Voraussetzung für Sandstürme sind ein starker Wind und Bodenmaterial, das sich leicht aufwirbeln lässt - wie zum Beispiel Sand- und/oder Staubkörner. Foto: Imago/Zoonar/Melinda Nagy

Sandstürme sind aus europäischer Perspektive weit weg. Das Phänomen hat aber globale Auswirkungen. Laut einer neuen UN-Studie kann das Problem durch Menschen verstärkt, aber auch bekämpft werden. Und: Was sind Sandstürme und wie entstehen sie?

UN-Experten haben vor den Gefahren durch Sand- und Staubstürme gewarnt. Diese seien ein unterschätztes Problem, das in Teilen der Welt mittlerweile dramatisch häufiger auftrete, teilte die UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung (United Nations Convention to Combat Desertification, UNCCD) mit Sitz in Bonn am Mittwoch (15. November) bei ihrer Konferenz im usbekischen Samarkand mit. Ein gewichtiger Teil des Problems sei auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, es brauche globale und regionale politische Antworten.

Inwieweit verstärkt die Menschheit das Entstehen von Sandstürmen?

Sandsturm in in der chinesischen Provinz Gansu im März 2023. Foto: Imago/VCG

Die Auswirkungen des Phänomens gehen laut UNCCD weit über die Ursprungsregionen hinaus: Weltweit gelangten Schätzungen zufolge jährlich zwei Milliarden Tonnen Sand und Staub in die Atmosphäre. Eine Hauptquelle liegt mit dem Aralsee in Zentralasien: Mehr als 100 Millionen Tonnen Staub und giftige Salze würden dort pro Jahr aufgewirbelt. Die UNCCD tagt noch bis Freitag im usbekischen Samarkand.

Dass das Phänomen in Teilen der Welt als Katastrophenrisiko unterschätzt wird, liegt laut UNCCD-Experten wahrscheinlich daran, dass es in vielen Fällen nicht zu unmittelbaren Todesfällen kommt. Die langfristigen gesundheitlichen, aber auch wirtschaftlichen und weiteren Auswirkungen seien wiederum nur begrenzt dokumentiert. Das Problem wird laut UNCCD-Experten durch falsche Land- und Wassernutzung, Dürren und Klimawandel verschärft.

„Doch so wie Sand- und Staubstürme durch menschliche Aktivitäten verstärkt werden, können sie durch menschliches Handeln auch reduziert werden“, erklärt UNCCD-Exekutivsekretär Ibrahim Thiaw. Konkret soll sinnvolle Nutzung von Boden und Wasser für mehr Vegetation sorgen und Böden schützen. Außerdem brauche es ein Monitoring- und Frühwarnsystem.

Was ist ein Sandsturm?

Sandsturm in der chinesischen Millionenmetropole Harbin im April 2023. Foto: Imago/VCG

Durch starke und turbulente Winde werden Sand- und Staubpartikel kräftig in große Höhen getragen. Dabei kann die Vorderseite eines Staub- oder Sandsturms wie eine gewaltige Mauer aus Sand und/oder Staub aussehen.

„Sandstürme gibt es fast nur in der Wüste, für Deutschland würden wir eher von einem Staubsturm oder von Staubaufwirbelungen sprechen“, erklärt der Meteorologe Karsten Brandt.

Wie entsteht ein Sandsturm?

Wie ein Sandsturm entsteht ist eigentlich immer gleich: Voraussetzung sind ein starker Wind und Bodenmaterial, das sich leicht aufwirbeln lässt - wie zum Beispiel Sand- und/oder Staubkörner.

Je nachdem, wie stark der Wind ist und wie lange er weht, können sich solche Aufwirbelungen zu einer regional begrenzten Sandhose oder einem ausgewachsenen Sandsturm auswachsen. Das Wetterphänomen kann bereits nach wenigen Minuten vorbei sein oder mehrere Stunden andauern.

Wo treten Sandstürme auf?

Sandsturm in Namibia im Dezember 2022. Foto: Imago/Panthermedia

Sandstürme treten überall dort auf, wo es große Flächen mit trockenem Oberboden und nur wenige bis gar keine Vegetation als Windbremsen gibt - also wie vor allem in Wüsten.

Hinzu kommt: In Folge der menschengemachten Erderwärmung werden die Trocken- und Dürrephasen immer länger und kommen häufiger vor als noch vor einigen Jahrzehnten. Dadurch steigt die Temperatur wodurch mehr Wasser verdunstet und in die Atmosphäre gelangt.

Woraus bestehen Sandstürme?

Wie der Name schon sagt, bestehen Sandstürme aus Sandpartikeln, die in trockenen Regionen an der Oberfläche liegen bleiben und nicht in tieferen Bodenschichten gebunden sind. Wenn die Geschwindigkeit und Intensität des Windes zunimmt, werden diese Partikel in die Luft emporgewirbelt. So können sie sehr lange Strecken zurücklegen.

Typischerweise gibt es die meisten Sandstürme in Gegenden, in denen es kaum Vegetation gibt - wie in den endlosen Ebenen Nordamerika, Chinas und in der Sahara. Jede Art von Vegetation – Bäume, Sträucher, Gräser, Kakteen - binden die oberen Bodenschichten und verhindern, dass Partikel emporgehoben werden.

Welche meteorologischen Bedingungen müssen herrschen?

Damit ein Sandsturm überhaupt entstehen kann, bedarf es eines sogenannten thermischen Kontrastes zwischen dem Boden und der mittleren bzw. oberen Schicht der Atmosphäre. In einer solchen Konstellation ist die Erdoberfläche wärmer als die Atmosphäre, so dass die Luftmassen zusammen mit dem Staub die Troposphäre erreichen können.

Zur Info: Die Troposphäre ist die unterste Schicht der Atmosphäre und reicht bis etwa 17 Kilometer Höhe in den Tropen und bis sieben Kilometer Höhe an den beiden Polen.

Dort angekommen, kollidieren die mit Sandpartikeln getränkten Luftmassen mit kälteren Luftschichten und steigen noch höher in die Atmosphäre. Die kalten Luftschichten verdrängen die wärmere Luft, wodurch der Druck steigt und sich die Windgeschwindigkeit erhöht. So entstehen Turbulenzen von bis zu 160 Stundenkilometern, die dann über das Land hinwegfegen.

Wo treten Sandstürme auf?

Sandstürme treten vor allem in Wüsten und in deren Randregionen auf, wo der Boden besonders locker und staubtrocken ist. Aber auch in Gebieten, die intensiv landwirtschaftlich genutzt werden, können größere Sandstürme entstehen.

Ein berühmt-berüchtigtes Beispiel hierfür ist der Mittlere Westen der USA. Die Weizenanbauregion litt in den 1930er-Jahren unter einer extremen Dürre und wurde von zahllosen Sandstürmen heimgesucht. „Dust Bowl“ (auf Deutsch: Staubschüssel) wurden in der Zeit der Weltwirtschaftskrise in den USA und Kanada Teile der Großen Ebenen genannt, die besonders in den Jahren 1935 bis 1938 von apokalyptischen Staubstürmen betroffen waren.

Wie groß werden Sandstürme?

Sandstürme sind nichts Ungewöhnliches für Wüstenregionen. Mitunter kann ein solcher Wind, der Unmengen an Sand und Staub mit sich führt, gewaltige geografische Ausmaße annehmen. So waren Mitte April in China hunderte Millionen von Menschen von einem Mega-Sandsturm betroffen. Er fegte über die chinesische Hauptstadt Peking und andere Regionen Nordchinas hinweg.

Mehr als 400 Millionen Einwohner im Reich der Mitte seien betroffen gewesen, berichtete das chinesische Waldministerium. Der Index für die Luftverschmutzung in Peking stieg weit über die Skala-Obergrenze auf 1300, während Werte von 150 schon als „ungesund“ gelten. Die Sichtweite fiel auf wenige Dutzend Meter.

Wie wirken sich Staubstürme auf die Gesundheit aus?

Das kommt vor allem auf die Windstärke an. Auf der arabischen Halbinsel etwa, wo heftige Sandstürme sehr häufig sind, kündigt sich das Naturphänomen durch stark steigende Temperaturen und große Trockenheit an.

Bei schwächeren Stürmen kann man noch ins Freie gehen. Der Staub ist so fein wie Mehl oder Backpulver und legt sich auf Kleidung, Haare und Schleimhäute. Der Mund wird trocken und man bekommt ein stumpfes, knirschendes Gefühl im Mund.

Eine ganz andere Kategorie sind schwere Sandstürme. Sie brechen urplötzlich wie der nahende Weltuntergang mit einer oft mehreren Kilometer breiten und hohen, rot-braun wirbelnden Wolkenfront herein, die fast alles Licht schluckt. Das Atmen ist dann kaum noch möglich. Die Menschen versuchen, sich in geschlossene Räume zu retten, Nicht nur, weil der Sand wie grobkörniges Schmirgelpapier alle Oberflächen – auch die Haut – angreift, sondern auch, weil herumfliegende Gegenstände zur tödlichen Gefahr werden.