Beim Aktienkauf soll das Land nicht nur an die Kurse denken Foto: dpa

Das Land will sein Vermögen für Pensionen klimafreundlich und nach sozialen und ethischen Maßstäben anlegen. Doch das ist schwieriger als geplant

Stuttgart - Eigentlich sollte es schnell gehen. Im vergangenen Oktober stellte Finanzstaatssekretärin Gisela Splett dem Versorgungsbeirat für die Beamtenpensionen die geplanten Richtlinien für den Kauf von Aktien und Staatsanleihen vor. Doch statt auf Beifall stieß die Grünen-Politikerin auf viel Gegenwind. Die Vorschläge schadeten der baden-württembergischen Wirtschaft, argumentierten unter anderem Vertreter aus dem Wirtschaftsministerium und dem Innenministerium. Derzeit suchen Grüne und CDU im Landtag nach einem Kompromiss.

 

Bei den Koalitionsverhandlungen vor einem Jahr hatten die beiden Parteien vereinbart, dass die Sondervermögen des Landes für die Beamtenversorgung auf Nachhaltigkeit setzen soll. Künftig sollte das Land keine Aktien (mehr) kaufen von Unternehmen mit Geschäftsbereichen, die mit Klimaschutz oder sozialen und ethischen Grundsätzen nicht vereinbar sind.

Keine Aktien für Personenminen-Hersteller

Beim ihrem Versuch, die Vereinbarung in die Praxis umzusetzen und klare Kriterien zu entwickeln, taten sich immer neue Fragen auf: Kann das Land dann noch in Unternehmen wie die EnBW oder Eon investieren, die noch Strom aus Atomkraft und Kohle anbieten, aber zunehmend auf erneuerbare Energien setzen? Wie verhält es sich mit den Autoherstellern? Und mit Firmen, die sich für grüne Gentechnik stark machen? Wie soll das Land nach dem Abgas-Skandal mit seinen VW-Aktien umgehen? In einem sind sich Grüne und CDU aber einig: Aktien von Firmen, die geächteten Waffen wie Personenminen oder Streubomben produzieren oder damit handeln, sind tabu. Ebenso Anleihen von Staaten, in denen es die Todesstrafe gibt.

„Wir wollen nicht, dass baden-württembergische Unternehmen stigmatisiert und ausgeschlossen werden“, sagt Tobias Wald, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag. Würde das Land Firmen benennen, die den künftig strengeren Kriterien nicht entsprechen, hätte das Signalwirkung und könnte sich negativ auf Arbeitsplätze auswirken. Deshalb plädiert er für eine „Positivliste“, auf der diejenigen Unternehmen genannt werden, die nachhaltige Angebote machen und deren Aktien deshalb gekauft werden dürften.

Anlagen sichern Beamtenversorgung

„Es geht nicht um eine Positiv- oder Negativbewertung von Unternehmen, sondern um klare Kriterien, auf deren Basis das Fondmanagement entscheiden kann“, sagt die Grünen-Finanzexpertin Thekla Walker. Solche Nachhaltigkeitskriterien sorgten dafür, dass Veränderungen eingeleitet werden – etwa in Richtung Klimaschutz. „Wir wollen der Wirtschaft nicht schaden, sondern dazu beitragen, dass sie in nachhaltige Bereiche investiert – das sichert Unternehmen mittelfristig dieRendite“.

Mit den Aktiengeschäften will das Land die Versorgung der Landesbeamten und Richter sowie deren Hinterbliebenen langfristig absichern. Um zu verhindern, dass die Ausgaben für Pensionen in den nächsten Jahrzehnten einen immer größeren Anteil des Haushalts beanspruchen und die finanziellen Spielräume immer mehr einengen, richtete die damalige CDU-FDP-Koalition zwei Sondervermögen ein: 1999 rief sie eine Versorgungsrücklage ins Leben, 2008 folgte ein Versorgungsfonds. Der größere Teil des Vermögens wurde in Staats- und Länderanleihen sowie in Pfandbriefe investiert, 40 Prozent sind derzeit in Aktien angelegt. Die durchschnittliche Rendite liegt bei etwa 4 Prozent pro Jahr.

Fünf Prozent der Anlagen umstritten

Ein Teil des Geldes sei in Bereiche investiert, die zu einer grün-geführten Regierung nicht passten, kritisierte im vergangenen Sommer das Rechercheteam Correctiv. Ausgerechnet das einzige Land mit einem grünen Ministerpräsidenten halte das größte Klimasünder-Portfolio. Es besitze Aktien im Wert von über 190 Millionen Euro von Unternehmen, die ihr Geld vor allem mit Kohle, Öl oder Gas verdienten und damit hauptsächlich zum Klimawandel beitrügen. Aber auch Tabakkonzernen und ausländischen Atomkraftwerksbetreibern komme das Geld des Landes zugute.

Im Finanzministerium ist man zuversichtlich, dass die strittigen Fragen in absehbarer Zeit geklärt werden können und die neuen Richtlinien noch vor der Sommerpause vorliegen. Die strittigen Punkte beträfen etwa etwa fünf Prozent der Anlagen, sagte ein Sprecher.