusammen – und bezog sich dabei vor allem auf eine Achse aus Spielern wie Gentner, Zieler, Santiago Ascacibar und Holger Badstuber. Weil der VfB es sich aber nicht leisten kann, unterhalb des Limits zu agieren, muss auch vom Rest in der Rückrunde mehr Leidenschaft eingebracht werden.

Die Unruheherde

Viel Zeit bleibt dem VfB nicht. Nur elf Tage, um sich gemeinsam sportlich auf die Rückrunde vorzubereiten. Am 2. Januar ist Trainingsauftakt, am 13. Januar steht das Heimspiel gegen Hertha BSC an. Doch einige Fragen werden die Stuttgarter weit über die erste Pflichtpartie im Jahr 2018 hinaus begleiten – und diese haben durchaus das Potenzial, um zu Brennpunkten zu werden. Zum Beispiel, ob Holger Badstuber bereit ist, seinen Vertrag beim VfB über diese Saison hinaus zu verlängern. Der Abwehrspieler selbst hat es bei seiner Zukunftsplanung nicht eilig. Er liebäugelt damit, noch einmal international spielen zu können. Kurzfristig. Manager Michael Reschke muss dagegen möglichst rasch klären, wie diese Kaderstelle mittelfristig besetzt wird. Oder auch der Fall des Josip Brekalo. Der kroatische Flügelspieler will mehr Einsatzzeit. Auch weil er die WM-Teilnahme im Blick hat. Eine vorzeitige Rückkehr zum VfL Wolfsburg hat er deshalb ins Auge gefasst. Doch der VfB beharrt auf das Leihgeschäft bis zum Saisonende. Ob er im März die Kaufoption mit 17,5 Millionen Euro Ablöse zieht, ist unwahrscheinlich. Ebenso wie aktuell bei Carlos Mané, der von Sporting Lissabon ausgeliehen ist und 15 Millionen kostet. Ein weiterer Spieler im Verleihverbund ist Takuma Asano (FC Arsenal) – ohne Kaufoption, aber mit den Gedanken vielleicht ebenso bei den eigenen Interessen. Dazu kehrt Dzenis Burnic im Sommer zu Borussia Dortmund zurück.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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