Der VfB Stuttgart sucht dringend einen neuen Coach: Der Ex-Hoffenheimer Gisdol steht weit oben auf der Liste von Jan Schindelmeiser, aber es gibt auch andere Optionen.
Stuttgart - Jan Schindelmeiser muss gerade etwas machen, was er zuvor erst dreimal getan hat – einen Trainer suchen. Seine nahezu zeitgleichen Premieren feierte der heutige Sportvorstand des VfB Stuttgart vor 17 Jahren, als er Manager bei dem damaligen Zweitligisten Tennis Borussia Berlin war. Im Sommer 1999 brauchte er dort sowohl für das Profiteam als auch für die U-19-Junioren einen neuen Chef. Für die erste Mannschaft verpflichtete Schindelmeiser dann Winfried Schäfer – und für den Unterbau kam Mirko Slomka.
Beide sind aber jetzt beim VfB keine Kandidaten für die Nachfolge des am Donnerstag zurückgetretenen Jos Luhukay – der momentan für die Nationalelf von Jamaika zuständige Schäfer (Spitzname 1999 in Berlin: „Konfusio“) sowieso nicht. Über Slomka hat der VfB aktuell zwar nachgedacht, jedoch nur ganz kurz. Dann wurde dieser Gedanke verworfen – im Gegensatz zu den Planspielen mit dem dritten Trainer, den Schindelmeiser einst schon unter Vertrag genommen hat: Markus Gisdol.
Die erfolgreiche Zusammenarbeit in Hoffenheim
Mit ihm arbeitete er in der Saison 2009/10 bei der TSG 1899 Hoffenheim zusammen. Schindelmeiser holte Gisdol als Coach für die zweite Mannschaft in den Kraichgau – eine erfolgreiche Maßnahme. Denn die Elf ist direkt in die Regionalliga aufgestiegen. Überliefert ist weiter, dass das Verhältnis zwischen Gisdol und Schindelmeiser bis zum Abgang des Managers am 30. Juni 2010 intakt war. Nun ist Gisdol der Favorit auf den Job beim VfB. „Fachlich gibt es auf dem Markt definitiv keinen besseren Mann als ihn“, sagt Helmut Groß, der viele Trainer kennt und ausgebildet hat, nicht nur Gisdol, sondern beispielsweise auch Ralf Rangnick oder Thomas Tuchel.
Aus VfB-Kreisen verlautet wiederum, dass bei der laufenden Suche alle Optionen geprüft werden, durchaus also auch mit Trainern, die noch bei anderen Vereinen gebunden sind. Unter diese Rubrik könnte etwa Heiko Herrlich vom Drittligisten Jahn Regensburg fallen. Gedanklich ausgeschlossen sind demnach neben Schäfer und Slomka eigentlich nur echte Hochkaräter.
Einiges spricht jedoch für Gisdol, der am 2. April 2013 die TSG 1899 Hoffenheim I in vermeintlich aussichtsloser Situation übernommen und noch vor dem Abstieg aus der Bundesliga gerettet hat. In den beiden folgenden Spielzeiten erreichte er mit dem Club jeweils einen Platz im gesicherten Mittelfeld, ehe es in der vergangenen Saison bergab ging. Am 26. Oktober 2015 wurde er entlassen – ein Schicksal, vor dem praktisch kein Trainer verschont bleibt.
Beim VfB wäre Gisdol zudem kein Unbekannter, nachdem er von 2005 bis 2007 bereits bei der U 17 tätig war. Ein erneutes Engagement auf dem Wasen würde an ihm kaum scheitern, da der VfB nach wie vor ein Traditionsverein ist, der zwar am Boden liegt, aber die reizvolle Perspektive bietet, wieder nach oben kommen zu können.
Menschlich eilt Gisdol allerdings aus seiner Hoffenheimer Endphase der Ruf voraus, bisweilen etwas schwierig im Umgang zu sein und sich von keinem reinreden zu lassen. Vor allem dieser letzte Punkt hatte auch zum Bruch mit Luhukay geführt. Schindelmeiser kann die Tugenden von Gisdol aus persönlicher Erfahrung beurteilen – im Gegensatz zu den Umständen bei André Breitenreiter, den der VfB ebenfalls auf seiner Liste aufgenommen hat.
Das Problem bei Breitenreiter
Er wäre einer, der weiß, wie man in die Bundesliga aufsteigt, weil er das 2014 mit dem SC Paderborn geschafft hat. Ein Jahr später stieg er aber wieder ab – und im Mai wurde Breitenreiter beim FC Schalke gefeuert. Im Umfeld des Revierclubs hieß es dazu, dass Breitenreiter sehr überzeugt von sich sei, aber dass seine fachlichen Qualitäten in Wirklichkeit lange nicht so berauschend ausfallen würden wie er das meint.
Schindelmeiser wägt ab, auch weil der VfB nur einen Coach einstellen will, von dem alle wichtigen Angestellten im Verein einschließlich des Aufsichtsrats restlos überzeugt sind. Einen Schnellschuss werde es in dieser Frage auf keinen Fall geben – das ist die interne Ansage, die bedeutet, dass es noch eine Weile dauern kann, bis die offene Stelle besetzt wird.
Das am Donnerstag als Interimslösung ins Amt gehievte Trio mit Olaf Janßen, Andreas Hinkel und Heiko Gerber dürfte deshalb über die Partie an diesem Samstag beim 1. FC Kaiserslautern hinaus die Verantwortung für das sportliche Abschneiden tragen – zumal ein hektischer Abschnitt vor dem VfB liegt, mit drei Spielen in nur sechs Tagen. Nach Kaiserslautern sind Eintracht Braunschweig am Dienstag und der VfL Bochum am Freitag die Gegner.
Danach wird die Entscheidung vermutlich fallen, wobei beim VfB zu hören ist, dass am Ende eventuell sogar eine überraschende Wahl erfolgen könnte. So hat Schindelmeiser auch das benachbarte Ausland im Visier, speziell die Schweiz, von wo aus zuletzt immer wieder interessante Trainer kamen – von Ottmar Hitzfeld bis zu Lucien Favre sozusagen.
Gespräche fanden bereits statt. Manches deutet aber darauf hin, dass der vierte Trainer, den Schindelmeiser präsentiert, der gleiche ist wie bei seinem dritten Mal.