Das Haupttor des Europa-Kommandos der US-Streitkräfte in Stuttgart-Vaihingen bei einer Friedensdemonstration 2014. Foto: Max Kovalenko

Vor einem halben Jahrhundert wies Frankreich der Nato die Tür. Das US-Kommando für Europa zog nach Stuttgart. Die Amerikaner feiern dieses Datum deutsch-amerikanischer Freundschaft nicht. Dabei sind die Probleme von damals wieder hochaktuell.

Stuttgart - Es war eine prächtige Parade in Stuttgart-Vaihingen: Eine Army-Band marschierte auf. Aus drei 105-Milimeter-Haubitzen donnerten Salutschüsse, insgesamt 17-mal. US-General Lyman Lemnitzer, Nato-Oberbefehlshaber und Eucom-Kommandeur schritt mit seinen Befehlshabern die Ehrenformationen der US-Teilstreitkräfte ab. Kleinere Abordnungen von Heer, Luftwaffe, Marine und Marineinfanterie paradierten an der improvisierten Ehrentribüne vorbei. Als die letzten Klänge der deutschen und amerikanischen Nationalhymne verklungen waren, zogen neun Kampfjets vom Typ F-4-Phantom im Tiefflug über die Köpfe Tausender deutscher und amerikanischer Gäste hinweg. So feierten vor 50 Jahren die US-Streitkräfte den Einzug ihres Europa-Hauptquartiers (Eucom) in die ehemalige Kurmärker-Kaserne in großem Stil.

 

Die Verlegung ihres Kommandos aus Camp des Loges bei Paris in die Patch Barracks war eine große Sache: Politisch, weil Frankreichs Präsident Charles de Gaulle im März 1966 entschieden hatte, sein Land aus der Militärintegration der Nato herauszunehmen. Aufgeschreckt durch die Kubakrise im Oktober 1962 glaubte de Gaulle nicht daran, dass die USA in einer ernsten Konfrontation mit der Sowjetunion einen Atomkrieg zur Verteidigung Frankreichs oder Europas riskieren würden. Deshalb forcierte er den Aufbau einer eigenen französischen Atomstreitmacht, der „force de frappe“.

Heute noch 23 000 Amerikaner in der Region Stuttgart

„Logistisch bedeutete dies, dass innerhalb eines Jahres, alle Soldaten von USA und Nato französischen Boden verlassen mussten“, erzählt Dan Fitzpatrick, Historiker beim Europa-Hauptquartier. Die Amerikaner mussten 70 000 Soldaten und ihre Familien aus Frankreich schaffen. Dazu 813 000 Tonnen Ausrüstung. Ein späterer Eucom-Kommandeur nannte die Operation „die größte Verlegung von Mensch und Material, die je vom US-Militär in Friedenszeiten durchgeführt wurde“. So kam das militärische Nato-Hauptquartier nach Mons in Belgien. Und Eucom wanderte mit 740 Soldaten, 100 Zivilangestellten und ihren Angehörigen nach Stuttgart, in die frühere Kaserne des Siebten Panzerregiments der Wehrmacht. Die US-Garnison in der Region Stuttgart damals: 45 000 Soldaten und Zivilisten. Heute sind es 23 000, die 250 Millionen Euro jährlich in die lokale Wirtschaft pumpen.

Auch für Deutschland und Stuttgart war das damals eine Riesensache. Zwar wären die Amerikaner auch mit Eucom am liebsten zur Nato nach Belgien umgezogen, doch die Belgier winkten ab. „Die Deutschen ergriffen so die Chance, zum Musterknaben der transatlantischen Beziehungen zu werden“, sagt der Historiker Thomas Schnabel, Leiter vom Stuttgarter Haus der Geschichte. Zwar gab es im Lauf des Jahres 1967 auch in Stuttgart bereits kleinere Proteste gegen den Vietnamkrieg, doch für die große Mehrheit der Stuttgarter wie der Deutschen insgesamt herrschten im Frühjahr 1967 im Verhältnis zu den Amerikanern noch immer Flitterwochen. „Die Amerikaner galten als die Befreier von Nazideutschland, die die Demokratie brachten, das Wirtschaftswunder ermöglichten und zu Berlin standen“, meint Schnabel mit Blick auf die Krisen mit der Sowjetunion im Kalten Krieg um die geteilte deutsche Hauptstadt.

Umso erstaunlicher ist die Entscheidung der Eucom-Führung, das 50-Jahr-Jubiläum nicht standesgemäß zu feiern. Nur im allerkleinsten Kreis schnitt Eucom-Stabschef Konteradmiral John W. Smith eine Torte an, zum Gedenken an „die Größenordnung der Verlegung“, wie es in einer Pressemitteilung hieß. Die deutsche Öffentlichkeit blieb beim Gedenken an diese Wegmarke der deutsch-amerikanischen Beziehungen außen vor. „Wir entschieden uns dafür, das Jubiläum intern zu feiern“, sagte eine Eucom-Sprecherin. Eine Begründung – Fehlanzeige.