Die Zukunft der Lufthansa liegt im Nebel – eine Lösung für den Streit mit den Piloten ist nicht in Sicht. Foto: dpa

Bei der Lufthansa geht der Streik der Flugzeugführer auch am Donnerstag weiter, mehr als 200 000 Passagiere sind von dem Ausstand betroffen.

Frankfurt - Die Fronten zwischen den Piloten und dem Management der Lufthansa sind nach wie vor verhärtet. Es gebe noch keine Annäherung, teilten beide Seiten am Nachmittag des ersten von zwei erneuten Streiktagen mit. Das war aber auch die einzige Übereinstimmung. Während der Lufthansa-Vorstand die Tarifforderungen nach über 20 Prozent für mehrere Jahre als „völlig überzogen“ bezeichnet, bleibt die Pilotenvereinigung Cockpit dabei, dass dies das Mindeste sei, was man den Lufthansa-Piloten zugestehen müsse. Eine Schlichtung allerdings, wie sie der Vorstand mehrfach vorgeschlagen hat, wollen die Flugzeugführer auch nicht. Sie drohen vielmehr damit, dass es weitere Streiks geben wird, wenn die Lufthansa nicht ein „verhandlungsfähiges Lohnangebot“ vorlege, wie Jörg Handwerg, Vorstand der Pilotenvereinigung Cockpit, am Frankfurter Flughafen erklärte.

In der Nacht auf Mittwoch hatte die Gewerkschaft den Streik auf Donnerstag verlängert. Damit lassen die 5400 Flugzeugführer der Kranich-Airline die Arbeit für mindestens 48 Stunden lang ruhen, eine weitere Verlängerung wurde in Branchenkreisen am Mittwoch nicht ausgeschlossen. Die Lufthansa annullierte für Donnerstag 912 Flüge, etwa zwei Drittel der Verbindungen ihrer Stammmarke. Am Mittwoch waren schon 880 Flüge ausgefallen, betroffen von dem erneuten Ausstand der Flugzeugführer waren nach Lufthansa-Angaben rund 215 000 Passagiere.

In der Sache zeigen sich beide Seiten unnachgiebig. „Wir können uns die verfahrene Situation nach vier Jahren Verhandlungen nur mit einer ideologischen Einstellung des Managements erklären“, sagte VC-Vorstand Handwerg. Die Lufthansa habe auch in anderen Teilen des Unternehmens Ärger mit der Belegschaft. Das Unternehmen wies dies zurück. „Cockpit ist mehr an der Eskalation als an der Lösung des Konflikts interessiert“, sagte ein Konzernsprecher.

Lufthansa will Führungsposition am Himmel verteidigen

Tatsächlich geht es den Piloten nach Einschätzung von Experten weniger um ihre reale Gehaltshöhe – schlecht bezahlt werden sie auch jetzt nicht – sondern nach wie vor vor allem darum, eine Spaltung der Belegschaft im Konzern zu verhindern. Neue Piloten der Lufthansa sollen weniger verdienen und auch die Flugzeugführer bei den Tochtergesellschaften Eurowings oder Germanwings sollen zu günstigeren Konditionen fliegen. Das, so jedenfalls die Argumentation des Konzernchefs Carsten Spohrs, ist notwendig, damit die Lufthansa in dem immer härter werdenden Wettbewerb am Himmel ihre Führungsposition behaupten kann. Die Piloten dagegen verweisen darauf, dass der Konzern in den vergangenen Jahren gut verdient habe. Dies aber sei nicht in die Zukunft fortzuschreiben, meint Spohr.

Auch der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) kritisierte die harte Haltung der VC. „Die vergangenen Jahre haben bewiesen, dass die Luft gerade für die europäischen Traditions-Airlines dünner wird“, erklärte BTW-Generalsekretär Michael Rabe. „Indem die Piloten dies durch ihre ständigen Streiks sogar verschärfen, sägen sie ganz massiv immer weiter am Ast, auf dem sie sitzen.“

Lufthansa nimmt Schadenersatz-Klage wieder auf

Um den Druck auf die Gewerkschaft zu erhöhen, hat der Vorstand beschlossen, eine zwischenzeitlich ruhende Schadenersatz-Klage über 60 Millionen Euro wieder aufzunehmen. Die Forderung bezieht sich auf die erste Streikrunde im aktuellen Tarifkonflikt aus dem April 2014, die vom Unternehmen als nicht rechtmäßig eingeschätzt wird. Lufthansa hatte die Klage ruhen lassen, um die laufenden Gespräche mit der Vereinigung Cockpit nicht zu belasten. Das hat sich mit dem aktuellen Streik nun erledigt.

Lufthansa-Passagiere haben sich offenbar inzwischen an die Streiks gewöhnt. An den beiden Drehkreuzen Frankfurt und München herrschte zumindest weitgehend Ruhe, nur vereinzelte Kunden, die von einem Überseeflug kamen, wussten nicht so recht, was sie nun tun sollten. Auch im Südwesten hat der Arbeitskampf für Flugausfälle gesorgt. Alle fünf Verbindungen von und nach Frankfurt sowie ein Flug von und nach München wurden gestrichen, sagte eine Sprecherin des Flughafens Stuttgart. Ihr zufolge waren 12 der 18 Lufthansa-Flüge betroffen. Der Baden-Airpark war nach eigenen Angaben nicht betroffen. Lufthansa-Verbindungen gibt es dort einer Sprecherin zufolge ohnehin nicht. Am Donnerstag sollte der Streik weitergehen. Dann sollen lediglich zwei Flüge nach München und zwei Flüge von München nach Stuttgart stattfinden, wie aus dem Ersatzflugplan der Airline hervorgeht. Damit fallen 14 von 18 Lufthansa-Flügen aus.

Auswirkungen auch im Südwesten

Schon am Dienstag hatte sich der Streik der Lufthansa-Billigtochter Eurowings in Düsseldorf und Hamburg auf Flüge im Südwesten ausgewirkt. Am Stuttgarter Flughafen sei ein Flug von und nach Hamburg gestrichen worden, sagte ein Flughafensprecher. Auch am Baden-Airpark fiel eine Flugverbindung aus.

Für gestrandete Fluggäste in Frankfurt und München hatte die Lufthansa Mitarbeiter abgestellt, die diese Passagiere an den Flughäfen betreute, Tausende von Hotelbetten reserviert. Für solche Gäste, die kein Visum für die Einreise nach Deutschland hatten, wurden im Transitbereich der Flughäfen Feldbetten aufgestellt.

Ein kleiner Trost für treue Lufthansa-Kunden, die am Vielfliegerprogramm Miles & More teilnehmen: Sie bekommen die Meilen für den ursprünglich gebuchten Flug gut geschrieben, auch wenn sie nicht mit der Lufthansa an ihr Ziel gelangen. Dazu müssen sie sich allerdings aktiv in einem Servicecenter der Lufthansa melden und die Buchungsunterlagen sowie ihre Bordkarte einreichen.