Ulrich Schmidt freut sich im Gewächshaus über seine Tomaten. Gedüngt wurden sie mit den Ausscheidungen von Fischen Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Zwischen Asphalt und Hochhäusern sehnen sich Menschen auch in Stuttgart nach Grün. Während manche im Winter die Harke weglegen, erntet ein städtisches Gartenprojekt auch bei Schnee.

Stuttgart - Ein Gewächshaus für Fische?

Für Ulrich Schmidt vom Verein Grünfisch passt das mittlerweile gut zusammen. Aquaponik heißt das Prinzip, bei dem die Ausscheidungen der Fische die Tomaten- und Paprikapflanzen düngen. Mangold habe sich nicht bewährt, weil kleine Raupen ihn aufgefressen haben. „Die wurden dann zum Futter für die 30 Tilapien“, sagt Schmidt. Als kleine Fingerlinge kamen die Buntbarsche im Frühjahr in die Wassertonne im Gewächshaus. Im September mussten die Gärtner alle mit einer Länge von 20 Zentimetern entnehmen. „Es war bereits zu kalt“, erklärt Ulrich Schmidt. Da wäre eine Photovoltaikanlage auf dem Dach für Warmwasser gut. Ein Punkt auf der Verbesserungsliste des Vereins. Laut Schmidt wollen die Gärtner eine Aquaponik-Anlage entwickeln, „die in Serie gehen kann“. Eine Kooperation zusammen mit der Universität Hohenheim soll zeigen, was noch verbessert werden kann. Zu Gute kommt dem Projekt auch die Beteiligung aus verschiedensten Fachbereichen wie zum Beispiel von Agrarwissenschaftlern, Technikern und Fischexperten. So wird wohl auch der Umzug des selbstgebauten Gewächshauses weiter Richtung Zentrum der Landeshauptstadt funktionieren. Infos unter www.gruenfisch-aquaponik.de

Stöckchen für Stöckchen

Zugewachsen und verwildert war der Hang zwischen Alter Weinsteige, Auf dem Haigst und Römerstraße. Seit 2003 sieht es zwar noch immer etwas wild aus, aber mittlerweile ist die Fläche wieder nutzbar. „Das Stöckchen“, auf Spanisch „El Palito“, nennt sich der Gemeinschaftsgarten in Degerloch auf mehr als 3000 Quadratmetern. „Den Namen haben wir wegen der vielen Stöckchen von den Brombeersträuchern, die hier gewachsen sind, gewählt“, sagt Faysal Bouhouch, der sich oft und gern im Garten aufhält. Auf schmalen verwinkelten Wegen kommt man vorbei an Beeten, einem Bienenhaus und einer kleinen Bühne. „Hier treten ab und zu Musikgruppen auf oder es werden Filme auf der Leinwand gezeigt“, so Bouhouch. Holzpaletten werden zu Sonnenliegen umgebaut, eine Plastikplane wird zum Sonnensegel. Umgeben von Verkehrslärm tut es richtig gut, das Zwitschern der Vögel zu hören. Jeder könne hier jederzeit hinkommen und mithelfen oder einfach die Idylle genießen. Außerdem werden viele Projekte angeboten, die auch für Menschen ohne grünen Daumen eine Abwechslung bieten. Infos unter www.elpalito-stuttgart.tumblr.com

Einheimische und Flüchtlinge

Ein Platz für Begegnungen sollte es werden und ein Platz, um gemeinsam zu gärtnern. „Die Idee gab es schon lange. Es fehlte aber eine geeignete Fläche“, sagt Bernhard Hanel, Geschäftsführer der Kukuk GmbH. Die Firma verdient mit dem Bau von Spiel- und Begegnungsplätzen ihr Geld, der Verein Kukuk-Kultur macht den Bau mit Spenden und freiwilligen Helfern möglich. Im Gespräch mit dem Bezirksvorsteher von Möhringen, Jürgen Lohmann, sei man dann durch Zufall auf die Fläche neben der Flüchtlingsunterkunft gestoßen. Inzwischen stehen auf dem Gelände einige Spielgeräte, ein Holzkohleofen, ein Grillplatz und viele Sitzmöglichkeiten. „Alles aus gespendetem Material und mit freiwilligen Helfern in dreieinhalb Wochen gebaut“, so Vincent Wagner, 2. Vorstand vom Verein Kukuk-Kultur, der nach diesem Konzept schon Plätze auf der ganzen Welt gebaut hat. Außerdem – und das wird im nächsten Jahr realisiert – soll es ein großes Beet zwischen Haus und Platz zum Bepflanzen geben. „Unsere Aufgabe ist es, Anregungen zu schaffen“, erklärt Projektleiter Leander Dreißig. So soll der Garten nicht nur den Flüchtlingen, sondern auch den Einheimischen die Möglichkeit geben, sich zu treffen oder eben zu gärtnern. Infos unter www.vielplatz.de

Blühende Insel in der Stadt

Bepflanzte Geldkassetten, ein Blumentopf in Schwanenform aus einem Autoreifen, ein altes Klavier im Grünen: Das Projekt Inselgrün auf der Kulturinsel in Bad Cannstatt macht eine ehemalige Brachfläche zu einem echten Hingucker. Seit 2012 existiert das Areal, auf dem jeder Mitarbeiten und Ernten darf. „Im Sommer standen hier auch bis zu 26 Bienenstöcke auf dem Gelände“, sagt Lana Bytschkow, Mitarbeiterin in der Kulturinsel. Zusammen mit ihrer Kollegin Corinna Groß kommt sie gern in den Garten und kennt mittlerweile viele Pflanzen. So zum Beispiel auch Ackersalat. „Den bauen wir im Winter hier im Freien an“, erklärt Lana Bytschkow. Damit alles wächst und gedeiht, kümmern sich drei Gärtner regelmäßig um den Garten. Für Peter Gmeiner, einer von ihnen, ist es ein großes Versuchslabor, in dem man viel ausprobieren kann. „In einem Garten gibt es wirklich immer etwas zu tun“, so Gmeiner. Dank einer kleinen Bühne gibt es auch immer wieder Auftritte von Gruppen wie dem Gräsertheater. Lana Bytschkow und Corinna Groß sind sich einig: „Jetzt fehlen nur noch kleine runde Tische und Stühle, damit wir hier im Grünen unseren Kaffee trinken können.“ Infos unter www.inselgruen.org

 

Von Großeltern lernen

Stuttgart grüner zu machen ist die Idee von Greening Stuttgart, einer Hochschulgruppe an der Universität Stuttgart am Campus Vaihingen. Angefangen hat diese Vision laut Lenz Goergen-Heitkamp im Jahr 2013 mit Vorträgen zum Thema Ernährung und Nachhaltigkeit. So entstand auch die Idee, selbst Früchte anzubauen. „Dafür haben wir einen Workshop zum Hochbeetbau aus alten Holzpaletten veranstaltet“, sagt Lenz Goergen-Heitkamp. Allerdings wie geplant diese Beete zur Verschönerung überall auf dem Campus aufzustellen, war aus bürokratischen Gründen wie Brandschutz nicht möglich. Den engagierten Studenten wurde eine Fläche hinter dem SimTech-Gebäude zur Verfügung gestellt. Der Mitmach-Garten war entstanden. „In den Beeten und einem Gewächshaus haben wir neben regional üblichem Gemüse wie Gurken und Tomaten auch Physalis angebaut“, so Goergen-Heitkamp. Der zweite Flächenteil wurde als Wiese belassen, um den Studenten einen Rückzugsort im Grünen zu bieten. Neben dem Anbau zeigt die Hochschulgruppe ab und an Filme zu Nachhaltigkeit auf einer Leinwand und plant auch nach dem Winter eine große Bandbreite an Früchten anzubauen – und zwar ohne genmanipuliertes Saatgut von Großkonzernen. „Vor allem Großeltern oder Gartenbauvereine sind für uns wichtige Saatgut- und Wissensquellen“, erklärt Goergen-Heitkamp. Infos unter www.greening-stuttgart.de