Niemand kann garantieren, dass Vertreibungsfantasien nicht in Gewalt umschlagen. Deshalb rücken wir die Angegriffenen ins Bild. Foto: Lichtgut/Ewska, Piechowski, Xanke, privat (2), Granville, Lachenmann; Collage: Kruljac

Die AfD und ihre Gesinnungsgenossen versuchen, die Gesellschaft zu spalten. Es gibt keinen Grund, das tatenlos hinzunehmen. Erst recht nicht für seriöse Medien, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger zu unserer Reihe „Zuhause ist hier“.

Ja, die Gesellschaft in Deutschland ist bunt geworden. Ob das zu schnell ging, in Teilen zu weit – völlig in Ordnung, dass es dazu gegensätzliche Ansichten gibt. Schattenseiten der Veränderung sind objektiv vorhanden – von Parallelgesellschaften bis zu neuen Ausprägungen von schändlichem Antisemitismus. Und selbstverständlich muss kritisiert werden, wenn Medien dazu schweigen, wenn Politik Auswüchse duldet.

Organisierte Verantwortungslosigkeit

Wie die AfD und ihre Gesinnungsgenossen mit gesellschaftlichen Veränderungen umgehen, hat wenig mit Kritik zu tun. Sehr viel hingegen mit organisierter Verantwortungslosigkeit. Schließlich nutzen sie diese Veränderungen, um mit stetem Raunen Keile in die Gesellschaft zu treiben. Um ein absichtlich unscharf gehaltenes „Die“ abzugrenzen von einem völkisch-nationalistisch aufgeladenen „Wir“.

Wohin das führt, zeigt sich in allen stark polarisierten Gesellschaften. In welches Verderben es führen kann, war in Bosnien oder im Libanon zu besichtigen. Los geht es immer mit kollektiver Herabwürdigung. Danach kann niemand garantieren, dass Diskriminierung und Vertreibungsfantasien nicht in Gewalt umschlagen. Deshalb ist es richtig, wenn Medien die Angegriffenen ins Bild rücken. Ist es wichtig, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Zusammenhalt ein weiteres Mal zu seinem Topthema macht. Und prima, dass die Umtriebe der AfD auf so wuchtigen Widerspruch stoßen.

Aktuelle Debatte

Potsdamer Treffen
Das Recherche-Netzwerk Correctiv hat über ein Treffen berichtet, das im November in Potsdam stattfand. Daran nahmen neben dem prominenten Rechtsextremisten Martin Sellner auch Vertreter der AfD und der CDU teil. Sellner stellte ein „Remigrations“- Konzept vor. Es sieht vor, bestimmte Menschen aus Deutschland zu vertreiben – auch welche mit deutscher Staatsangehörigkeit.

„Remigration“
Die AfD verwendet den Begriff „Remigration“ schon länger. Nach der Debatte über die Recherche teilte die Partei mit, dass es dabei nach ihrem Verständnis weder um deutsche Staatsangehörige noch um Vertreibungen ginge.