In Oberaichen Foto: Natalie Kanter

In Oberaichen werden Wohncontainer für50 Flüchtlinge aufgestellt. Andere Standorte fallen nach Angaben der Stadtverwaltung L.-E. aktuell durchs Raster.

Leinfelden-Echterdingen - Der Landkreis Esslingen steht bei der Unterbringung von Asylbewerbern unter Druck. Vertreter der Kreisverwaltung schilderten am Mittwochabend die Lage auch eindrücklich bei der offiziellen Anhörung von Anrainern eines Grundstücks in Oberaichen, das die Stadt L.-E. als Standort für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft angeboten hat. Der für Soziales in der Großen Kreisstadt zuständige Bürgermeister Alexander Ludwig betonte in der Runde, zu der neben Anwohnern auch Stadträte, Kirchen und die Bürgergemeinschaft Oberaichen eingeladen waren, Leinfelden-Echterdingen sei sich seiner Verpflichtung bewusst, dem Kreis bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu helfen. „Wir wollen Menschen in Not gute Voraussetzungen geben, hier auch sozial integriert zu sein“, sagte Ludwig.

Bei der Wahl des Standorts kam es nach Darstellung der Landkreisvertreter und der Stadt vor allem auf eine schnelle Verfügbarkeit an. Diese ist an der Steinbeisstraße in Oberaichen offenbar gleich in mehrfacher Hinsicht gegeben. Dort stehen bereits zwei Gebäudekomplexe, in denen Menschen aus mehr als einem Dutzend Nationen eine Bleibe auf Zeit gefunden haben. Außerdem erlaubt das Baurecht dort noch zwei weitere Gebäude. Die Erschließung ist nach Schilderung der Stadt sichergestellt, auch die Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln sei gegeben.

Zwei Grundstücke fallen aus

Der Leiter des städtischen Planungsamts, Tim Oliver Koemstedt, erläuterte das Vorgehen bei der Auswahl. Zwei weitere Grundstücke, die in der Vergangenheit schon zur Unterbringung von Asylbewerbern genutzt worden waren, seien durch das Raster gefallen. Dabei handelt es sich auch um das Renault-Areal an der Leinfelder Straße in Echterdingen. „Dort ist die Stadt inzwischen vertraglich gebunden“, sagte Koemstedt. Das Gelände werde zurzeit für eine anderthalbjährige Nutzung als Verkaufsstandort für den toom-Markt in Echterdingen hergerichtet. Das bisherige Geschäft wird wie berichtet nach dem Jahreswechsel abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt.

Als ebenfalls ungeeignet bezeichnete Koemstedt ein städtisches Areal an der Ecke Benzstraße/Maybachstraße in Leinfelden, auf dem in den 90er Jahren ebenfalls Asylbewerber untergebracht waren. Dort ist inzwischen jedoch ein Verwaltungsneubau für die Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen geplant. Dafür sei der Bebauungsplan bereits geändert worden, und zwar so, dass eine Zwischennutzung für Flüchtlinge ausgeschlossen sei, sagte Koemstedt. Dies erneut zu ändern, „dauert rund anderthalb Jahre“, sagte der Amtsleiter auf Nachfrage.

Baugenehmigung seit 20 Jahren

Übrig geblieben sei schließlich das seit 1993 für diese Zwecke vorgesehene Areal an der Steinbeisstraße. Vor 20 Jahren habe es bereits eine Baugenehmigung für vier Wohnanlagen für bis zu 212 Personen gegeben. Realisiert wurden bisher nur zwei Gebäude. Diese sind, wie der Leiter des städtischen Amts für soziale Dienste, Peter Löwy, sagte, zurzeit mit 52 Personen belegt. Die Stadt selbst hält Ludwig zufolge an den Planungen für den erlaubten vierten Baukörper fest. Dieser solle in Modulbauweise erstellt werden und 30 Personen Platz bieten. Einen Termin dafür ließ er offen, es gebe keinen akuten Druck zum Bauen.

Bürgermeister Ludwig sagte weiter, dass das Grundstück dem Landkreis für zunächst fünf Jahre überlassen werden soll – „mit der Option für eine kürzere Verlängerung“. Die Konditionen für die Stadt sind noch nicht abschließend verhandelt. Der Kreis werde wegen der Eile, die bei der Unterbringung von Flüchtlingen geboten sei, auf Wohncontainer zurückgreifen, kündigte der zuständige Dezernent Thomas Eberhard an. „Die Kreisverwaltung wird nun umgehend ein Baugesuch bei der Stadt einreichen“, sagte er.

Kirchen signalisieren Hilfsbereitschaft

Die Betreuung der Asylbewerber übernimmt die Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Auftrag des Landkreises. Der Standort Oberaichen soll voraussichtlich von Filderstadt aus mitbetreut werden. Dort sei die Einrichtung eines Büros geplant, sagte die Sozialamtsleiterin Brigitte Walz. Sie ermunterte die Kirchen ausdrücklich dazu, sich ähnlich wie in den 80er und 90er Jahren in der Flüchtlingsbetreuung zu engagieren. Eine Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) signalisierte grundsätzliche Bereitschaft – „sofern wir angerufen werden“.