Seit Kurzem gibt es auch auf der Augsburger und Gnesener Straße einen neuen Radstreifen. Foto: Maira Schmidt

Die Geburtsstätte des Automobils wird fahrradfreundlicher. Doch das Engagement für die Radfahrer gefällt nicht jedem im Stadtbezirk. Auf Facebook sorgt der neue Radstreifen an der Augsburger und Gnesener Straße für jede Menge Unmut.

Bad Cannstatt - Für Fahrradfahrer wird in Bad Cannstatt zurzeit viel getan. Für gut 1,5 Millionen Euro wurden laut Nicolaus Welker vom Tiefbauamt die Waiblinger und Nürnberger Straße fahrradfreundlich umgestaltet. Je eine Fahrspur pro Richtung fiel weg, ein Radstreifen wurde markiert, Ampeln erneuert und der Gehweg verbreitert. Auch der Bau der Hauptradroute 11 an der Neckartalstraße zwischen Mühlhausen und Bad Cannstatt ist in vollem Gange. Der erste Bauabschnitt zwischen der Wilhelmsbrücke und der Voltastraße läuft bereits.

Rund 450 000 Euro wird dieser die Stadt laut Welker kosten. In etwa die gleiche Summe sei für den zweiten Bauabschnitt zwischen der Voltastraße und der Reinhold-Maier-Brücke eingeplant. Im Vergleich dazu kam der neue Radstreifen auf der Augsburger und Gnesener Straße die Stadt relativ günstig. Da bis auf das Auftragen der Markierung zwischen der Seubertstraße und dem Ebitzweg keine weiteren Umbauarbeiten notwendig gewesen seien, habe diese Maßnahme nur 27 000 Euro gekostet, sagt Welker. Zwei Vorhaben stehen laut dem Mitarbeiter des Tiefbauamtes in diesem Frühjahr noch aus: Ein Radstreifen auf der Daimlerstraße zwischen der Waiblinger und Deckerstraße sowie die Gehwegverbreiterung an der König-Karl-Straße unter der Eisenbahnbrücke. Der Gehweg wird dort von Radfahrern und Fußgängern parallel genutzt.

Mehr als 60 Kommentare löst die Nachricht aus

„In Bad Cannstatt gibt es derzeit viele Fahrradprojekte“, sagt Claus Köhnlein, der Fahrradbeauftragte der Stadt. Eine Entwicklung, die nicht jedem gefällt. Nach wie vor ebbt die Kritik an dem Radstreifen auf der Waiblinger und Nürnberger Straße nicht ab. Nun sorgt auch der Umbau der Augsburger und Gnesener Straße – auch dort fiel eine Fahrspur pro Richtung weg – für Unmut.

Mehr als 60 Kommentare löst die Nachricht, dass unterhalb des Augsburger Platzes zwischen dem Ebitzweg und der Seubertstraße ein neuer Radstreifen entstanden ist, auf der Facebook-Seite unserer Redaktion aus. Bis auf zwei positive Meinungsäußerungen handelt es sich durchweg um Kritik. Inhaltlich gehen die Äußerungen in die gleiche Richtung wie schon beim Radstreifen auf der Waiblinger Straße: Kein Fahrradfahrer sei zu sehen, dafür aber lange Staus. „Ich fahre viel mit dem Rad, aber ich bin ja net lebensmüde“, schreibt etwa eine Nutzerin des Sozialen Netzwerks. Eine andere Userin meint: „Morgens Stau, abends Stau ... aber einen Radfahrer sieht man dort nicht.“ Bis zur Schmidener Straße würde sich der Verkehr in den Morgenstunden stauen, weiß ein anderer zu berichten.

Vereinzelt gibt es aber auch andere Töne. So meint ein Facebook-Nutzer in Richtung der anderen Kommentatoren: „Eure Autobesessenheit ist einfach nur provinziell. In anderen Städten freut man sich über Radwege, hier ist man nur am Jammern, weil man mit seinem heiligen Blechle anscheinend nicht schnell genug vorwärts kommt.“ Doch genau wie bei der Waiblinger Straße sind es nicht nur die Berufspendler, die sich beklagen, sondern auch die Anwohner. So schreibt eine Bewohnerin des Bezirks: „Ich als Anwohner muss mich jetzt jeden Tag über stundenlanges Gehupe und vor allem über den Geruch ärgern.“

Die kürzeste und topografisch einfachste Verbindung

Für den Fahrradbeauftragten Claus Köhnlein ist die Kritik an dem neuen Radstreifen auf der Gnesener und Augsburger Straße unterdessen „völlig unverständlich“. Er habe dort noch keinen Stau beobachtet. Das Verkehrsaufkommen sei an dieser Stelle nicht so hoch, zwei Fahrspuren pro Richtung seien nicht erforderlich, bestätigt auch Susanne Scherz vom Stadtplanungsamt. Außerdem betont die Stadtplanerin, dass die Verwaltung mit dem neuen Radstreifen einen Wunsch des Bezirksbeirats umgesetzt habe.

Laut Köhnlein handelt es sich bei der Strecke zwar nicht um eine Hauptradroute, aber um die „kürzeste und topografisch einfachste Verbindung“ für Radfahrer zwischen Obertürkheim und Münster. Bisher sei diese Strecke für Radfahrer sehr umständlich gewesen. Der Radweg habe von Untertürkheim aus abrupt vor der Unterführung geendet, die Radfahrer mussten einen Umweg über den Augsburger Platz in Kauf nehmen. Da in dem Straßenabschnitt ohnehin der Belag erneuert worden sei, habe man die Gelegenheit genutzt und die Lücke geschlossen. Langfristig soll der Radstreifen bis hinunter zur Neckartalstraße führen. „Es gibt keinen Grund, dort nichts für Fahrräder zu machen“, meint Köhnlein.